Wie sicher ist der Bahnhof Wankdorf?
Nach dem schweren Unfall eines FCB-Fans rückt die Sicherheit in den Fokus. Fans kritisieren seit Jahren den Bahnsteig im Wankdorf – doch die SBB sehen kein Sicherheitsrisiko.
Cyrill Pürro
Publiziert heute um 06:01 Uhr
Schnellzug passiert den Bahnhof Wankdorf in Bern, aufgenommen am 04.06.2025. Menschen und Bahnanzeigen sind sichtbar.
Der Unfall ereignete sich am Perron 7.
Foto: Raphael Moser
In Kürze:
Die Staatsanwaltschaft untersucht gemeinsam mit der Sicherheitsuntersuchungsstelle den Gleisunfall nach dem Cupfinal.
Die SBB lassen Züge bei Grossanlässen mit reduzierter Geschwindigkeit durch den Bahnhof fahren.
Pro Bahn Schweiz stuft die Perronanlagen im Wankdorf als ausreichend sicher ein.
Der tragische Unfall nach dem Cupfinal zwischen dem FC Basel und dem FC Biel letzten Sonntag beschäftigte weit über die Fussballszene hinaus.
Ein Fan aus Basel wurde auf der Rückkehr im Bahnhof Wankdorf vom Zug erfasst. Was genau auf dem Perron 7 passierte und wie es zum Sturz auf das Gleis kam, ist nach wie vor unklar. Die Ermittlungen laufen. In diese ist neben der Staatsanwaltschaft auch die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle involviert. Die Verantwortlichen des FC Basel teilten vor kurzem mit, dass sich der Verunfallte in einem stabilen Zustand befinde. Er verlor jedoch ein Bein.
Der Bahnhof Wankdorf ist gerade bei Grossanlässen hoch frequentiert. Wie werden Besucherströme also von den Verantwortlichen gemanagt?
Wankdorf schon länger Diskussionspunkt
Beim Bahnhof Wankdorf rattern regelmässig Schnell- sowie Güterzüge vorbei. Auf dem Perron kann es vor und nach Grossanlässen wie Konzerten oder eben Fussballspielen im Stadion eng werden. Ob es deswegen zum Unfall kam, ist Gegenstand der Untersuchungen. Anhänger des FCB kritisieren jedoch die Zustände im Bahnhof Wankdorf schon länger.
Bahnhof Wankdorf in Bern mit einer vorbeirauschenden roten Lokomotive und einer Bahnhofsuhr, die 10:39 Uhr anzeigt.
Bei Grossanlässen fahren Züge langsamer durch den Bahnhof.
Foto: Raphael Moser
So wurden die Perrons beispielsweise vor einigen Jahren in einem Fanforum diskutiert. «Die Haltestelle ist auch gefährlich, wenn das Perron voll mit ‹vernünftigen› Personen ist. Eine kleine Unachtsamkeit, und es kann eine bedrohliche Situation entstehen», schreibt ein User. Eine andere Person pflichtet bei: «Das Perron ist eindeutig zu eng für so viele Fans.»
Ein weiterer User kritisiert, dass Züge in zu hohem Tempo durch den Bahnhof fahren würden.
Wie grosse Menschenmengen am Bahnhof gelenkt werden
Während Grossanlässen würden heute Züge in deutlich reduzierterer Geschwindigkeit durch den Bahnhof fahren, sagt Fabienne Thommen, SBB-Mediensprecherin. Das Perron 7, auf dem sich der Unfall ereignete, grenzt direkt an den Rosalia-Wenger-Platz. «Die Fans warteten bei Gleis 7 und auf dem Platz auf den Fan-Zug. Die Kapazität des Perrons war ausreichend», sagt sie. Thommen erläutert weiter, wie die Sicherheit an Bahnhöfen bei Grossanlässen gewährleistet wird.
Für die Sicherheit auf dem Bahngelände sind die SBB selbst verantwortlich. Die Transportpolizei koordiniert gemeinsam mit der Kantonspolizei die Sicherheitsmassnahmen in und um die Fan-Züge, wie Thommen erklärt. Solche Fan-Züge dienen dazu, Fans vom regulären Bahnverkehr zu trennen. Am besagten Tag waren insgesamt sechs dieser Sonderzüge im Einsatz.
Auch die Kundenlenkung am Bahnhof Wankdorf sei bei Grossanlässen klar geregelt und in Abstimmung mit der Kantonspolizei organisiert – inklusive der Wegeführung zwischen Bahnhof und Stadion. So werde beispielsweise im Voraus festgelegt, welche Fangruppen welche Route nehmen. Die Transportpolizei der SBB begleitet die Fans vom Bahnhof bis zu den Zügen. Zusätzlich sorgen Kundenlenker dafür, dass sich nicht zu viele Personen gleichzeitig auf den Perrons aufhalten. «Wenn nötig, werden Reisende von den Perrons zurückgehalten», so Thommen.
Die SBB sind aber nicht allein für die Sicherheit der Fans zuständig. Innerhalb des Stadions ist es der Schweizerische Fussballverband, der die Verantwortung trägt. Ausserhalb von Stadion und Bahnhof die Kantonspolizei Bern.
Wankdorf grössere Perrons als bei Hardbrücke
Ein Schweizer Medium titelte nach dem Ereignis gar mit den Worten «Der Bahnhof Wankdorf ist gefährlich». Doch Pro Bahn Schweiz nimmt der Sache ein wenig Wind aus den Segeln. «Wir stufen den Bahnhof im Wankdorf nicht als besonders gefährlich ein», sagt Vorstandsmitglied Sandro Hartmeier. Im Gegenteil, die Perrons seien gross genug. Anders als beispielsweise im Bahnhof Hardbrücke in Zürich, wie Hartmeier sagt.
Hartmeier sieht das Problem an einer ganz anderen Stelle: «Heutzutage missachten viele Leute die Sicherheitslinie.» Er will nicht pauschalisieren und betont, dass nach wie vor unklar ist, weshalb es im Wankdorf zum Unfall kam.
Hartmeier findet, dass die Kundenlenkung der SBB funktioniere. Nur selten erhalte er negative Rückmeldungen von aussen. Eine Lösung für übervolle Perrons zu finden, sei nicht leicht. Einen Lösungsvorschlag hat er trotzdem parat: «Vielleicht könnte man den Perronzugang auf eine bestimmte Anzahl Menschen limitieren.» Ob dies dem Bedürfnis der Reisenden am Bahnhof entsprechen würde, stellt er allerdings infrage.