Beitragvon fischbach » 16.07.03 @ 15:43
hier das ganze inteview.
noch weniger als vier stunden...
fischbach
Hotz: «Ich hatte ja auch keine Freude»
Peter Birrer
Der Schweizer Fussball steht vor einem Neuanfang: Die Swiss Football League (ehemals Nationalliga) steht mit der Super League (NLA) und Challenge League (NLB) vor der ersten Saison. GC und Basel starten als Favoriten. Aber als Transfersieger gilt der FC Zürich. Präsident Sven Hotz, 73, sagt vor seinem 18. Amtsjahr: "Die Aussichten sind günstig."
Sven Hotz, was halten Sie vom Begriff Transfersieger?
Sven Hotz: Was soll ich davon halten? Ich habe gelesen, dass der FC Zürich der Transfersieger sein soll. Vermutlich ist das so, weil jeder Simo wollte, weil jeder Petrosjan wollte, sogar der FC Basel, und weil diese Spieler dann zu uns gekommen sind. Aber davon kann ich mir nichts kaufen. Und ich weiss auch nicht, ob es richtig ist, uns als Transfersieger zu bezeichnen. Der Grasshopper-Club hat doch auch Leute geholt, und vielleicht sind die auch so gut wie unsere Neuen... (Pause) Richtig finde ich, wenn man sagt, der FC Zürich habe sich verstärkt.
Nach den getätigten Transfers hiess es auch sehr schnell: Möglich waren die Verpflichtungen nur, weil Präsident Hotz wieder einmal das Portemonnaie weit aufgemacht hat...
Hotz: ...ja, ja, hiess es. Ich weiss. Man nimmt das halt auch zur Kenntnis.
Stört Sie das nicht? Ist vom FCZ die Rede, fällt Ihr Name auch rasch. Und schon kommt das Geld...
Hotz: Wissen Sie, in erster Linie kamen die betreffenden Spieler zu uns, weil wir mit Lucien Favre einen Trainer haben, dem sie vertrauen und von dem ich mir sehr viel erhoffe. Sie kamen auch zu uns, weil sie selber gemerkt haben, dass sie in dieser Mannschaft eine tragende Rolle übernehmen können. Und sie wissen, dass der FCZ ein Verein ist, bei dem Abmachungen eingehalten und die Löhne überwiesen werden. Wissen Sie, der FCZ ist eine gute Adresse, nach wie vor. Aber um auf das Thema zurückzukommen: Wir haben diese Spieler geholt, gleichzeitig wird unser Budget von 10,3 auf 8,5 Millionen Franken reduziert und ein erstes Teilziel erreicht. Also nur Portemonnaie aufmachen, das geht nicht.
Trotzdem müssen Sie die Investitionen jetzt rechtfertigen, nachdem Sie selber erklärt haben, Sparmassnahmen ergreifen zu müssen.
Hotz: Eine der ersten Fragen, die ich mit dem neuen Trainer ausführlich diskutiert habe, war unsere Ausrichtung. Wollen wir Geld sparen und uns darauf einstellen, dass wir die Saison auf Platz acht oder neun beenden? Oder wollen wir getreu dem Motto «Angriff ist die beste Verteidigung» investieren, vernünftig investieren wohlgemerkt, dafür aber die Gewähr haben, gute Aussichten auf einen Europacup-Platz zu haben? Dann haben wir uns eben für die zweite Variante entschieden, gestützt vor allem auf die Pläne und Ideen des Trainers...
...und glauben jetzt an bessere Zeiten?
Hotz: Ich glaube, dass wir mit diesem Trainer und dieser Mannschaft unter die ersten vier kommen können. Die Aussichten sind günstig. Es ist vieles für eine gute Zukunft getan worden.
Platz eins oder zwei schliessen Sie aber offensichtlich aus.
Hotz: Ja. Ich würde es mir nie gestatten, davon zu reden. In Tuchfühlung mit Basel und GC zu sein, das ist möglich. Aber eine Beteiligung am Titelkampf ist unrealistisch. Zwischen den zwei Klubs und dem Rest klafft eine Lücke. Es wäre vermessen, wenn wir uns zu den Favoriten zählen würden. Aber in einem Jahr kann das wieder anders aussehen.
Wie?
Hotz: Wenn wir Geduld haben, wenn wir es endlich fertig bringen, eine Mannschaft aufzubauen und mit ihr sauber gearbeitet wird, ist es denkbar, dass wir in der nächsten Saison mit punktuellen Verstärkungen noch einen Schritt vorwärts machen. Wenn uns der Start gelingt, wenn wir in Basel einen Punkt holen und Servette schlagen, könnte im Team schon eine Euphorie entstehen, und dann ist vieles möglich.
Sie liefern das Stichwort: Ist Euphorie auch im Umfeld des FC Zürich realistisch?
Hotz: Am Montag habe ich erfahren, dass die Zahl der Saisonkarten um 15 Prozent auf gegen 2700 gestiegen ist.
Was sagt Ihnen das?
Hotz: Dass viele Leute sehr zufrieden sind mit dem, was wir bisher geleistet haben. Es gab viele, die früher verärgert waren und heute unsere Arbeit wieder schätzen. Sie finden die Transfers auch gut, und sie haben die Hoffnung, dass es jetzt besser wird.
Können Sie den Ärger dieser Zuschauer nachvollziehen?
Hotz: Ich hatte ja auch keine Freude, es gab Zeiten, in denen ich mich als Zuseher geärgert habe.
Aber jetzt sind die Zeiten vorbei, in denen Sie im November und Dezember leiden mussten, wenn der FCZ in den Strichkampf verwickelt war.
Hotz: Dieser Strich! Brachte doch nur Schulden bei den meisten Vereinen, nichts anderes. Verlor eine Mannschaft ein-, zwei-, dreimal nacheinander, fing das Bibbern an, schrieben die Zeitungen, der Abstieg sei nicht mehr weit weg, ja, und dann wurde Geld ausgegeben für neue Spieler, die dann doch nichts halfen. Darum war ich ein vehementer Befürworter, den Strich abzuschaffen. Ob jetzt alles besser wird, kann man nicht sagen. Aber ich bin der Meinung, dass wir uns in der Zehnerliga besser zurechtfinden.
Haben Sie sich auch schon gefragt, warum Sie sich das raue Fussballgeschäft noch antun?
Hotz: Ich habe kürzlich ein paar Leuten klar gemacht, dass man heutzutage eine Lebenserwartung von 100 Jahren hat. Ich bin 73 Jahre jung, und wenn man sagt, der Hotz ist alt, dann macht man einen Fehler...