Schon fast eine Liebeserklärung an Becir. Von der NZZ. Wow!
Das FCZ-Juwel Becir Omeragic ist mit 18 Jahren schon Nationalspieler – er erleuchtet den FCZ mit Intelligenz und Eleganz
Der junge Innenverteidiger Becir Omeragic ist für den FC Zürich ein heller Stern im sonst so tristen Coronaherbst. Mit seiner Spielweise erinnert er an Fabian Schär oder Virgil van Dijk.
Stephan Ramming
23.12.2020, 05.00 Uhr
Manchmal muss man zwei Mal hinschauen, um den eigenen Augen zu trauen. War dieser plötzliche Diagonalpass, punktgenau über fünfzig Meter geschlagen, nicht von Fabian Schär? Oder dieses Tackling – das kann nur Sergio Ramos sein, der da den Ball mit knackigem Rempler und kühler Körpertäuschung erobert. Die Frisur stimmt zwar nicht, aber dieser Pass, der unerwartet einen völlig neuen Raum öffnet, kennt man das nicht von Virgil van Dijk?
In den letzten Wochen gab es einige solcher Momente, in denen sich der Beobachter in den Arm kneift, um sicherzugehen, dass sich nicht Schär, Ramos oder van Dijk auf den Rasen im Letzigrund geschlichen hatten. Denn es waren ja die Spieler des FC Zürich, die sich da den Ball hin und her schoben, manchmal ansehnlich, dann wieder weniger, in der trüben Atmosphäre des grauen Corona-Herbstes ohne Publikum. Doch es gab eben auch diese Augenblicke, erleuchtet wie von einem hellen Stern. Sein Name: Becir Omeragic.
Tag für Tag, Spiel für Spiel
«Oh, merci beaucoup für das Kompliment», sagt Omeragic durch seine Schutzmaske. Er erhebt sich vom Klappstuhl auf der Tribüne in der Zürcher Saalsporthalle am Ende des Gesprächs. Eine halbe Stunde hat der 18-Jährige über sich, seinen schwierigen Weg als 16-Jähriger von Genf nach Zürich gesprochen, über die Angewöhnung an die neue Umgebung, die fremde Sprache, das Leben als hoch veranlagter Innenverteidiger. Omeragic redet, wie er spielt – ruhig, reflektiert, gleichzeitig neugierig wie ein junger Mensch, der die Welt entdeckt und weiss, dass es möglichst viel zu lernen gilt.
«Becirs Technik, Spielübersicht oder sein Antizipationsvermögen machen einen Teil seines Talentes aus», sagt der FCZ-Trainer Massimo Rizzo, «er ist mutig, dazu kommen aber auch sein Lernwille und die Fähigkeit, Hinweise und Ratschläge im Spiel umzusetzen – gleichzeitig ist Becir ein fröhlicher, ausgeglichener junger Spieler mit einem gesunden Umfeld, den niemand auf den Boden herunterholen muss.» Auch dann nicht, wenn er wie im Oktober im Schweizer Nationalteam gegen Kroatien während 90 Minuten debütiert und als einer der jüngsten Nationalspieler zu seinem Klub zurückkehrt.
Omeragic erzählt über die Freude, als er seinen Namen im Aufgebot von Vladimir Petkovic las. «Es hatte schon in den Wochen davor einige Gespräche mit Petkovic und Leuten aus dem Staff gegeben, aber ich war dennoch überrascht.» Der 18-Jährige hat die U 21 übersprungen, über die Erfahrung im A-Team sagt er: «Ich war nervös und etwas gestresst in den ersten Trainings.» Petkovic habe ihm vor dem Debüt vor allem geraten, ruhig zu bleiben, locker, sich keinen Stress zu machen. «Was taktisch auf dem Platz zu tun ist, wird einem von erfahrenen Spielern wie Xhaka, Schär oder Rodriguez schon gesagt.» Petkovic war angetan von Omeragics Premiere und bot ihn auch für die drei Spiele im November auf.
Der Nationaltrainer sagt: «Becir ist ein junger Spieler auf dem besten Weg, natürlich kann er sich noch verbessern – ohne grosse Gedanken an die Zukunft, in den Spielen mit dem FCZ. Für einen 18-Jährigen ist er schon ziemlich weit. Jetzt muss er bestätigen, was er bisher gezeigt hat, Tag für Tag, Spiel für Spiel, und dann den nächsten Schritt machen.» Der nächste Schritt wäre der Wechsel ins Ausland. Das sei noch kein Thema für ihn, lässt Omeragic durchblicken.
Schmerz, Tränen, Angst
Seine Entwicklung verlief bisher rasend schnell. Noch keine 40 Meisterschaftsspiele hat er absolviert, bereits ist er dreifacher Nationalspieler. Doch was von aussen wie der Höhenflug eines Frühstarters aussieht, ist mit viel Arbeit und auch mit Rückschlägen verbunden. «Es waren die Schmerzen, aber auch Angst, dass es vielleicht vorbei sein könnte mit meinem Traum», sagt Omeragic über die Tränen, als er mit 16 Jahren kurz nach der Ankunft im FCZ einen Wadenbeinbruch erlitt und heulend auf der Ersatzbank zusammensank. Er habe danach viel über seinen Körper gelernt, sei mental stärker geworden.
Man sieht es auf dem Platz. Elegant, handlungsschnell, intelligent. Wie Schär, Ramos, Van Dijk.