Beitragvon bostero » 26.09.04 @ 14:54
Hier mal der erste Artikel aus der Sonntagszeitung - den anderen such ich noch...
© SonntagsZeitung; 26.09.2004
Die Sorgen und Nöte des FCZ
Keine Siege der Mannschaft, dafür 47 Betreibungen gegen den Klub
VON THOMAS SCHIFFERLE
ZÜRICH «Krisensitzung?», sagt Sven Hotz und lacht. Der Begriff kümmert den Präsidenten des FC Zürich nicht mehr, «wir haben schon viele solcher Wundersitzungen erlebt». Die jüngste Auflage gab es am Donnerstagmorgen in seinem Büro tief im Kreis 4, wo Hotz mit vier Verwaltungsräten die Lage nach dem 1:2 in Schaffhausen am Abend zuvor besprach.
«Es war eine gute Sitzung», berichtet er, ganz der unerschütterliche Optimist, der auch nach gut 18 Jahren als Präsident in ihm steckt. Er glaubt an die Wende zum Guten, obwohl die Mannschaft zuletzt 1:17 Punkte bilanzierte. Am Donnerstag setzten sich auch die Spieler zusammen, drei Stunden lang in einer Pizzeria und ohne Trainer Lucien Favre. Diese Sitzung soll ebenfalls wertvoll gewesen sein.
Die sportlichen Nöte sind jedoch nicht das Einzige, womit Hotz konfrontiert worden ist. In diesen Tagen ist ein Papier aufgetaucht, auf dem insgesamt 47 Zahlungsforderungen gegen den FCZ aufgelistet sind. Alles in allem geht es dabei um einen Betrag in der Höhe von 2 bis 2,5 Millionen Franken gegen den FCZ. «Wir haben noch immer bezahlt, was wir bezahlen mussten», sagt Hotz. Und betont, was ihm ein dringendes Anliegen ist: «Wir haben keine Schulden.»
Der Agent will 200 000 Franken, ein früherer Spieler eine Million
Aufgeführt sind zum Beispiel die Forderung des früheren Sportchefs Erich Vogel, dann eine des Spielervermittlers Giacomo Petralito, die sich ebenfalls in der Grössenordnung von 200 000 Franken bewegt. «Petralito will Geld, das wir König längst bezahlt haben», erklärt Hotz. Er hat es sich abgewöhnt, sich über Methoden gewisser Spielervermittler. Miroslav König war einst Torhüter auf dem Letzigrund und Mandant Petralitos.
Der grösste Betrag, den der FCZ bezahlen soll, ist die eine Million Franken von Lucky Isibor. Der war noch zu Zeiten von Georges Bregy als Stürmer auf dem Letzigrund gelandet. Isibor spielte nie, und irgendwann sah sich der FCZ gezwungen, den Zweijahresvertrag mit dem Mann aus Schwarzafrika zu lösen. «Aus gesundheitlichen Gründen», wie Hotz heute sagt. Ins Detail mag er dabei nicht gehen, er weist einzig darauf hin, dass der Klub gemäss vertraglicher Regelungen berechtigt gewesen sei, diesen Spieler nicht weiter zu bezahlen.
Zu allen Fällen hat Hotz seine Erklärungen. Und er hat seinen Verein stets im Recht gesehen. Aber warum gleich47 Fälle? «Das sind Fälle aus meiner gesamten Amtszeit», erklärt Hotz, «und das sind alles Forderungen, die wir bestritten haben.» Grundsätzlich stellt er sich die Frage, wie diese Liste nun an die Öffentlichkeit gekommen ist und wer ein Interesse daran gehabt hat. «Aber nochmals», sagt er, «ich bin nicht beunruhigt. Unser Jurist kümmert sich darum. Wer uns widerrechtlich beschuldigt, muss mit einer Klage rechnen.»
Das Lamentieren von Favre und ein Sieg als bestes Heilmittel
Heute Sonntag macht Hotz wieder das, was er normalerweise am liebsten tut. Er fährt in den Letzigrund, um seine Mannschaft spielen zu sehen. Und er weiss, dass bei all den negativen Nachrichten der letzten Tage und Wochen ein Sieg das beste Heilmittel wäre. Zumal gegen GC, im 198. Stadtderby.
Hotz hat darauf verzichtet, schon gestern ins Stadion zu eilen und der Mannschaft den Ernst der Lage zu erklären. Es war ihm kein Bedürfnis, weil er den negativen Effekt fürchtete. «Die Spieler hätten sich sonst nur noch mehr unter Druck gefühlt», erklärt er. Dabei glaubt der Präsident an die Wende zum Besseren, weil er vom Potenzial der Spieler überzeugt ist und weil er Lucien Favre für den «richtigen Trainer» hält.
Eine andere Wertung über den Trainer hätte auch erstaunt. Hotz war es, der Favre erst vor gut zwei Wochen den Vertrag vorzeitig um ein Jahr bis 2006 verlängerte. Favre hatte lamentiert, dass Sportchef Bickel und Assistenztrainer Gämperle bereits mit neuen Verträgen ausgestattet worden seien, aber er nicht. Dass er das mit Erfolg tat, soll ihn nicht in Sicherheit wiegen. Das Zukunftsversprechen gibt ihm nicht das Recht, weiter Spiel um Spiel verlieren zu dürfen. Hotz hat noch immer gehandelt, wenn er sich dazu gezwungen sah.