Beitragvon nihilate » 02.03.06 @ 14:42
Herzlich Willkommen, moderner Fussball!
Pünktlich zur Saison 06/07 wird im Herzen der Fussballstadt London das Emirates Stadium fertiggestellt. Der Londoner Traditionsverein Arsenal F.C. wird dort seine Heimspiele bestreiten. Das altehrwürdige Highbury, welches seit 1913 besteht, hat ausgedient. Es hatte einst seinen Stadionnamen von einem Stadtteil im londoner Stadtbezirk Islington bekommen. Dass Fussballstadien ihre Namen von Stadtteilen oder Bauwerken erhalten, kennen wir auch von der Schweiz. Nur um wenige zu erwähnen: St. Jakobspark, Hardturm oder auch unser Letzigrund (benannt nach der Letzimauer, dem früheren Verteidigunsring der Stadt Zürich). Mit solchen Stadionnamen kann sich jeder Fussballfan identifizieren, stammen sie doch von der Vergangenheit der jeweiligen Stadt ab.
Höre ich nun allerdings den Namen Emirates Stadium, so denke ich sofort an die VAE. Ich kann die Verknüpfung zum Fussballclub Arsenal nicht finden. Was haben die Vereinigten Arabischen Emirate mit Arsenal gemeinsam? Nun, eigentlich gar nichts. Erst auf den zweiten Blick wird klar: Der Stadionname muss von der arabischen Fluggesellschaft Emirates abstammen. So ist es effektiv. Das Unternehmen hat den Bau dieses Fussballtempels massgeblich unterstützt und sich dabei die Namensrechte für dei nächsten 15 Jahre gesichert. Dieses Phänomen ist seit geraumer Zeit vorallem in Deutschland sehr verbreitet. In der Bundesliga wird nicht mehr in den wohlklingenden Stadien wie z.B. dem Niedersachsenstadion, Waldstadion oder Volksparkstadion gespielt, heutzutags finden die Fussballfeste in Stadien wie der AOL-Arena, der Commerzbank-Arena, der AWD-Arena oder der Allianz-Arena statt.
Bis anhin verfolgte ich diese Entwicklung bei unserem nördlichen Nachbarn recht teilnahmslos, jedoch ein wenig skeptisch. Dann kam die allseits bekannte Geschichte mit Red Bull Salzburg stieg. Die Angst stieg. Was wenn das gleiche Prozedere einem schweizer Verein widerkehrt?
Heute platzte die Bombe. Der schweizer Cup heisst bereits Swisscom-Cup, die Liga nennt sich auch schon AXPO Super League, doch die Stadionnamen blieben bisher verschont. Bis zum heutigen Tag zumindest, bis zu dem Zeitpunkt, als bekannt wurde, dass das eigentlich schmucke Stadion, welches in St. Gallen gebaut wird, AFG Arena, benannt nach der Schweizer Baurüstungsfirma Arbonia-Forster-Holding AG, heisst.
Nun, wir müssen auch in der Schweiz lernen, mit dem modernen Fussball zu leben. Es ist leider nun mal so, dass der heutige Fussball nur mit diesen enormen Sponsorenbeiträgen überleben kann. Die Trikots der Spieler sind überbepflastert mit Werbungen. Wir als einfache Fussballfans werden dazu gezwungen zuzuschauen, wie alles kommerzialisiert wird und die Vergangenheit der Fussballvereine leichtfertig fortgeworfen wird. Willkommen im modernen Fussball!
Wenn ich das Mannschaftsfoto unserer Meistermannschaft vom Jahre 1974 betrachte oder Bilder von René Botteron mit seiner Haarpracht sehe, schaue ich wehmütig auf vergangene Zeiten, als das Trikot noch wirklich weiss war und als die Fussballstadien noch keine integrierten Einkaufszentren benötigten...
nihilate