Die Schweizer Fussballer reisten gestern vom schönen Feusisberg ins karge Tbilissi. Da spielen sie morgen voller Zuversicht um wertvolle EM-Punkte.
Von Thomas Schifferle, Tbilissi
Die Annäherung an Georgien erfolgte mit einem Charterflug der Swiss. Die Verbandsfunktionäre durften es sich in der First Class gut gehen lassen, die Spieler in ihren Business-Sitzen. Nach dreieinhalb Stunden waren die 2900 Kilometer zwischen Zürich und Tbilissi zurückgelegt, in aller Ruhe und ohne Rumpler. Sonnenschein empfing die Gäste aus der Schweiz, zumindest am Nachmittag war nichts von den kalten Temperaturen zu spüren, die in den Tagen zuvor geherrscht hatten.
Via Hotel in der Innenstadt fuhren die Spieler gleich zum Training weiter, ins winddurchlässige Lokomotive-Stadion. Angesagt war eine bessere Bewegungsübung, nichts Ernsthaftes oder Anstrengendes, alles mehr auch dazu da, um den Rasen zu spüren, auf dem morgen Mittwoch das Glück gezwungen werden soll.
Die Spieler wissen, welche Chance sich ihnen hier bietet auf dem angestrebten Weg an die EM 2004. «Wir haben ein Ziel vor Augen, und das sorgt nochmals für einen Leistungsschub», sagt Abwehrstratege Murat Yakin. Oder das: «Wir haben eine Mannschaft, die mit Disziplin spielt. Es wäre schade, wenn wir diese Möglichkeit verschenken würden mit einer schlechten Leistung.» Und auch das noch: «Ich weiss das vom FC Basel: Wenn man in der Tabelle vorne ist, will man unbedingt vorne bleiben und kann deshalb zusätzliche Energie frei machen.»
Erstklassige Varianten
Yakin strahlt die Zuversicht aus, die jeder in dieser Mannschaft, angefangen beim Coach, besitzt. Diese Schweizer glauben an sich und an das, was sie können, glauben, dass sie auch in Tbilissi gewinnen können. «Wir sind an der Aufgabe gewachsen», stellt Yakin fest und redet im nächsten Satz von der Siegermentalität, die sich in der Gruppe breit gemacht habe. 40 Spiele hat er diese Saison für seinen Klub und das Nationalteam bestritten, 40 von 50 möglichen. Er hat es geschätzt, zuletzt ein paar ruhigere Tage zu haben und einmal ein Wochenende ohne Wettkampfeinsatz. Er fühlt sich gut und fit, und er ist bereit für morgen: «Wir gehen auf den Platz, um zu gewinnen.» Das 4:1 vom Hinspiel gegen Georgien ist nicht vergessen.
Auf dem Flughafen in Zürich war auch Jörg Stiel aufgetaucht. Nach drei Trainingstagen mit den Schweizer Kollegen reiste er zurück nach Mönchengladbach. Der Captain ist für den Match in Georgien gesperrt und deshalb der eine grosse Abwesende. Der andere ist der unerschrockene Verteidiger Stéphane Henchoz, der sich von seiner Wadenoperation erholt.
Stiel hätte gespielt, Henchoz ebenso, einzig durch ihre Ausfälle ist Kuhn zu Abweichungen von der Aufstellung gezwungen, die er im Idealfall vorgesehen hätte. Zuberbühler steht im Tor wie schon beim 5:1 im Testlauf von Slowenien, wo er eines seiner besten Länderspiele überhaupt machte. Und in Henchoz’ Abwesenheit bilden Murat Yakin und Müller das Abwehrzentrum, so wie schon beim 1:1 in Albanien und beim 2:1 in Irland. Für Kuhn ist das kein Problem, welche zwei aus dem Trio mit Henchoz, Müller und Yakin zusammenspielen. Er weiss, jede der drei möglichen Varianten ist erstklassig.
Ansonsten sieht Kuhn keine Veranlassung zu Korrekturen. Er ist ohnehin kein Anhänger des Rotationsprinzips. Lieber pflegt er Automatismen und schenkt den Spielern das Vertrauen, die ihn und die Mannschaft nicht enttäuscht haben. Auf etlichen Positionen, etwa in der Offensive, ergibt sich die Aufstellung von selbst, solange niemand verletzt ist. Überdies ist Kuhn zur Einsicht gekommen, dass er Spieler am liebsten nur da einsetzt, wo sie auch im Verein spielen und ihre Stärken haben.
Das ist in erster Linie das Pech eines Cantaluppi und eines Celestini. Der Basler und der Marseillais hätten auf Grund ihrer Leistungen im Klub morgen einen Einsatz durchaus verdient. Aber Kuhn sieht sie beide in der Rolle der «Nummer 6», des zentralen Defensivspielers im Mittelfeld. Diese Rolle hat er nun einmal in erster Konsequenz an Vogel vergeben. Und weil er denkt, er würde Cantaluppi und Celestini keinen Gefallen tun, sie anderswo einzusetzen, dürfte das eines bedeuten: Wicky behält seinen Platz im halblinken Mittelfeld, obwohl er zuletzt beim Hamburger SV höchstens zu Kurzeinsätzen kam.
Zusammengefasst würde das diese Aufstellung ergeben: Zuberbühler; Haas, Murat Yakin, Müller, Berner; Cabanas, Vogel, Wicky; Hakan Yakin; Frei, Chapuisat.