Walter De Gregorio und die Schweizer Nationalmannschaft: Analysen, Anekdoten und Interviews.
04. Juli 2007
Die Clowns von Zürich
Zur Erinnerung: Als Lucien Favre Anfang Juni den FCZ verlassen hat, um ein besseres Angebot von Hertha BSC Berlin anzunehmen, verhielten sich FCZ-Präsident Canepa und FCZ-Sportchef Bickel wie sizilianische Klagefrauen (die kann man tatsächlich mieten, wenn man das Gefühl hat, es werde an einem Begräbnis zu wenig geweint). Die beiden Zürcher Klagefrauen beklagten den Verlust ihres Meistertrainers, der sich ihrer Ansicht nach "unschön" verabschiedet hatte. Bickel damals: "Nie hätte ich es für möglich gehalten, dass Lucien mich derart an der Nase herumführt." (Vgl. dazu Blog vom 2. Juni: "Zum Abgang Favres.")
Die Zürcher Klagefrauen sind inzwischen in neue Rollen geschlüpft.
In Ovids Metamorphosen werden die attischen Königstöchter Philomela und Procne in eine Nachtigall und in eine Schwalbe verwandelt, die begabte Wollarbeiterin Arachne in eine Spinne, der in sein Spiegelbild verliebte Narcissus in eine Blume. Die Metamorphosen führten die Götter herbei. Die Zürcher Klagefrauen wählten als neue Daseinsform den Clown, die Verwandlung herbeigeführt hat ein gewisser Tico.
Tico ist Fussballer. Er hat sich am 26. Juni mit dem 1. FC Köln geeinigt, er hat die Rückennummer 12 bekommen, seinem alten Klub Orlando Pirates (der Name hätte stuzig machen sollen) wurden dafür 240'000 Euro versprochen. "Tico passt bestens in unser Team", sagte der Manager der Kölner, Michael Meier.
Vier Tage später hat Tico einen zweiten Vertrag unterschrieben, dieses Mal beim FCZ. "Wir fühlen uns von diesem Spieler ganz schön veräppelt", sagt Manager Meier nun.
Die Zürcher Clowns ihrerseits sagen: "Tico passt bestens in unser Team." Und sie versichern, nichts von der Kölner Abmachung gewusst zu haben.
Ich bin mir nicht ganz sicher, welcher Canepa und welcher Bickel mir sympathischer ist: Klagefrau oder Clown - für Lucien Favre jedenfalls ist's eine posthume Rehabilitierung. Er war ein Profi, er ist ein Profi geblieben. Für die FCZ-Führung hingegen gilt, was Grossmutter schon sagte: "Fahr nicht aus der Haut, wenn du kein Rückgrat hast." Als Klagefrauen wirkte ihr Gejammer pathetisch, als Clowns ist ihr Verhalten grotesk.
Tico muss eine Wahnsinnskanone sein, dass zwei europäische Spitzenklubs ihn gleichzeitig wollen, und mit Sicherheit ist er ein ganz integrer Spieler. Offenbar genau das, was die Zürcher Clowns suchten.
4. Juli 2007, 00:45 Uhr
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