Der teil vom pack ist nicht gerade interessant aber einige interessante
aussagen von thoma hat es weiter unten...
«Auch eine Katze ist nicht trainierbar»
FCZ - GC: vor dem 193. Stadtderby
Unter besonderen Vorzeichen steigen die beiden Zürcher Fussballklubs Grasshoppers und FCZ am Mittwoch ins 193. Stadtderby. Wie letztmals vor elf Jahren stecken beide in einer Krise. Seit 1984 hat der FC Zürich im Letzigrund das Prestigeduell nie mehr für sich entscheiden können, diesmal scheint die Chance grösser denn je. Carlos Bernegger, der GC-Interimscoach, sowie FCZ-Sportchef Axel Thoma sprachen mit der NZZ.
Von Claudio Klages, Flurin Clalüna und Rolf Wesbonk
Carlos Bernegger: Seit Ihrer Amtsübernahme sind drei Wochen vergangen. In welchem Zustand haben Sie die Mannschaft damals angetroffen?
Die Niederlagenserie und die abrupten Abgänge von Trainer Marcel Koller und Sportchef Mathias Walther hatten in der Equipe tiefe Spuren hinterlassen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich die Mannschaft nicht gefunden, und nun musste sie plötzlich erkennen: «Hoppla, da ist etwas passiert.» Erst jetzt stellte sich bei den Spielern das Bewusstsein ein, wie hart dieses Geschäft sein kann. Bis zum Weggang von Koller war eine gewisse Lethargie spürbar.
Sie haben als Assistent im GC innert kurzer Zeit Höhen und Tiefen erlebt. Weshalb fand sich die Mannschaft nur wenige Monate nach dem Höhepunkt mit dem Titelgewinn nicht mehr?
Meines Erachtens hat das Team zu viele Individualisten. Für mich ist Fussball aber eine kollektive Verbindung mit individuellen Aktionen. Dort muss man ein Gleichgewicht herstellen; dies fehlt im GC. Diese Individualisten prägt momentan ein Egoismus, der nicht gefragt ist. Deshalb lebt das Ensemble mit Hochs und Tiefs, und dies ist eines Spitzenvereins wie GC nicht würdig.
War dies in der Meistersaison anders, oder kam es einfach weniger zum Ausdruck?
Die Problematik war dieselbe, nur wurde sie vom Erfolg übertüncht. Heute wächst dagegen mit jeder weiteren Niederlage die Unsicherheit.
Inzwischen trägt die Mannschaft bereits eine Handschrift Bernegger. Charakterisieren Sie einmal kurz Ihre Fussballphilosophie.
Für mich ist Fussball ein Leistungssport auf Hochgeschwindigkeit, sowohl gedanklich als auch spielerisch. Mental verlange ich von den Spielern eine optimale Berufsauffassung, nicht zuletzt punkto Trainingsintensität. Training ist für mich nicht nur eine Beschäftigung. Ich erwarte, dass mein Muster von aussen erkennbar und von den Spielern umgesetzt wird. Wer im GC spielt, muss in der Lage sein, das Spiel zu variieren, sich im richtigen Moment für die beste Option zu entscheiden. Wir wollen nicht abwarten, sondern eine dominante Rolle übernehmen.
Haben Sie aber auch die richtigen Spieler für diese Denkart?
Ich will die Mannschaft motivieren und ihr Orientierungshilfe geben, aber letztlich sind die Spieler massgebend. Es gibt keine graue Mitte, nur Weiss oder Schwarz. Wenn die Spieler dies nicht kapieren, so muss sich der GC fragen, ob die Fussballer oder der Trainer am falschen Ort sind. Ich habe meine Ideen und Prinzipien, nach denen ich meine Karriere als Trainer gestalten werde.
Man gewinnt den Eindruck, dass Sie im Umgang mit gewissen Spielern eine härtere Gangart einschlagen. Ist dies notwendig, um allen Beteiligten den Ernst der Lage begreiflich zu machen, oder war es zu lange im Hardturm zu ruhig?
Ich rede nicht gerne von der Vergangenheit. Ich befasse mich heute mit der Realität, mit der ich auch die Spieler konfrontieren muss. Entweder passen sich die Individualisten im GC nun dem kollektiven Denken an, oder die Mannschaft geht schweren Zeiten entgegen.
Ein spezieller Individualist ist Nuñez. Finden Sie den Zugang zu ihm besser als Ihr Vorgänger?
