Balsam für die Erschütterten
FC Zürich bewährt sich im Abstiegskampf - 2:1 gegen Wil
tho. Der FC Zürich verabschiedet sich im nationalen Championat langsam aus den hinteren Tabellenregionen. Nur drei Tage nach der dramatischen Niederlage gegen den Stadtrivalen im Cup-Halbfinal hat der FCZ zumindest resultatmässig wieder Gegensteuer geben können. Gegen den aufsässigen FC Wil konnten die Zürcher zwar in keiner Phase glänzen, doch das war im Letzigrund nach dem Schlusspfiff und dem 2:1-Erfolg allen ziemlich egal. Der Sieg in diesem wichtigen «Sechs-Punkte-Spiel» gegen einen direkten Konkurrenten im Abstiegskampf brachte entspanntere Züge in Trainer Lucien Favres Gesicht zurück.
Trotzdem mochte der Romand nicht leugnen, dass die unfassbaren Ereignisse vom letzten Mittwoch noch ziemlich stark nachwirken. Allen feinfühligen Gesprächen mit den Spielern zum Trotz sei die Verarbeitung des Cup-Dramas noch nicht abgeschlossen, sagte Favre, die Niederlage stecke nach wie vor noch in den Köpfen der Spieler drin. Eine gewisse Verunsicherung war den Zürchern gegen die kompakt stehenden, aber doch recht hausbackenen Ostschweizer denn auch latent anzumerken. Sowohl zu Beginn der Partie, als der Stadtklub den Rhythmus nicht fand und ihm kaum Zusammenhängendes gelingen wollte. Aber auch nach dem sehenswerten Führungstreffer durch Gygax, der eine schöne Kombination über die Stationen Petrosyan und Keita überlegt abschloss (42.), riss der Platzklub die Kontrolle des Geschehens nicht wirklich energisch an sich. Hätte Taini kurz vor der Pause gegen den allein durchgebrochenen Callà nicht erfolgreich interveniert, wären die Zürcher gar ohne «Polster» in die Pause gegangen.
Dass sich der Vorsprung schliesslich aber doch in Luft auflöste, lag an einer strengen und umstrittenen Entscheidung von Schiedsrichter Nobs, der in einem Rencontre zwischen Pallas und Nushi ein Foul des Zürcher Aussenbacks entdeckt haben wollte und gegen die Zürcher einen Strafstoss verhängte. Der Brasilianer Rogerio verwandelte den Penalty sicher zum 1:1 und schloss damit die stärkste Phase der Ostschweizer standesgemäss ab. Die FCZ-Fans aber kochten ob der Entscheidung des Referees vor Wut und spannen Verschwörungstheorien - nicht ganz unverständlich aufgrund der jüngsten Vorkommnisse.
Zum Glück für die Zürcher konnten die Wiler nach dem Ausgleich nicht verbergen, dass ihnen der Cup-Fight gegen St. Gallen vor nicht einmal ganz drei Tagen noch in den Knochen steckte. Der FCZ vermochte das Tempo nochmals leicht zu erhöhen, was sich in einigen vielversprechenden Szenen vor Wil-Keeper Beney niederschlug. Zählbares schaute indessen erst heraus, als Favre die Eingebung hatte, vor einer Freistoss-Flanke Tarones noch einen Wechsel vorzunehmen. Er beorderte für den glücklos kämpfenden Keita den Nachwuchsstürmer Stanic aufs Feld, der nach einem Sprint von der Ersatzbank in den gegnerischen Strafraum gleich per Kopf den Siegtreffer erzielte. Es war der erste Treffer des U-19-Auswahlspielers im Fussball-Oberhaus und wohl das schönste Geschenk für das FCZ-Eigengewächs einen Tag nach dessen 19. Geburtstag.
Dass der FCZ in der Folge den Sieg nicht ganz stilsicher über die Zeit zitterte, störte im Letzigrund letztlich niemanden mehr. Nach dem verunglückten Herbst ist die Ausbeute von 10 Punkten aus vier Meisterschaftsspielen seit der Winterpause für den FCZ in der Tat eine ausgezeichnete Bilanz. Er ist damit neben den Grasshoppers der fleissigste Punktesammler der zweiten Saisonhälfte. In der Zürcher Fussball-Szene wittert man so etwas wie Frühlingsluft.
quelle: nzz online