Beitragvon Sandman » 21.09.11 @ 8:15
Die NZZ
Eigentlich ist Urs Fischer nach einer kleinen Abreibung zumute. Einfach mit dem Stollenschuh dazwischenfahren; so hätte er das Problem früher gelöst, als er noch Verteidiger war und einmal wieder für Ruhe und Ordnung sorgen musste. Aber heute ist Fischer Trainer des FC Zürich.
fcl Eigentlich ist Urs Fischer nach einer kleinen Abreibung zumute. Einfach mit dem Stollenschuh dazwischenfahren; so hätte er das Problem früher gelöst, als er noch Verteidiger war und einmal wieder für Ruhe und Ordnung sorgen musste. Aber heute ist Fischer Trainer des FC Zürich, und die Dinge sind etwas komplizierter geworden.
Fischer muss sich beherrschen, und das gelingt ihm so gut, dass ihm kein böses Wort über die Lippen kommt. Es bleibt bei Andeutungen. Aber man spürt: Fischers Gerechtigkeitsempfinden ist angekratzt. Wie der FC Zürich zuletzt in den Medien zerlegt worden ist, hält er für ungerecht, weil er als Eingeweihter doch sieht, was los ist. Und das deckt sich nicht mit den Einschätzungen, die er lesen und sich anhören muss.
Anzeige:Niederlagen – und der Rest
Er sagt: «Manchmal habe ich das Gefühl, die anderen wüssten mehr als ich.» «Die anderen» wissen nicht mehr. Aber sie sehen, dass der FCZ diese Saison 8 von 14 Pflichtspielen verloren hat. Und dass das nicht zufriedenstellend ist – vor allem für den FC Zürich selber nicht. Es ist wie immer in diesen Situationen: Der Trainer gerät unter Rechtfertigungsdruck; noch vorsichtig legen einige Medien schon die Säge an das Stuhlbein des Chefcoachs und starten Meinungsumfragen, ob Fischer noch tragbar sei.
Das sind unangenehme Zeiten, auch wenn Fischer mit der FCZ-Führung mehr verbindet als nur ein Anstellungsverhältnis. Der Präsident Ancillo Canepa, der Sportchef Fredy Bickel und der Trainer Fischer stehen sich nahe. Das kann ein Vorteil sein und mehr Schutz als üblich bedeuten. Aber die persönlichen Beziehungen sind im FCZ immer wichtig, wichtiger als in anderen Vereinen in der Schweiz. Das war bei Fischers Vorgänger Bernard Challandes nicht anders. Bis man ihn fallenliess – unter Tränen zwar, aber so resolut, wie es eben doch Tradition ist.
Vor dem Spiel heute Mittwoch gegen Thun im Letzigrund sagt Fischer: «Dass wir achtmal verloren haben, ist ein Fakt. Darüber kann man diskutieren. Den Rest lasse ich im Raum stehen.» Der Rest: Das ist eigentlich der viel interessantere Teil. Warum der FCZ nicht so spielt, wie er es mit seiner Qualität können müsste. Weshalb er nach guten Partien immer wieder in den alten Teufelskreis gerät und nicht aus der Spirale findet. Und warum es den Zürchern nicht gelingt, diese Dynamik zu brechen.
Getrübter Alltag
Fischer ist der Ansicht, Zürich habe beim 0:2 gegen Sporting Lissabon in der Europa League einen «anständigen Match» gespielt. Wäre der Meisterschaftsalltag nicht getrübt, könnte man das vielleicht so sehen. Nun aber verdichtet sich alles zu einem unheilvollen Sog. Es wird nicht mehr unterschieden zwischen schlecht und mittelmässig, schwarz und grau – es sieht einfach finster aus. Das ist zwar vereinfachend, aber dieses Bild wird übermächtig.
Gegen Thun stehen Fischer «25 fitte Spieler» zur Verfügung – alle ausser Kukuruzovic. Die Statistik spricht für den FCZ: In den letzten 17 Meisterschaftsspielen gegen die Berner hat er nie verloren.
"Das grösste Geheimnis der Engländer ist, warum sie nicht auswandern." (E. Kishon)