NZZ vom 27.10.03
Der FCZ tankt Zuversicht
3:1-Sieg gegen harmlose Xamaxiens
Lang ist es her, seit wieder einmal so viele zufriedene Gesichter den Letzigrund verliessen: Um genau zu sein, schrieb man den 3. September. Damals hatten die Zürcher letztmals eine Meisterschaftspartie gewonnen (4:0 gegen Thun), seither erlebten sie einen furchtbar erfolglosen Herbst mit 4 Niederlagen de suite und dem Absturz ans Tabellenende. Fürs Erste ist diese miserable Serie beendet, der FCZ gewinnt wieder. Der 3:1-Sieg gegen Xamax war hochverdient, die Zürcher zeigten seit langem wieder einmal einen beherzten und engagierten Match, als Antrittsgeschenk für den unter der Woche eingesetzten Teamcoach Urs Fischer sozusagen, der seinen Einfluss auf die gebotene Leistung der Mannschaft allerdings bescheiden herunterspielte. Auch der sichtlich zufriedene Präsident Hotz liess sich zu Fischer und dessen Anteil am Sieg nur so viel entlocken: «Jetzt darf er bleiben.»
Die Zürcher, bei denen der junge Dzemaili erstmals statt in der Abwehr im Mittelfeld und Chihab als zweite Sturmspitze neben Keita auflief, hatten das Spiel recht druckvoll begonnen, schon bald erste Chancen herausgespielt - und ausgelassen, was halt doch ein bisschen Nervosität schürte. Nur gut, dass die Xamaxiens sich als noch etwas stärker verunsichertes Team erwiesen und nicht einmal ansatzweise Druck auf die Zürcher ausüben konnten. Der Befreiungsschlag des FCZ gelang dann nach gut dreissig Minuten ausgerechnet dem zuletzt schwachen Stürmer Keita, der ein bisschen Freiraum vor dem 16er zu einer gekonnten Drehung und einem satten Schuss aus 20 Metern zur 1:0-Führungs nutzte.
Richtig in Sicherheit wähnte sich der FCZ erst nach dem zweiten Treffer durch Iodice, der vor wenigen Tagen noch für kurze Zeit aus dem Fanionteam verbannt worden war, nach einem leicht abgefälschten Freistossball (60. Minute). Dass er auf seiner persönlichen Jubeltour schnurstracks in Richtung Seitenlinie zu Favre sprintete, lässt auch auf eine Bereinigung dieser zeitweiligen Unstimmigkeit innerhalb der Mannschaft schliessen. Überhaupt trat der FCZ wieder einmal wohltuend klar als Einheit auf und liess bezüglich Engagement keine Wünsche offen. Dabei tat sich insbesondere Chihab hervor. Belohnt wurde der Maghrebiner in der letzten Minute, in der er seine feine Leistung mit einer herrlichen Direktabnahme zum Schlussresultat krönte. Zuvor hatten es die Zürcher kurzfristig noch einmal spannend gemacht und nach einem Fehler Kellers den Anschlusstreffer der Neuenburger zugelassen. Mehr hatte sich Xamax, bei dem Mangane zu allem Übel nach einem Zusammenprall minutenlang bewusstlos liegen blieb und ins Spital übergeführt werden musste, allerdings nicht verdient. Letztlich hätte der FCZ-Sieg angesichts der zahlreichen Chancen auch noch höher ausfallen können (oder müssen). Doch gerade bei den zahlreichen Kontervorstössen zum Ende der Partie zeigte sich Keita mehrfach als zu egoistisch. Er scheint die in diesen Tagen im Letzigrund oft gehörten Sätze in der Art von «Das Wichtigste ist das Team» noch nicht ganz verinnerlicht zu haben. Aber egal. Auf jeden Fall hat der Stadtklub just vor dem Derby gegen die Grasshoppers am nächsten Mittwoch Zuversicht getankt. Auf den Hinweis, dass der FCZ den Meister mit einem Sieg in der Tabelle überholen und damit die Nummer 1 werden könnte, antwortete Favre zurückhaltend: «Ich weiss.» Im gesamtschweizerischen Vergleich ist derzeit die Vorherrschaft auf dem Platz Zürich eben nicht mehr allzu viel wert.