Tages-Anzeiger vom 11.06.2005
Rekurse gegen Hardturm
Erneut müssen sich wohl Gerichte mit dem geplanten Fussballstadion in Zürich-West befassen. Gegen die Baubewilligung sollen laut TA-Recherchen zwei Einsprachen eingereicht werden.
Von Marc Zollinger
David gegen Goliath, zweite Runde: Im letzten Jahr waren es Anwohnende, der VCS, die Greina-Stiftung, die Kirchgemeinde Kreis 5 und andere Gruppierungen, die einen Rekurs gegen das 350 Millionen Franken schwere Bauprojekt der Credit Suisse einreichten. Gegenstand der Klage war damals die baurechtliche Grundlage, der Gestaltungsplan. Jetzt geht es um das konkrete Bauprojekt, das heisst um die Baubewilligung, welche die Stadt Zürich Ende Mai der CS erteilt hat. Am 20. Juni läuft die Frist für Einsprachen ab. Rekursberechtigt sind diesmal nur Nachbarn, keine Verbände. Erste Instanz ist der Zürcher Regierungsrat. Zieht eine Partei weiter, gehts ans Verwaltungs-, zuletzt ans Bundesgericht. Gemäss Recherchen des TA sind mindestens zwei Rekurse bereits verfasst worden. Sie werden voraussichtlich in den kommenden Tagen eingereicht.
Eine Rechtsschrift stammt von Bewohnern der Wohnsiedlung Bernoulli, die andere von der IG Hardturmquartier. Die Interessengemeinschaft muss allerdings das Vorhaben, das der IG-Ausschuss befürwortet, noch bei den Mitgliedern basisdemokratisch absegnen lassen. Noch nicht entschieden haben sich die Betreiber des Engros-Marktes. Der Verwaltungsrat wird nächste Woche dazu tagen.
Zentrales Thema: Der Schattenwurf
Welche Punkte die Anwohnenden gegen das Projekt anführen, darüber wollen sie erst in der nächsten Woche informieren. Klar ist: Es müssen andere sein als jene, die das Bundesgericht im vergangenen Dezember beurteilt hatte. Es wird daher nicht mehr generell um den Verkehr gehen, den das Shoppingzentrum verursacht. Möglicherweise aber um das Betriebsreglement des Parkhauses. Das wichtigste Thema der zweiten Streitrunde dürfte der so genannte Schattenwurf werden, der zwar bereits Gegenstand von Rekursen gegen den Gestaltungsplan war, aber nur die erste Instanz beschäftigte. Der Zürcher Baujurist Robert Wolfer hatte im Sommer 2004 mit dem Thema Schlagzeilen gemacht. Vom Schatten des Stadions ist vor allem die Bernoulli-Siedlung betroffen. Deren Bewohner verpflichteten nun eben jenen «Schattenanwalt» als ihren Rechtsvertreter.
Die «Gmüesler» vom Engros-Markt stören sich weniger an den Dimensionen des Fünfecks als vielmehr an den Passerellen, die vom Stadion über die Pfingstweidstrasse auf das Marktgelände führen und dort Platz rauben, insbesondere den dort herumkurvenden Lastwagen. Die Betreiber des Marktes verhandeln schon längere Zeit mit der Stadt Zürich und der Credit Suisse, auch wegen des Strassenbauprojekts auf der Pfingstweidstrasse, das den Betrieb noch empfindlicher treffen würde als das Stadion. Eine Einigung ist noch nicht erzielt worden. Im Mitteilungsblatt «Engros-News» steht: «In diesem Planungssalat bleibt uns nichts anderes übrig, als dort, wo die Pläne wenigstens durch eine Ausschreibung greifbar werden, sofort unsere Einsprache zu deponieren.»
FCZ und GC im Hardturm?
Die Juristen der Stadt Zürich und jene der Credit Suisse werden die Rechtsschriften genau prüfen. Ist die Kritik substanziell?, lautet die zentrale Frage. Das heisst: Haben die Argumente gegen das Bauprojekt das Potenzial, um mindestens zwei Gerichtsinstanzen zu beschäftigen? Das ist auch deshalb bedeutungsvoll, weil die Grasshoppers den Hardturm verlassen und in den Letzigrund ziehen wollen. «Solange der Hardturm steht, muss GC auch dort spielen», sagt Urs Spinner, Sprecher des Hochbaudepartements. Und so ist es durchaus möglich, dass im Sommer 2006, wenn der FCZ den Letzigrund verlassen muss, beide Klubs in einem Stadion spielen werden. Und zwar im Hardturm.
Quelle:
http://www.tagi.ch/dyn/news/zuerich/507928.html