FCZ-Star Daniel Gygax wurde in die Nati berufen
Der Gygi-Express ist angerollt
Er ist schnell, talentiert - und jetzt rollt er das Feld von hinten auf: Mit einem sensationellen Rückrundenstart hat sich FCZ-Rakete Daniel Gygax, 22, kurz vor der EM-Endrunde ein Aufgebot für Köbi Kuhns Nati erkämpft. Das Erfolgsgeheimnis des Zürcher Publikumslieblings heisst Jasmin.
Von David Becker mit Fotos Bruno Voser
Es ist einfach passiert. Daniel Gygax sitzt in der Stube seiner schlichten Block-Wohnung in Zürch Altstetten und schüttelt den Kopf. «Dieses Jahr hat es bei mir einfach «Klick» gemacht», sagt er. Erklären kann er es nicht. Es ist einfach passiert.
Über ein halbes Dutzend Tore hat der FCZ-Stürmer im Jahr 2004 bisher geschossen! Der FC Zürich ist das Team der Stunde - mit Gygax an der Spitze. Drei Tore im Derby gegen Erzfeind GC. Dann hat der pfeilschnelle Zürcher mit einem gezielten Torschuss den FC Basel um seine Siegesserie gebracht. Und «Gygi», wie ihn die Fans rufen, trifft weiter. Der U21-Nationalspieler ist momentan so stark, dass ihn Natitrainer Köbi Kuhn vergangene Woche auf direktem Weg in die A-Nationalmannschaft berief. Die Umstände sind speziell: In zwei Monaten startet die EM in Portugal. Der Gygi-Express ist angerollt!
Schnell und unberechenbar sei er, sagt sein Trainer Lucien Favre. Daheim, bei Gygi in Altstetten, wird allerdings bald klar: Seine Stärken auf dem Feld - seine Unberechenbarkeit, seine Ausdauer, seine Ballbehandlung - sind zwar wichtig, nicht aber matchentscheidend. Dani weiss: Wenn der Ball ruht, zählen andere Dinge. Lebensfreude zum Beispiel. Das grazile Tänzeln der beiden Chihuahua-Hunde Dusty und Lucy. Die Musik, sein Hobby, bei dem er den permanenten Leistungsdruck stundenweise auf die lange Bank schieben kann. Oder - ganz wichtig - die Liebe. Im Fall von Gygi handelt es sich um die ewige Liebe. So steht es jedenfalls im Familienbüchlein: Am 3. Januar 2003 heiratete Dani, damals 21, seine Jasmin, 20.
«Wir passen einfach zueinander», sagt er. «Also haben wirs getan.» Wenns stimmt, wirds gemacht. Typisch Dani Gygax. Wer nichts wagt, gewinnt nichts: Die KV-Lehre bricht er mit 17 Jahren ab, um voll auf den Fussball zu setzen. Doch mit seinem Wechsel vom FC Baden zum FC Zürich kommen Durststrecken. Ein Moment, in dem viele Talente die Kickschuhe an den Nagel hängen.
Dani kämpft, schafft den Sprung in die Super League - und lernt Jasmin kennen. «Ich habe eine tolle Frau im Rücken. Sie ist da, wenn ich nach Hause komme. Egal, ob es gut oder schlecht lief. Das gibt mir Kraft.» Das junge Ehepaar lebt zurückgezogen, scheut grosse Auftritte. Wenn überhaupt, dann stürzen sie sich inkognito ins Nachtleben. Meist getrennt. «Ich kann mit ihren Hip-Hop-Partys nichts anfangen», erklärt Dani. Lieber besucht er mit Freunden Techno-Partys. In einem gemieteten Kellerraum legt er zudem als DJ Danny Walter Detroit-Platten auf. «Bumbum-Musik», erklärt der Fussball-Star schmunzelnd. «Beim Auflegen will ich für mich sein - und voll die Sau rauslassen.»
Das macht er auch auf dem Platz, die Sau rauslassen. Im Rahmen des Erlaubten, versteht sich. Das sind dann die Momente, in denen Jasmin oben auf der Tribüne zweimal hinschauen muss. «Wenn sich Dani mit hochrotem Kopf beim Schiedsrichter beschwert oder einen Gegenspieler anrempelt, dann erkenne ich ihn kaum wieder», sagt Frau Gygax - und verrät: «Daheim ist er zahm wie ein Lämmchen.»
Dusty und Lucy können sich glücklich schätzen. Die Chihuahuas sind so feingliedrig - Meersau Ginger hat mehr Umfang -, dass freundschaftliches Balgen mit Herrchen Dani wohl tödliche Folgen hätte. Knuddeln ist also Trumpf. Für den offensiven Mittelfeld-Renner, im FCZ-Matchprogramm auch schon als «Bad Boy» betitelt, kein Problem. Gygax, der Wilde, tauscht daheim die Stollenschuhe gegen flauschige Riesenfinken. Er hat gelernt: Wer Höhenflüge macht, muss eine starke, seriöse Basis haben. Er sagt es nicht, er lebt es einfach. Sollte er abheben, würde Jasmin diejenige sein, die ihn herunterholt. «Wenn ich das Gefühl habe, dass er grosse Töne spuckt», erzählt sie, «sage ich ihm, dass mir das nicht gefällt.»
Jasmin weiss, was von ihrem Mann gefordert wird. «Nur wenn er weiterkämpft und leidet», sagt FCZ-Coach Lucien Favre, «kann er eine internationale Karriere starten.» Gygax muss die Exploits der letzten Wochen zur Tagesordnung machen. Klappt das, könnte es schnell gehen: Sein Ziel ist der Wechsel nach England, Frankreich oder Deutschland. Das Herz, versichert er, schlage momentan aber für den FC Zürich.
Schiesst er dort ein Tor, küsst er seinen Ehering. Für Jasmin. Kommt er in der Nati gegen Griechenland zum Einsatz und gelingt es ihm auch dort, würde er es wieder tun. Wieder für Jasmin. Und - für die ganze Schweiz. p
JUNGE EHEMÄNNER
Fabio Celestini, 28. Der Romand in Diensten von Olympique Marseille heiratete im April 1999 Freundin Fanny - mit 23. Celestini hat zwei Söhne.
Stephan Keller, 24. Der Aarau-Verteidiger und ehemalige U21-Titan hat sich früh mit Michelle vermählt. Ihr gemeinsamer Sohn Sean ist 15 Monate alt.
Ciriaco Sforza, 34. Der Schweizer Mittelfeld-Star der 90er-Jahre aus Wohlen AG ehelichte im Juli 1995 seine Jugendliebe Nicole. Beide waren 25.
Johann Vogel, 27. Defensiv-Stratege Johann Vogel heiratete im März 1999 die zwei Jahre ältere Leslie Sommerhalder. Das Paar hat heute drei Kinder.