Ich verhalte mich genau gleich wie damals, als ich ihn am Flughafen abgeholt habe, oder später auch als Assistent von Marcel Koller.
Aber wie erklären Sie sich denn den tiefen Formstand des Ausnahmekönners?
Ohne Zweifel stagniert er heute, und damit muss ich ihn konfrontieren. Ich bin überzeugt, dass Nuñez, abgesehen von seinen Geniestreichen, mehr Leistung abrufen kann. Ich mache sicher keine Konzessionen, nur weil wir beide Südamerikaner sind. Jeder Immigrant durchläuft verschiedene Phasen. Das Neue in Europa, Geld, Erfolg und die Konzentration, sich zu bewähren, sind das eine. Nach dem Erfolg kommt aber die Bestätigung, und der Spieler muss hungrig bleiben. Dies vermisse ich gegenwärtig bei Nuñez. Der Ball liegt bei ihm, nur er kann sich ändern. Auch eine Katze ist nicht trainierbar.
Die Meistermannschaft ist derzeit höchstens Schweizer Mittelmass. Muss man sich auf längere Frist damit abfinden, oder handelt es sich nur um eine Momentaufnahme?
Die GC-Philosophie besteht darin, mit Jungen zu arbeiten. Damit geht man ein gewisses Risiko ein. Zudem hat niemand mit einer derartigen Verletzungsserie gerechnet. So mussten wir unvermittelt junge Spieler ins kalte Wasser werfen. Aber GC bleibt GC. Der Jahrgang ist nicht gefragt, sondern der Erfolg. Der Anspruch muss vielleicht relativiert und dies auch offen kommuniziert werden. So könnte die Situation beruhigt werden.
Wird also von den Verantwortlichen zu wenig kommuniziert?
Muss ich das kommentieren?
Sie werden bis zur Winterpause Interimscoach bleiben. Mit welchen Vorstellungen möchten Sie die Mannschaft dereinst an Ihren Nachfolger übergeben?
Ich wünsche mir eine gewisse Struktur im Team, aber auch den Eindruck, dass jeder Spieler sein Optimum beigetragen hat und er den Beruf des Fussballers richtig interpretiert.
Könnten Sie sich vorstellen, daran auch im neuen Jahr zu arbeiten? Mit anderen Worten: Liebäugeln Sie nicht damit, die Rolle des Cheftrainers definitiv zu übernehmen?
Nein! Dies war für mich seit Beginn der neuen Aufgabe kein Thema. Ich will weder in der Euphorie noch in schwierigen Situationen die Orientierung verlieren. Wichtig sind drei Komponenten. Erstens: Ich will mich weiterentwickeln und in diesem Beruf noch mehr Erfahrungen sammeln. Ich bin noch nicht so weit, auch auf Grund meines Alters. Zweitens: Meine Familie bedeutet mir sehr viel, seit vier Monaten sind wir zu dritt. Drittens: Der GC muss sich aber auch fragen, was der Verein für die Zukunft braucht. Ich denke, es braucht einen grossen Namen, einen erfahrenen Trainer, der die Strukturen noch besser verankern kann.
Nun steht der grosse Prestigekampf am Mittwoch im Letzigrund bevor. Wie wird GC das Derby angehen?
Wir werden auf Sieg spielen, die genau gleiche Idee auf dem Feld zu vermitteln versuchen wie zuletzt. Ich zähle auf hungrige Spieler, die sich mit den GC-Farben identifizieren.
«Im FCZ fehlen heute noch einige wichtige Puzzleteile»
Axel Thoma: Warum tut sich der FC Zürich seit Beginn der Saison derart schwer?
Entscheidend scheint mir, dass wir im Sommer aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage waren, eine saubere Teamplanung vorzunehmen - jedenfalls nicht so, wie ich mir das vorstelle. Hätten Lucien Favre und ich beispielsweise bereits im Januar statt erst im Juni auf die Bildung der Mannschaft Einfluss nehmen können, wären wir heute viel weiter. Nun dauert es eben länger, bis wir eine homogene Equipe geformt haben. Aber wir werden das Ziel erreichen.
Wenn man die getätigten Transfers anschaut, stellt sich tatsächlich die Frage, ob da mit der nötigen Umsicht gehandelt wurde. Warum ist beispielsweise den Folgen des Rücktritts von Fischer kaum Beachtung geschenkt worden?
