Beitragvon C.D.M. » 01.10.09 @ 12:28
Fussball: Nachzug zu Milan - Zürich (1)
Bern (awp/sda) - "Perfektion des Negativen"
von Stefan Wyss (Si), Mailand
(Si) Milan erreichte beim 0:1 gegen den FCZ den Tiefpunkt. Die Medien machen den Mailändern und ihrem Coach Leonardo den Prozess, denn der FCZ ist schliesslich "die Bande, die gegen Real Madrid fünf Tore kassierte."
Luxemburg, Zürich. Ein Jahr nach dem Desaster der Schweizer Nationalmannschaft gegen das Team aus dem Grossherzogtum erlebte auch die AC Milan ihr "Luxemburg". Die Mailänder bezogen gegen den FC Zürich eine Niederlage, die jenseits der (eigenen) Vorstelllungskraft gelegen hatte. Die italienischen Zeitungen sparten am Tag danach nicht mit (negativen) Superlativen. "Milan ist auch im Europacup am Tiefpunkt angelangt", schrieb die Gazzetta dello Sport. Bisher habe Milan in der Champions League, mit der "mystischen Hymne" in den Ohren, sein Niveau jeweils steigern können. "Aber jetzt ist die Musik zu Ende."
Natürlich vergleichen die italienischen Medien den FC Zürich nicht mit Luxemburg. Vergleiche aus der Vergangenheit haben sie trotzdem zur Hand. Die Gazzetta erinnert an das Jahr 1996, als Milan unter Arrigo Sacchi gegen Rosenborg Trondheim zuhause verlor und in der Gruppenphase ausschied. Es war die schlechteste Saison der Ära Berlusconi. Die Meisterschaft beendete Milan auf Platz 11, die Position, welche die Mannschaft auch jetzt belegt.
"Unentschieden gegen Bari, Niederlage gegen Zürich. Das können wir uns nicht leisten", sagte Verteidiger Alessandro Nesta. In Mailand wissen sie, dass sie nicht gegen Manchester United oder den FC Barcelona verloren haben. Die Gazzetta attestiert dem FCZ zwar "viel Laufbereitschaft, athletische Vorzüge und einige gute Individualisten". Sie erinnert den Leser aber auch daran, dass dies "die Bande ist, die gegen Real Madrid fünf Tore kassierte."
Gajic war der Beste
Mit Lob decken sie den FCZ trotzdem ein. Zwei Wunder habe Johnny Leoni gegen Filippo Inzaghi auf den Rasen gezaubert, Tico sei eine Mauer gewesen und Tihinen habe ein Tor geschossen, um das ihn selbst Zlatan Ibrahimovic oder Gianfranco Zola beneiden. Über alle stellen die Zeitungen aber Milan (was für ein Vorname...) Gajic. "Er war der Herrscher des Mittelfeldes", urteilte der Corriere dello Sport.
Höher kommt der 22-jährige Serbe im Ranking wohl nie mehr. Andere Mittelfeldspieler hiessen an diesem Abend immerhin Andrea Pirlo, Clarence Seedorf, Massimo Ambrosini oder Ronaldinho. Gerade das Mittelfeld von Milan habe eine erste Halbzeit geliefert, welche die "Perfektion des Negativen" (Gazzetta dello Sport) gewesen sei.
Leonardo (bald) am Ende?
Wer dies alles zu verantworten hat, darin sind sie sich in Italien nicht einig. Während die Gazzetta die Schuld der Vereinsführung zuschiebt, die Trainer Leonardo "eine unzumutbare Mannschaft" bereit gestellt habe, nimmt der Corriere den Coach ins Visier. "Er ist nicht in der Lage, die delikate Situation zu meistern." Für die Römer Zeitung ist klar: Am Sonntag muss Leonardo mit Milan in Bergamo gewinnen. "Sonst dürfte der Faden, an dem sein Schicksal hängt, und der sehr dünn geworden ist, bereits reissen."
Wenn die Mannschaft zum zweiten Mal innerhalb von vier Tagen unter Pfiffen den Rasen verlässt, sei das ein klares Signal, urteilte der Corriere. Diese Pfiffe will die Gazzetta nicht gehört haben. "Weil die Tifosi so enttäuscht sind, dass sie die Spieler nicht einmal mehr beleidigen wollen. Und weil die Fans aus Zürich so laut sangen, dass sie ohnehin das ganze Mailänder Publikum übertönten." Ein Jahr nach Luxemburg, und ein Jahr nach dem 1:3 des FCZ im UEFA-Cup gegen Milan hat sich der Schweizer Fussball nun auch im Weltmeisterland Italien (ein wenig) Gehör verschafft.
*** folgt Nachzug FCZ gegen 16.30 Uhr ***
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