Ein letztes Tor für Botafogo
Stürmer André Lima steht vor dem Wechsel zu Hertha BSC
Michael Jahn
BERLIN. Die beiden Schauplätze liegen tausende Kilometer auseinander, exakt sind es 9 380, und dazwischen liegt auch der Atlantik. Es handelt sich um Rio de Janeiro und um Zürich. Beides sind Schauplätze, die zurzeit für die Zukunft des Bundesligisten Hertha BSC von großer Bedeutung sind.
So vermeldeten etwa am Donnerstag Nachrichtenagenturen aus Rio de Janeiro, dass dem Stürmer André Lima in seinem letzten Spiel für Botafogo Rio de Janeiro beim 3:1-Sieg seiner Mannschaft gegen Corinthians São Paulo ein Treffer gelungen sei - unmittelbar vor dem Abflug des 22-Jährigen zu seinem neuen Arbeitgeber Hertha BSC nach Berlin. Der Bundesligist habe sich mit dem Führenden in der brasilianischen Torschützenliste (zwölf Treffer) auf einen Vierjahresvertrag geeinigt. Schon am Freitag, spätestens aber am Wochenende, soll Lima in Berlin die medizinische Untersuchung absolvieren und danach den Kontrakt unterschreiben.
Tränen in Zürich
Etwa zur gleichen Zeit, als Lima für Botafogo traf, soll ein anderer Brasilianer in Zürich bitterlich geweint haben. Der ebenfalls 22-jährige Mittelstürmer Raffael, ein absoluter Wunschspieler von Hertha-Trainer Lucien Favre, erfuhr von seinen Klubchefs, dass er definitiv nicht nach Berlin wechseln darf - jedenfalls nicht in dieser Transferperiode, die am 31. August um Mitternacht endet. Zürichs Präsident Ancillo Canepa hatte seinen Grundsatzentscheid noch einmal bekräftigt: Torjäger Raffael muss bleiben und vorerst seinen Vertrag bis 2011 erfüllen - obwohl Hertha BSC rund 6,1 Millionen Euro Ablöse geboten haben soll und Raffaels Gehalt verdreifachen wollte.
Bei der Vertragsverlängerung in Zürich, die erst vor wenigen Monaten stattfand, hatten auch die Schweizer das Salär von Raffael stark angehoben. Außerdem soll es eine Vereinbarung geben, dass der von Hertha heftig umworbene Angreifer frühestens im Dezember 2008 eventuell eine lukrative Offerte annehmen kann. Nach den Abgängen der Trainer Favre und Harald Gämperle sowie des Nationalspielers Steve von Bergen - die alle vom Schweizer Meister FC Zürich zu Hertha gewechselt sind, wollen die FCZ-Bosse nicht auch noch ihren besten Angreifer nach Berlin transferieren, obwohl der nach der Absage verzweifelt reagiert haben soll. Hertha BSC aber, das mit mehreren Kandidaten verhandelte, konnte nach den Ereignissen in Zürich eine andere Option ziehen.
Fast zeitgleich mit dem kategorischen Nein aus Zürich traf Hertha-Manager Dieter Hoeneß in Rio de Janeiro, wo er sich seit Tagen aufgehalten hatte, die letzten Absprachen mit Botafogo und André Lima. Berlins Bundesligist muss rund 3,5 Millionen Euro zahlen - an den Traditionsklub Botafogo und an den Drittligisten Sampaio Corrêa, der noch die Rechte an dem Stürmer besitzt. Botafogos Vizepräsident Carlos Augusto Montenegro bestätigte: "Es war ein Angebot, das wir nicht ausschlagen konnten. Lima ist einer unserer wichtigsten Torschützen, auch wegen seiner guten physischen Verfassung hatte er das Interesse mehrerer Klubs aus Europa geweckt." Auch der VfL Wolfsburg und Racing Santander hatten sich um Lima bemüht.
Hertha-Trainer Lucien Favre wollte den Transfer am Donnerstag noch nicht bestätigen. "Ich habe Lima auf einer DVD mit seinen Highlights gesehen und auf einer DVD in einem 90-Minuten-Spiel. Er besitzt Qualität. Manager Hoeneß hat ihn zudem zweimal live erlebt. Er ist eine Möglichkeit."
Offenbar kann sich Favre immer noch nicht hundertprozentig mit der Absage aus Zürich für Raffael abfinden, denn er sprach geheimnisvoll von "verschiedenen Optionen" und von "Spielern, auf die wir auch langfristig schauen".
Das Szenario könnte sich bald so abspielen: Hertha BSC verpflichtet am Wochenende Lima und wird versuchen, dessen Landsmann Raffael zu einem späteren Zeitpunkt nach Berlin zu lotsen. Vielleicht wird Hoeneß schon im Winter in Zürich erneut vorstellig.
Fakt ist nur: Lima und Raffael kann Hertha BSC in diesen Tagen bis zum 31. August nicht beide verpflichten, dafür reichen die finanziellen Mittel nicht aus.
http://www.berlinonline.de/berliner-zei ... 80562.html
