GC ist finanziell am Boden
Die neue CS-Connection beim Grasshopper-Club muss 30 Millionen Franken auftreiben
VON ROGER MüLLER
Zürich - «Ich will mit Ihnen die Situation bei GC jetzt nicht diskutieren. Zuerst wollen wir Leistung sehen, bevor wir uns wieder äussern.» Der neue Präsident des Zürcher Grasshopper-Clubs und Chef von Credit Suisse Leasing Thomas Gulich, hat offensichtlich komplett auf Abwehr umgeschaltet, nachdem der Schweizer Rekordfussballmeister in die schwerste Krise seit Jahren gerutscht ist.
Die Mannschaft wurde letzte Woche kurzerhand in die Klausur nach St. Moritz geschickt. Dort soll sie über den mickrigen siebten Tabellenplatz und die letzten drei Niederlagen (Torverhältnis 1:11) brüten, bevor am 24. September das nächste kapitale Spiel ansteht: die Uefa-Cup-Partie gegen Hajduk Split.
Die sportliche Misere könnte zu keinem schlechteren Zeitpunkt kommen. Das neue Stadion, von dem sich der Klub deutliche Zusatzeinnahmen erwartet, ist im besten Fall im Frühling 2007 bezugsbereit. Die Financiers Rainer Gut und Fritz Gerber steigen aber bereits Ende dieser Saison aus. Wer danach die Löhne der Spieler bezahlt, ist im Moment völlig offen. «Der Verwaltungsrat und die Aktionäre sind intensiv auf der Suche», sagt Präsident Gulich.
GC rechnet mit einem Defizit von sechs Millionen Franken pro Saison, das neue Geldgeber decken müssen. Das Problem ist aber weniger die Defizitgarantie als vielmehr das Bezahlen der laufenden Forderungen der Spieler. Die dürften in der gut dreijährigen Übergangszeit bis zur Saison 2007/08 total gegen 30 Millionen Franken ausmachen. Die laufenden Zahlungen wurden bisher von Rainer Gut und Fritz Gerber übernommen. Das 26 Mann starke Kader gehört einer separaten Aktiengesellschaft, der GC Football Players AG.
Zu den Spieleraufwendungen gehören nicht nur die Löhne und Prämien des 26 Mann starken Kaders, sondern auch die Unfall- und Sportinvaliditätsversicherungen der Berufssportler. Wegen des Verletzungsrisikos verlangen private Versicherungen im Fall GC die deutsche Gerling hohe Prämien, teils bis zu 25 Prozent eines Jahressalärs. Das Kader kostet so schnell einmal gegen 10 Millionen Franken pro Jahr. Die Fussball AG konnte die Spieler bisher für jeweils eine Million pro Saison mieten.
Von einem Sponsoring-Ausstieg redet gegenwärtig noch niemand
Ein zweites Problem neben dem Abgang der Mäzene ist, dass zum Saisonende ein Dutzend Sponsorenverträge auslaufen. Nicht zuletzt für die Neuverhandlungen dürfte Gulich seinen CS-Kollegen Urs Wyss als neuen GC-Geschäftsführer verpflichtet haben. Wyss leitete die weltweiten Sponsoringaktivitäten der Bank.
Zu den auslaufenden Verträgen gehört derjenige mit dem Hauptsponsor Cablecom. Die finanziell angeschlagene Firma macht auf Anfrage die Schotten dicht: «Über Motivation, Ziele und die Ausrichtung unserers Sponsorings bei GC möchten wir keine Auskunft geben», lautet die schriftliche Antwort. Immerhin heisst es weiter: «Wir haben sehr viel Freude an unserem Engagement für diesen Klub.»
Mehrere Grosssponsoren betonen, dass es noch zu früh für Erneuerungsgespräche mit GC sei. Zuerst müssten interne Entschlüsse über das zukünftige Sponsoring gefällt werden. Von einem Ausstieg wollte jedoch auch noch niemand reden, dafür von mehr Leistung für das gleiche Geld.
Drittens will und muss der Klub ins neue Trainingszentrum für den Nachwuchs investieren. Zum in Niederhasli geplanten GC-Camp trägt die Stadt Zürich zwar vier Millionen Franken bei. Und Werner H. Spross, der eingefleischte Fan und langjährige Mäzen der Grasshoppers, liess sich überreden, eine weitere Million zu spenden. «Den Rest zahlt aber der Klub», sagt Thomas Gulich.
Bisher ging GC von bis zu 20 Millionen Franken für den Bau der ganzen Anlage aus für Spielfelder, Gardero- ben, medizinische Infrastruktur. Gulich schränkt ein: «Die Ausstattung hängt am Schluss von den finanziellen Möglichkeiten des Klubs ab.» Die Anlage sollte im Frühjahr 2005 fertig sein.
Für die Nachwuchsförderung hat die prominente GC-Fangemeinde den Griffith-Club aus der Taufe gehoben. Initiant und Präsident der neuen Gönnerorganisation ist Headhunter Björn Johansson. Für den nach dem GC-Mitbegründer Tom E. Griffith benannten Klub stand auch Fifa-Präsident Sepp Blatter Pate.
Für das Patronatskomitee liess sich die Kommunikationsexpertin Beatrice Tschanz gewinnen, früher bei der Swissair und noch bis Anfang Oktober bei der Medizinaltechnikfirma Centerpulse tätig. Tschanz soll dank ihren Beziehungen auch den Nachwuchs bei den Gönnern akquirieren helfen.
Geld soll der CS die Mantelnutzung des neuen Stadions bringen
Dass der Grasshopper-Club finanziell überlebt, daran hat die Credit Suisse ein Interesse. «Es gibt keinen Zusammenhang zwischen dem Sponsoring bei GC und unserer Investition ins Stadion Zürich», wehrt Banksprecherin Ruth Stadelmann zwar ab. Die Rendite auf dem Immobilienengagement komme von der Mantelnutzung, also vom Hotel, den Restaurants und vom Einkaufszentrum. Offensichtlich ist jedoch, dass die Mietpreise für die Mantelnutzung von der Attraktivität der Kernnutzung abhängt, und das ist der Fussball. Stadelmann sagt immerhin: «Wir haben ein Interesse, dass es beiden Klubs, GC und FCZ, gut geht.
Die wachsende Präsenz von aktuellen und ehemaligen CS-Managern bei GC fällt auf. Thomas Gulich ist neu Präsident der Fussball AG, Urs Wyss wird neu Geschäftsführer. Und der jetzige Rentenanstalt-Chef, und Ex-CS-Topkadermann Rolf Dörig steigt vom Vorstandsmitglied der Fussballsektion zum Zentralpräsident aller Sektionen von GC. Alles Zufall, sagt die CS.
http://www.sonntagszeitung.ch/dyn/news/ ... 08545.html