Stephan Keller in der Sonntagszeitung

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Philippescu
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Stephan Keller in der Sonntagszeitung

Beitragvon Philippescu » 18.01.04 @ 13:08

Beim FCZ auf dem Abstellgeleise

Verteidiger Stephan Keller ist bei den Zürchern im Moment nicht mehr erwünscht

VON BERNHARD BRUNNER (www.sonntagszeitung.ch)

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ZÜRICH Er sagt, dass er ein gradliniger Kerl sei, der für seine Haltungen einstehe, und bereit sei, allfällige Konsequenzen zu tragen. Er sagt, dass er viel höhere Erwartungen habe an sich selber, als der FC Zürich je haben könne. Er sagt, dass ein Innenverteidiger bei einem Gegentor immer «zwischen einem und hundert Prozent» mitschuldig sei. Er sagt, dass er gerne Verantwortung übernehme, gerne führe, aber im letzten halben Jahr auch gemerkt habe, dass ein Chef Unterstützung brauche. Er sagt auch, dass er eine «Scheissvorrunde» gespielt habe, aber «nicht alles nur schlecht» gewesen sei. Und er sagt nach dem letzten halben Jahr vor allem, dass Trainer Lucien Favre und er «grundverschiedene Typen» seien.

Stephan Keller ist (noch) angestellter Verteidiger des FC Zürich, seit dem 6. Januar allerdings freigestellt, weil ein «Beziehungsproblem» bestehe und Keller in der Mannschaft ein «Fremdkörper» sei - so oder ähnlich tönen offizielle Stellungnahmen. Fredy Bickel, seit Mitte Dezember letzten Jahres Sportchef, räumt ein, «das Problem anfangs unterschätzt» zu haben, betont aber, dass es wohl das Beste sei, der FCZ und Keller würden für eine Zeit lang getrennte Wege gehen.

Der FCZ ist bereit, ihn ohne Leihgebühr einem anderen Klub zu überlassen

Spricht man mit Keller, bestätigt sich dieser Eindruck. Nach allem, was vorgefallen ist, mag auch der Innenverteidiger nicht mehr für die Zürcher spielen, stösst sich allerdings daran, dass «andere diagnostizieren, dass ich beim FCZ nicht mehr glücklich bin». Versuche Bickels, die Beziehung zwischen dem Ex-Captain und Trainer Favre zu kitten, sind fehlgeschlagen, an einer Sitzung mit den beiden Kontrahenten an jenem Dienstag seien laut Bickel «kaum zwanzig Worte» gefallen. Der FC Zürich ist nun bereit, Keller ohne Leihgebühr für ein halbes Jahr oder gar länger - sein Vertrag läuft bis 2005 - einem anderen Klub zu überlassen. Verhandlungspunkt ist die Lohnsumme, die vom neuen Arbeitgeber ganz oder zum Teil übernommen werden muss.

Es versteht sich von selbst, dass die Zürcher - mit 14 Punkten auf dem letzten Platz der Super League - nicht daran interessiert sein können, vor ihnen liegende Vereine wie Xamax, Wil, St. Gallen oder Thun im Kampf um den Abstieg zu alimentieren. Und auf der anderen Seite betont Keller, «nur bei einem ambitionierten Klub» spielen zu wollen. In der Schweiz, bei GC oder Basel? Nicht so einfach, weil die Positionen besetzt scheinen. Im Ausland? Wohl am wahrscheinlichsten. Keller findet die 2. Bundesliga oder die First Division in England beispielsweise «eine Möglichkeit». Wenn er im Sommer zum FCZ zurückkehre (dies wohl nur, wenn Favre nicht mehr Trainer ist), wolle er dies «aus einer gestärkten Position» tun.

Fehlende Unterstützung des Trainers und widersprüchliche Aussagen
Keller sitzt, Energie versprühend mit schwarzem Käppi auf dem Kopf, da und erzählt von der mangelnden Unterstützung seitens des Trainers, von «Widersprüchlichkeiten in Aussagen, die ich nur schwer akzeptieren kann». Lange habe er versucht, als Captain «Puffer» zwischen der Mannschaft und dem Trainer zu spielen, irgendwann sei das aber nicht mehr gegangen. Keller wischt nicht unter den Tisch, dass er nicht immer gut gespielt hat, und er sagt auch, dass er sich schon vor der Derbyniederlage gegen GC überlegt habe, «aus eigenem Antrieb» die Binde des Captains weiterzureichen.

Keller wird Ende Mai 25 Jahre alt, er hat bei der U-21-EM im eigenen Land 2002 überzeugend gespielt und ist mit der Mannschaft bis in den Halbfinal vorgedrungen und danach nahe daran gewesen, in die Bundesliga zu Hamburg zu wechseln. Er ist Integrationsfigur gewesen beim FCZ, hat leidenschaftlich immer wieder versucht, die Zürcher aus den diversen Tiefs zu führen. Aber seine Art, sein Spiel mitunter auch, polarisiert. Das muss nichts Schlechtes sein, aber er muss nun beweisen, wie gut er als Fussballer tatsächlich ist, und er scheint den Ehrgeiz zu haben, dies herausfinden zu wollen.

Am Tag der Entlassung liess man Keller auf dem Velo sitzen

Als Bickel an jenem Dienstag, dem Dreikönigstag, dem Tag der Entlassung, vor der Mannschaft in der Kabine eine Ansprache hielt, sass Keller vor dem Training im Kraftraum auf dem Velo und strampelte. Es sei ein Vorsatz für das neue Jahr gewesen, sich «auf das Wesentliche zu konzentrieren». An jenem Dienstag bereits hat schon niemand mehr Keller vom Trainingsgerät an die Sitzung geholt. Es scheint schon da klar gewesen zu sein, dass sein Weg demnächst vom Letzigrund wegführt.


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