Nach dem Derby stichelt Canepa gegen Basel
Der FCZ-Präsident erinnert ans Meisterduell 2006. Blerim Dzemaili spürt den Druck. Und Giotto Morandi trifft nach einer langen Leidenszeit. Giotto Morandi – endlich wieder ein Teil des Teams
Noch einmal muss sich Giotto Morandi gedulden. Muss er warten, bis das «Go!» aus Volketswil kommt. Dort sitzt der Video Assistant Referee und schaut sich genau an, ob Francis Momoh im Abseits gestanden hatte, bevor er seinen Pass auf Morandi spielte. Es dauert eine gefühlte Ewigkeit, weil der Entscheid so knapp ist.
Doch dann darf Morandi los, direkt zur Kurve, die Kollegen hinter ihm her, GC führt, und das dank ihm. Auf diesen Moment hat der Tessiner lange gewartet, sein letztes Tor schoss er vor 484 Tagen, am 4. Dezember 2020. GC war noch in der Challenge League, in jenem Spiel gab es einen Sieg gegen Kriens. Im Januar 2021 aber begann die Leidenszeit des Giotto Morandi, erst war das Kreuzband angerissen, dann riss es ganz. GC schaffte den Aufstieg ohne den Mittelfeldspieler.
«Das war eine schwere Zeit», sagt Morandi jetzt. Vor allem, dass er immer allein trainieren musste, während die Kollegen zusammen auf dem Platz kämpften, machte ihm zu schaffen. «Richtig geil» sei es, jetzt wieder ein Tor zu erzielen, von den Emotionen her sei es sein schönstes, im Derby, vor der Kurve, im Stadion, in dem es ihm zuletzt gelang – auch wenn es danach nur einen Punkt gibt. (Lesen Sie hier den Matchbericht: Ein Denkzettel für den FCZ und der Stoppknopf für GC.)
Als Giorgio Contini Trainer wurde, verpasste Morandi wegen der Verletzung die ganze Vorbereitung auf die Saison. Nun sagt Contini: «Das ist eine riesige Geschichte für ihn, er freut sich, wieder Teil dieser Mannschaft zu sein. Wenn man so lange allein trainiert, nutzt sich das auch mental ab.» Jetzt hat der Trainer mit dem 23-Jährigen eine neue Option für den Endspurt.
Blerim Dzemaili – ist da doch etwas Druck?
Wie man Meister wird, wissen beim FCZ nur wenige. Moritz Leitner war in Dortmund einmal beim Titelgewinn dabei, Karol Mets in Estland bei Flora Tallinn und Ante Coric gleich viermal bei Dinamo Zagreb. In der Super League hat es bislang nur Blerim Dzemaili zu Meisterehren gebracht, 2006 und 2007.
36 wird Dzemaili am 12. April, ihn bringt nicht mehr so viel aus der Ruhe. Darum hat er ein feines Sensorium für Dinge, die nicht passen, so wie in diesem Derby. «Die Spiele werden immer weniger, und der Druck wird immer grösser», sagt er, als die erste Halbzeit vorbei ist. Dabei ist das ein Wort, das Trainer André Breitenreiter nicht gern hört, sie hätten keinen Druck, pflegt er zu sagen.
Dzemaili macht Angst davor aus, so zu spielen, wie es sein Team kann. «Wir haben doch nichts zu verlieren», sagt er auch. Vielleicht wird es mit der Zeit eben doch anders beim FCZ, weil eine Mannschaft, die zu diesem Zeitpunkt der Meisterschaft einen solchen Vorsprung aufweist, eben doch etwas zu verlieren hat: den Titel.
Nach der Pause ist der FCZ besser, Dzemaili treibt die Mannschaft nach vorne. Aber sie spielt noch immer nicht so, wie sie es schon so oft gezeigt hat. Das Unentschieden ist das Beste, was ihr darum bleibt.
Ancillo Canepa – einfach nicht wie der «FC Sowieso»
Die Frage nach dem Meistertitel, sie beschäftigt auch Ancillo Canepa, wenn auch eher ungewollt. Es ist, als würde jeder dabei sein wollen, wenn der FCZ-Präsident erstmals dieses Wort in den Mund wird – so oft wird er nach der Partie danach gefragt. Canepa ist gut aufgelegt nach diesem 1:1, «wir sind ruhig, gelassen und cool», sagt er, der eine Punkt gehe in Ordnung.
Es ist tatsächlich ein gerechtes Resultat, auch weil der FCZ nicht eine Leistung abruft wie in den ersten drei Derbys der Saison und Antonio Marchesano erstmals in der Super League einen Penalty verschiesst (nach 13 Treffern). Trotzdem liegen die Zürcher am Samstagabend noch 13 und 18 Punkte vor dem FCB und den Young Boys, die am Sonntag zum Direktduell antreten.
Zum SRF sagte Canepa vor dem Spiel, es sei beim FCZ verboten, von der Meisterschaft zu sprechen. Und auch jetzt, als er auf der Bahn im Letzigrund und im Dauerschnee steht, sagt er: «Solange nicht alles festgemacht ist, will ich nichts davon wissen.» Er wolle, dass weiterhin seriös gearbeitet werde, das gelte auch für die Geschäftsstelle, und wenn einer etwas mache in diese Richtung, ein Meistershirt zum Beispiel, «wird er fristlos entlassen».
Einen kleinen Seitenhieb kann er sich dann aber nicht verkneifen. «Ich habe auch schon Teams erlebt, die fünf Minuten vor Schluss T-Shirts mit der Aufschrift ‹FC Sowieso Schweizer Meister› angezogen hatten und dann in der 93. Minute noch ein Tor kassierten – einen solchen Seich machen wir sicher nicht.» Das «Sowieso» hätte es in diesem Kontext wohl nicht gebraucht. Canepa spielt natürlich auf den 13. Mai 2006 an, als Iulian Filipescu mit seinem 2:1 in der 93. Minute den FCZ zum Titel schoss und der FC Basel seine Meistershirts wieder einpacken musste.
Noah Loosli – sein bestes Spiel für GCEs gibt eine Phase in diesem Spiel, da ist der Schnee besonders dicht und der FCZ meist vor dem GC-Tor. Oft hält der Portugiese André Moreira, einmal glänzend gegen Bledian Krasniqis Abschluss, oft aber kommt auch irgendwo aus dem Gestöber noch ein anderer der Grasshoppers angeflogen.
Alle in der Abwehr haben ihre Szenen, Allan Arigoni und Ayumu Seko zum Beispiel, die meisten aber Noah Loosli. Der 25-Jährige blockt immer wieder Versuche seiner Gegner und zeigt seine beste Partie, seit er im Sommer aus Lausanne zurück nach Zürich kam. GC ist der Verein, bei dem Loosli Junior war und mit 18 sein Super-League-Debüt feierte.
GC fehlt in dieser Partie Georg Margreitter, der gegen den FCZ schon zwei Tore schoss. Der Abwehrchef könnte nach einer Verletzung im Freitagstraining noch mehrere Wochen ausfallen. «Deswegen war es umso erfreulicher, wie sich andere Spieler wie Arigoni, Loosli und Seko in alles reinwarfen, um den Sieg zu verteidigen», sagt Contini. Dass es am Ende keinen Sieg gibt, liegt dann aber doch an einem Eigenfehler: Bendeguz Bolla kann einen Freistoss nicht klären, Fidan Aliti schiesst das 1:1.
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