Beitragvon xwhite » 11.08.08 @ 22:11
Derbes Derby
Wie der FC Zürich gegen die Grasshoppers den orangen Fluch besiegt und 2:2 gewinnt
Geistermeister - der FC Zürich hatte den ersten Titel der Saison auf seiner Homepage schon nach vier Spielen abgebucht. Einen Pokal gewann er damit zwar nicht, doch immerhin die Erkenntnis, dass aus den Überresten der ehemaligen Meistermannschaft neues Leben entsteht. Anlässlich des 214. Zürcher Derbys durften nun auch die FCZ-Getreuen ihren Klub in heimischen Gefilden zum ersten Mal in dieser Saison bei der Arbeit beobachten - ohne auf Leitern stehen und mit der Hooligan-Behörde bilaterale Verhandlungen führen zu müssen. Dass sie als Auswärtspartei dem ungeliebten Rivalen die Kassen füllten, konnte auch als innerstädtische Solidaritätsdemonstration wahrgenommen werden. Denn das Zuschauerpotenzial des GC entspricht momentan eher dem Wohlener Sportplatz Niedermatten als der Zürcher Euro-Arena. Akustisch befand sich der Letzigrund am Sonntagnachmittag in FCZ-Hand. Farblich dagegen demonstrierten die Grasshoppers wesentlich mehr Lokalkolorit. Während sie in ihren traditionellen (blauweissen) Trikots einliefen, schritt der Stadtklub zum zweiten Mal (nach der Bauchlandung in Aarau) in seinem neuen Away-Look zur Tat. Dieser ist orange und weist erstaunliche Ähnlichkeit mit der Haarfarbe von Heliane Canepa auf. Dass der Coiffeur der Präsidentengattin aber für das neue Outfit verantwortlich sein soll, entspricht ebenso wenig der Wahrheit wie die Vermutung, dass die Marketingabteilung im Juni zu viel Zeit auf bernischen Campingplätzen verbracht hat. Vielmehr handelt es sich um einen simplen Absatztrick der Merchandising-Abteilung. Denn ein gelegentlicher Farbwechsel belebt den Souveniverkauf. Davon abgesehen ist der FC Zürich sozusagen historisch bedingt zu textiler Flexibilität gezwungen. Denn nach seiner Gründung (1896) verbot ihm die Schweizerische Football-Assoziation, in den Zürcher Farben anzutreten - weil die blauweisse Exklusivität dem (zehn Jahre älteren) GC zugesprochen wurde. Auch sportlich waren die Rollen klar verteilt. GC gewann das erste Derby 1897 gegen den aus der Fusion FC Turicum / FC Ecxcelsior hervorgegangen Neuling 7:2. Dass der FCZ nach 13 rotweissen Jahren doch noch blauweiss wurde, verdankte er der schon damals grassierenden Zürcher Sportplatzmisere. GC suchte 1909 nämlich vergeblich nach einem geeigneten Terrain und sahen sich genötigt, seine Mannschaft aus dem Championat zurückzuziehen. Als sie nach sieben Jahren wieder ins Geschehen eingriffen, waren die Karten (bzw. Farben) neu verteilt. 92 Jahre später singt die FCZ-Südkurve: "Eine Stadt, ein Verein". Dass die Grasshoppers vor ein paar Jahren die Landflucht (nach Niederhasli) angetreten haben, spielt in dieser Wahrnehmung eine weniger wichtige Rolle als die personelle Zusammensetzung. Von den 18 Spielern, die am Sonntag auf dem Matchblatt des FCZ figurierten, haben immerhin 6 Zürcher Wurzeln. Allerdings heissen die Lokalmatadore der Moderne nicht mehr Kuhn, Schöneberger oder Kundert, sondern Abi, Nicki oder Mehmedi. Bei GC trug die Heimatverbundenheit in der Startaufstellung die (spanischen bzw. tunesischen Namen) Cabanas und Mikari.
ganzer Text in der heutigen Ausgabe der NZZ..