Es sind nicht die falschen Spieler auf den Letzigrund geholt worden. Bloss, es fehlen heute noch einige wichtige Puzzleteile. Wir sind aber bestrebt, Korrekturen vorzunehmen. Fischer ist ja bereits wieder dabei - und zwar in einer wichtigen Rolle. Nötig wäre zudem einer wie Hellinga, der so etwas wie die gute Seele des Teams war.
Sind die Transfers auf Ihren Wunsch getätigt worden? Oder waren Präsident Sven Hotz sowie Favre die treibenden Kräfte?
Dafür war in erster Linie der Trainer zuständig. Ich will mich da nicht aus der Verantwortung stehlen, doch ich bin der Ansicht, dass der Trainer ein bestimmtes Konzept im Kopf hat und somit die dazupassenden Spieler aussuchen sollte. Ich stelle dem Coach aber Alternativen vor und spreche mit dem Präsidenten über die finanzielle Seite der einzelnen Transfers.
Bastida hat Knieprobleme, Petrosjan ist möglicherweise auch bald ein Fall für die IV - wurden hier die medizinischen Tests nicht mit der angebrachten Sorgfalt durchgeführt?
Was mit Bastida geschah, kann ich nicht beurteilen. Das war vor meiner Zeit. Aber wir hatten ihn so weit aufgebaut, dass er wieder spielen konnte. Jetzt ist nicht sein Problemknie verletzt, sondern das andere. Petrosjan wiederum hat sämtliche Tests gemacht, und sie sind so ausgefallen, dass einer Verpflichtung nichts im Wege stand. Das Gerücht, dass er sich den Untersuchungen nicht stellen wollte, ist falsch.
Apropos medizinische Abteilung: Muff plagt sich schon seit Wochen mit Schmerzen herum, und Heilung ist offenbar nicht in Sicht.
Handlungsbedarf ist hier zweifelsfrei vorhanden. Wir sind dabei, diesen Bereich zu professionalisieren und die Kräfte zu kanalisieren. Das Konzept steht; ich hoffe auf dessen Umsetzung im Frühling.
Hat Trainer Favre jede Unterstützung, die er braucht?
Ich sehe keinen Punkt, wo er in einen sauren Apfel hätte beissen müssen. Ich habe mich in der schwierigen Zeit zu ihm gestellt, um die Entscheide mitzutragen.
In der Winterpause öffnet sich das Transferfenster. Wird der FC Zürich dann aktiv?
Die Sache ist komplex und muss in einem grösseren Zusammenhang gesehen werden. Da gibt es eine Reihe unzufriedener Spieler, und für die müssen wir eine Lösung finden. Im Prinzip wollen wir jene Positionen besser besetzen, wo ein Manko besteht. Und dort Spieler ausleihen, wo die Plätze dreifach besetzt sind. Es geht aber nicht nur um Positionen, sondern auch um die Rollenverteilung innerhalb des Teams. Doch um auf die Frage zurückzukommen: Wir sind am Markt.
Hat der FCZ überhaupt eine Scouting-Abteilung, die sich auch international auskennt? Oder wird lediglich aufgrund von Videoaufnahmen entschieden?
So etwas existiert aus Kostengründen nicht. Ich bin aber dabei, ein System aufzubauen, das auf anderen Prinzipien basiert. Ich habe schon mit mehreren ausländischen Klubs, darunter dem VfB Stuttgart, darüber gesprochen, und das Echo war vielversprechend. Es geht um die Idee, sich bestehenden Scouting-Abteilungen von Vereinen anzuhängen, die keine Konkurrenz darstellen.
Zuletzt eine etwas ketzerische Frage: Haben Sie - falls es zu einer Trennung von Favre kommen sollte - bereits einen Nachfolger zur Hand? Hat der Präsident Ihnen den Auftrag erteilt, diesbezügliche Abklärungen zu treffen?
Hat er nicht. Doch zum Zeitpunkt meiner Ernennung als Sportchef war ich mir im Klaren darüber, dass eines Tages eine solche Situation eintreten könnte und dass ich gezwungen sein würde, mir Gedanken zu einem solchen Szenario zu machen. Weil ich jedoch positiv eingestellt bin, weigere ich mich so lange wie möglich, an einem Worst-Case-Drehbuch zu arbeiten. Wissenswert ist zudem, dass die Vereinsleitung an einer langfristigen Planung interessiert ist. Es sind Züge auszumachen, die auf Kontinuität hindeuten.
http://www.nzz.ch