Aus rotblauer Sicht
Fetz-CBee
Von Freddy Widmer*
Bitte neu jetzt in Zürich keine falschen Vorstellungen: Basel denkt nicht sieben mal vierundzwanzig Stunden ans Runde und ans Eckige; auf die Idee etwa, darüber nachzudenken, was Basel vom heutigen Mittwochabend im schönen Zürcher Leichtathletikstadion halten solle, auf diese Idee kommt Basel nicht; kommt nur ein geplagtes Fussball-Zürich. Und um ein zweites Mal nicht missverstanden zu werden: Basel trieft nicht vor Schadenfreude über die zweifache blauweisse Misere; Basel ist auch nicht durchtränkt von Mitleid; aber schon gar nicht begreift Basel diese Hysterie rund um den Hardturm; kann doch vorkommen, passiert doch jedem Verein; hätte doch weitermachen können, der Koller, wird garantiert wieder gut. Wie es garantiert auch in Basel wieder mal weniger gut sein wird. Wer könnte kompetenter mit GC mitfühlen als unsere Stadt, die 20 Jahre lang nicht wusste, wie man Fussball buchstabiert, geschweige denn spielt.
Denken wir trotzdem darüber nach, was wir von diesem FCZ - GC könnten erwarten wollen. Obwohl: Eine Wahl haben wir ja nicht wirklich. Die Wahl hatten wir vor zehn Tagen; wir haben deutlich ausserschweizerisch gewählt: Von sechs möglichen Räten schicken wir schwarzweissen Stadtbasler zwei linke Männer und zwei linke Frauen nach Bern. Möglich, dass der rotblaue St.-Jakob-Park allein etwas anders wählen würde; dass man im Stadion unter «links» und unter «rechts der Mitte» aber nur an Atouba und an den kleinen Yakin dächte, wäre allerdings eine unzulässige Unterstellung. Denn dort, wo Fussball (und Lachs und Weisswein) hinter Glas goutiert wird, sitzen auch politisch denkende Fans; wenn auch nicht unbedingt jene, die am Wahlsonntag gewonnen haben.
Aber auch politische Gewinner-Innen sitzen gern dort, wo sportlich gewonnen wird. Einen Stock tiefer etwa Ständerätin Anita Fetz, SP, Block A, Dauerkarte, roter Schal, daneben Lebenspartner Fritz, rotblaues Gilet. Für Ausserbasler: Anita Fetz ist jene Frau, die das rote T-Shirt mit dem weissen Kreuz drauf nationalratssalonfähig gemacht hatte. In der Nordwestschweiz selbst muss man niemandem sagen, wer Anita Fetz ist; hier ist sie vor Patty Schnyder die zweitbekannteste Frau. 27 521, ein fast ausverkauftes Joggeli haben sie gewählt.
Die bekannteste Frau der Nordwestschweiz sitzt im Stadion ein Stockwerk höher, neben dem FCB-Präsidenten; ob auch Gigi Oeri rot gewählt hat? Rot und Rotblau, zugegeben, sind nicht unbedingt kompatibel; in der Führungscrew des FCB sind Gewerkschafter eher die Minderheit. Der heutige FCB ist einer jener potenten Vereine, welche die Trainerweisheit, wonach Geld keine Tore schiesse, mit aller Macht widerlegen. Anita Fetz wird sich wohl eher an der real existierenden produktiven Arbeitsleistung des FC Basel ergötzen als an seinem Unternehmensmodell.
Zurück nach Zürich und zum heutigen Match. Wenn wir die Wahl hätten, einem von beiden das Verlieren zu wünschen, dann wären wir im Dilemma. Denn aus dem Wahlresultat wäre zu schliessen, dass uns der nicht so noble FC Zürich näher ist als die ach so noblen Grasshoppers. Als engste Rivalen aber hätten wir dann doch lieber wieder den Grasshopper-Club; weil uns dieser kein bisschen Leid täte, wenn er vom FCB in Grund und Boden gespielt würde. Also: FCZ oder GC? Die nächste Wahl ist immer die schwerste.
* Freddy Widmer ist Redaktor der «Basler Zeitung»; in den Siebziger- und Achtzigerjahren im Ressort Sport
Quelle: tagi