Der Titelverteidiger spielt in einer anderen Liga
Von Alain Kunz | 08:14 | 17.07.2008
Die Prognose ist nicht gewagt, ja fast schon langweilig: Der FC Basel holt wieder den Pott. Aber wir können die Augen vor der Realität nicht verschliessen. Und die heisst: Rotblau spielt in einer anderen Liga.
Das Plus
Na klar, das Portemonnaie. In der Schweiz operiert nur der FCB mit einem 50-Millionen-Budget. Nur er kann einen 22-jährigen, ehemaligen U20-Weltmeister aus Argentinien holen. Und das für geschätzte fünf Millionen Franken! Nur der FCB kann, wie im letzten Sommer, zwei Schweizer Nati-Spieler aus der Bundesliga zurückholen. Im Vergleich mit den grossen Ligen Europas genau so wenig konkurrenzfähig wie jeder andere Schweizer Klub, hat der FCB national indes ganz andere finanzielle Möglichkeiten. Er ist auch der einzige Klub, bei dem das TV-Geld wirtschaftlich uninteressant sein kann, weil der Zuschauerverlust finanziell schwerer wiegen kann.
Jetzt soll noch ein Stürmer her, weil Streller noch drei und Eduardo mit einem Muskelfaserriss einen Monat fehlen wird. Kein Problem, Ersatz wird beschafft. Allerdings, auch der FCB nimmt nicht einen Spieler unter Vertrag, den er Ende Jahr womöglich nicht mehr brauchen kann, weil er dann wieder drei fitte Stürmer zur Verfügung hat. Daran scheiterte auch die Rückkehr von Christian Gimenez zum FCB.
Die Trainersicherheit
Unentlassbar gibt es nicht. Aber diesem Attribut am nächsten kommt in der Schweiz FCB-Coach Christian Gross. Der Höngger kokettierte in den letzten Jahren aber immer wieder mit dem Ausland. Freilich ohne die letzte Überzeugung. Ein Angebot von Schalke hat er einst abgelehnt. Und auch als er beim HSV im Gespräch war, schien er die Kontakte nicht zu forcieren. Erst in der Winterpause wird die Zukunft von Gross und eine Vertragsverlängerung wieder ein Thema sein.
Die Ersatzbank
Marcos Gelabert? Hätte in jedem Super-League-Team seinen Platz als Staubsauger auf sicher. Hat er ihn auch in Basel, guckt Benjamin Huggel in die Röhre. Ist Marco Streller zurück, droht dieses Schicksal einem anderen Nati-Spieler, Eren Derdiyok oder dem Brasilianer Eduardo. Und auf der linken Seite werden sich Supertalent Valentin Stocker, Marko Perovic und der genesene Scott Chipperfield um einen Platz streiten. Das alles, sofern Gross an seinem 4-1-4-1-System festhält. Das ist einerseits ein Luxus, den sich kein anderer Super-League-Verein leistet. Andrerseits gilt es, alle Spieler bei Laune zu halten. Kein Wunder, will beispielsweise Derdiyok unbedingt weg von Basel. Kein Wunder, tut sich Gross schwer damit, Huggel zum Captain zu machen: Der Coach hätte weit mehr Mühe, den ehemaligen Frankfurter als Captain auf die Bank zu setzen. Immerhin: Dank diversen Verletzungen (Streller, Eduardo, Chipperfield, Ergic, Carlitos) stellt sich das Team für den Match morgen gegen YB von selbst auf.
Der Sex-Appeal
Sieger sind sexy! Der FCB hat das Double, Gross acht Titel in neun Jahren gewonnen. Jahre, in denen Basel nichts gewinnt, sind Betriebsunfälle. Wer ins Joggeli geht, weiss: Das Heimteam gewinnt – in der Regel. Und für einen Fan gibt es schlicht nichts Geileres. Kein Wunder strömen sie in Massen in den Herzog/De Meuron-Tempel. 24´000 Jahreskarten hat der FCB verkauft, im Sommer sind wieder 1000 dazugekommen. Auch da spielt Basel in einer anderen Liga.
Beim FCB ist alles hoch professionell organisiert. Schon das ist ein Grund, weshalb es für jeden Schweizer das Grösste ist, das rotblaue Dress überstreifen zu dürfen. Apropos: 600 Fans haben im Regen darauf gewartet, eines der neuen längsgestreiften Dresses nach der Vorstellung des Teams kaufen zu dürfen. Allerdings sei die Frage erlaubt, wie sexy diese Shirts sind. Zumal sie doch sehr stark mit der Schützenmatte-Zeit in Verbindung gebracht werden. Und damit auf einen temporären FCB-Ausritt in ein Provinzstadion.