Beitragvon Goose » 27.11.18 @ 10:13
Aus der heutigen NZZ:
Die Spielerinnen des FC Basel gehen zum Apéro statt zum Festessen
Die Klubverantwortlichen im FC Basel unterschätzen, dass scheinbare Nichtigkeiten wie das Erstellen einer Gästeliste grosse Folgen haben können – mit unerfreulichen Neben- und Nachwirkungen.
Der FC Basel ist der grösste und ruhmreichste Klub der Schweiz. Zwar geht es ihm gerade nicht so gut, aber trotzdem schafft er es bis in die Nachrichten von CNN und auf alle Online-Portale rund um den Globus. Was ist passiert? Der FCB hat den Champions-League-Final gegen Real Madrid 10:0 gewonnen. Der FCB ist der Bundesliga beigetreten und hat auf Anhieb den Titel in Deutschland gewonnen. Ist der FC Basel gar Weltmeister geworden? Alles falsch.
Der FCB hat in der vorletzten Woche bei seiner 125-Jahre-Gala sein Frauen-Team nicht zum Essen eingeladen. Die Empörung war gross. Das ganz zu Recht. Die Schweiz hat zwar 1971 das Frauenstimmrecht eingeführt, aber im Fussball sitzen sie nach wie vor nicht am Tisch, wenn die Herren der Schöpfung tafeln. Stattdessen verkaufen sie Lose für die Tombola und kauen in der Abstellkammer ein Sandwich. Die Empörung war gross. Weltweit.
Man kann die Aufregung für übertrieben halten, als Auswuchs von übersteigerter Korrektheit in Geschlechterdingen oder als Beispiel für die Sensationsgier der immer schnelleren Medienwelt abtun. Trotzdem ist der Fall mehr als ein hässliches Nebengeräusch bei einem Anlass, bei dem eigentlich eine Stadt und ihr Verein sich selber feiern wollten und das auch gemacht haben. Er zeigt, dass der FC Basel derzeit unterschätzt, dass scheinbare Nichtigkeiten wie das Erstellen einer Gästeliste grosse Folgen haben können – mit unerfreulichen Neben- und Nachwirkungen. Lediglich die Führungsriege um den Präsidenten Bernhard Burgener bekam einen Platz an den Gala-Tischen, immerhin mit Ehefrauen. Aber nicht nur die weiblichen Fussballerinnen fehlten als Gäste, sondern auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Klubs.
Jeder Fussballverein lebt von der Identifikation der Leute mit dem Klub. Und jeder Betrieb lebt ein Stück weit von der Identifikation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit dem Betrieb. Wer die Kantine schliesst, nur noch den Männern den Zugang zum Kaffeeautomaten erlaubt, wer das teure Weihnachtsessen streicht und stattdessen einen günstigeren Apéro ausrichtet, zahlt einen viel höheren Preis als das Geld, das er zu sparen wähnt. Es steht in jedem Buch für Führungskräfte: Wertschätzung, Anerkennung, Einsatz, Teamwork, Solidarität. Genau das wird von der Mannschaft auf dem Platz auch erwartet.
In einer Stellungnahme dankt der FCB seinen Frauen. Sie hätten grossartige Arbeit geleistet, die Tombola habe 250 000 Franken eingebracht. Blöd, dass das CNN nicht mehr interessierte.
"Ich wechsle erst aus, wenn sich einer das Bein bricht." - Werner Lorant