Beitragvon Goose » 23.04.14 @ 9:21
Ancillo Canepa, Sie haben am Montagabend nach dem Cup-Sieg eine aufregende Carfahrt von Bern nach Zürich erlebt.
Ja, die Heimreise im Mannschaftsbus nach Zürich war sehr fröhlich. Wir bekamen während der Fahrt auch ständig E-Mails und SMS von ehemaligen Spielern, zum Beispiel von Hannu Tihinen, Josip Drmic, Johnny Leoni oder Admir Mehmedi. Unser Captain Philippe Koch hat die Gratulationen dann jeweils über das Bus-Mikrofon vorgelesen.
Am Montagabend sprachen Sie dem Schiedsrichter ein Kompliment aus für seine «objektive Beurteilung des Spiels». Sind Sie immer noch dieser Ansicht, nachdem Sie die TV-Bilder gesehen haben? Sio wurde zu Unrecht mit der gelb-roten Karte des Feldes verwiesen.
Ich kann den Basler Ärger in dieser Szene durchaus verstehen. Trotzdem bleibe ich bei der Beurteilung, dass der Schiedsrichter sehr gut gepfiffen hat, wenn man das ganze Spiel betrachtet.
Die Szene war vielleicht entscheidend.
Aber es war trotzdem ein verdienter Sieg des FC Zürich. Wir waren die aktivere und an diesem Montag ganz einfach die bessere Mannschaft.
Wie wichtig ist dieser Cup-Titel für Sie persönlich nach einer schwierigen Zeit, in der Sie auch oft kritisiert worden sind?
Als ich mit meiner Frau Heliane nach den Feiern auf dem Helvetiaplatz und dem Abendessen in die Nacht hinausgefahren bin, haben wir uns wieder an die Meistertitel erinnert, an 2006, 2007, 2009. Und wir haben an die Durststrecke gedacht, die danach kam. Dass wir es in diesem Jahr wieder geschafft haben, macht mich schon ein wenig stolz. Ich freue mich besonders für den Trainer Urs Meier, den Technischen Direktor Marco Bernet und den Teammanager Massimo Rizzo, denen man zu Beginn nicht viel Kredit einräumte.
Sie sprechen jetzt vor allem über viele andere. Aber wie ist es für Sie?
Ich nehme den Erfolg heute etwas bewusster wahr als früher. Vielleicht hat das mit dem Alter zu tun. Oder mit den seltener gewordenen Erfolgserlebnissen. Ich geniesse den Moment auf alle Fälle und möchte diesen in aller Ruhe und ohne Hektik auf mich wirken lassen.
Der Titel ist eine Genugtuung für Sie.
Vor eineinhalb Jahren haben wir den ganzen Klub auf allen Stufen personell umgebaut. Kein Stein blieb auf dem anderen. Dass wir nun schon wieder einen Titel gewonnen haben, zeigt, dass wir vielleicht doch nicht alles falsch gemacht, sondern die richtigen Entscheide getroffen haben. Das freut mich schon. Aber es ist nicht nur dieser Pokal. Auch die vielen Sympathiebekundungen bereiten einem Freude und motivieren, sich trotz allen Widerständen für den FC Zürich einzusetzen.
Steht der FCZ vor einer neuen Ära? So wie nach dem Cup-Sieg 2005 unter dem Trainer Lucien Favre?
Natürlich hofft man, dass der Titel wie der Cup-Sieg vor neun Jahren eine positive Dynamik auslöst. Auf jeden Fall ist er eine Bestätigung, dass wir mit unserem Personal und unserer Strategie auf dem richtigen Weg sind.
Yassine Chikhaoui hat am Montag überragend gespielt. Bleibt er über den Sommer hinaus in Zürich?
An Weihnachten hatten wir uns zusammengesetzt, um über eine Vertragsverlängerung zu sprechen. Wir sind damals zu keiner Einigung gekommen.
Sie sagen damals. Wie ist es heute?
Das Dossier liegt bei mir immer noch auf dem Pult. Wir sind im Dialog. Chikhaoui und ich haben ein sehr gutes Verhältnis, ich kenne seine Familie, seine Frau, seinen Vater. Wir vertrauen uns gegenseitig. Deshalb sage ich auch: Die Türe ist nicht definitiv geschlossen. Die Rahmenbedingungen müssen halt stimmen, für beide Parteien.
Das heisst konkret, dass Sie das Gespräch mit Chikhaoui suchen werden?
Das auf jeden Fall.
Eine Idee könnte sein, dass man Chikhaouis Lohn ab nächstem Sommer fremdfinanziert.
Konkret kann ich noch nichts sagen. Aber wir überlegen in alle Richtungen.
Wie kann es sein, dass ein Final zwischen Zürich und Basel nicht ausverkauft ist?
Vielleicht hört man nicht gerne, was ich jetzt sage. Aber die öffentliche Diskussion über das Thema Sicherheit hat bestimmt einige Leute abgehalten, den Match zu besuchen. Ein paar tausend Zuschauer sind daheim geblieben, weil sie nach den vielen Schlagzeilen dachten, es könnte gefährlich sein.
Am Fan-Marsch des FC Zürich kam es ja auch zu Zwischenfällen.
Ja. Aber die «normalen» Zuschauer hatten überhaupt nichts zu befürchten. Sie erlebten einen absolut friedlichen Cup-Final. Das gilt übrigens auch für die Spiele der Super League.
Und dass ein Fan-Marsch nicht friedlich abläuft, muss man hinnehmen?
Unsere Fan-Verantwortlichen sagten mir, am Marsch seien Leute dabei gewesen, die sie noch nie zuvor gesehen hätten. Da liegt der Verdacht nahe, dass Krawall-Touristen dabei waren, die den Final als Plattform missbraucht haben.
Aus der heutigen NZZ
"Ich wechsle erst aus, wenn sich einer das Bein bricht." - Werner Lorant