Schweigen im Letzigrund
Für die drei Kandidaten auf den Trainerjob beim FC Zürich gilt: warten - und hoffen.
Von Peter Bühler
Martin Andermatt gibt sich am Dienstag in seinem Haus in Hünenberg im Kanton Zug zunächst ganz unverbindlich. «Ich habe nicht mit Sven Hotz gesprochen», sagt er am Telefon und lacht herzhaft. Nun, der Trainer des FC Wil hat sich vielleicht nicht mit Hotz, sehr wohl aber mit einem anderen Mitglied des Verwaltungsrats des FC Zürich unterhalten. «Eigentlich darf ich nichts sagen», schmunzelt Andermatt, der FCZ habe in der Trainerfrage um Stillschweigen gebeten.
Aber Andermatt ist ein ehrlicher Mensch, (Not-)Lügen mag er nicht. Also bestätigt er die Kontakte, schiebt aber sogleich nach, dass in der Trainerdiskussion seines Wissens noch keine Entscheidung gefallen sei. (Allerdings sickert im Lauf des Tages durch, dass der Thuner Hanspeter Latour aus den Traktanden gefallen ist.)
«Die Leute vom FCZ und ich werden uns wohl demnächst nochmals treffen», sagt Andermatt. Seine Situation hat sich seit Montag verändert. Dem FC Wil ist für die kommende Saison die Lizenz auch für die Nationalliga B verweigert worden, Andermatt könnte also am Saisonende für eine neue Aufgabe frei sein. Und er bekräftigt sein Interesse für den FCZ: «Es wäre eine schöne Aufgabe, den Zürcher Stadtklub nach oben zu führen.»
Das Ehrenwort von Favre
«Ich habe dem FCZ mein Ehrenwort gegeben, niemandem Auskunft zu geben», sagt Lucien Favre am frühen Abend am Telefon in seinem Haus in St-Barthélemy im Waadtland. Er ist höflich, aber bestimmt, er mag auch nach mehrmaligem Nachfragen nichts preisgeben. Und auf die Frage, ob er am Mittwoch beim Derby auf der Tribüne des Letzigrunds sitzen werde, entgegnet er schmunzelnd: «Nein, ich denke nicht.»
Mit der gleichen Konsequenz, mit der er seine Mannschaften zu führen pflegte, verhält er sich auch jetzt in den entscheidenden Stunden vor der Trainerwahl des FC Zürich. Favre gilt als unnachgiebig, unbeeinflussbar und unbeirrbar. Mit diesen Qualitäten führte er das kleine Yverdon zu bemerkenswerten Erfolgen. Und wegen genau dieser Eigenschaften wurde er bei seinem nächsten Klub Servette entlassen. Er liess sich von der Vereinsleitung nicht in seine Trainerarbeit reinreden. Es kam zum Zerwürfnis, und im Mai 2002 wurde Favre beurlaubt. Zum Abschied verspricht er am Telefon: «Wenn es in der Sache mit dem FC Zürich eine neue Entwicklung gibt, melde ich mich.»
«Der nette Herr Löw»
«Joachim Löw, wie weit sind die Verhandlungen mit dem FC Zürich fortgeschritten?» Der Gesprächspartner am anderen Ende schweigt in seinem Reihenhaus in Weinstadt-Strümpfelbach bei Stuttgart lange Zeit. Doch schliesslich bestätigt er die Kontakte. Er habe sich mit den massgebenden Vereinsvertretern getroffen, beide Seiten hätten ihre Vorstellungen über eine gemeinsame Zusammenarbeit vorgebracht, und dann sei man wieder auseinander gegangen. Es sei eine relativ kurze Bedenkzeit vereinbart worden. «Ich warte auf ein Telefon des FCZ», sagt Löw am Dienstagabend.
Lieber als über den FCZ (und eine allfällige Zukunft beim Stadtklub) spricht Joachim Löw (Spitzname: Jogi) über die Vergangenheit: über seine Zeit als Fussballer und Spieler-Trainer in der Schweiz, die Erfolge in der Bundesliga beim VfB Stuttgart mit Stars wie Elber, Balakow, Bobic, Verlaat oder Berthold. Dass zu jenen Zeiten das Klischee vom «Softie Löw» kreiert und immer wieder vom «netten Herrn Löw» geschrieben wurde, ärgert ihn noch heute. Er könne durchaus hart sein, gegenüber den Spielern und sich selbst. Das habe er bei seinen beiden Abstechern in die Türkei sowohl bei Fenerbahce Istanbul als auch bei Adanaspor bewiesen. Die Verhältnisse seien bei beiden Klubs schwierig, zeitweise gar chaotisch gewesen. Löw sagt: «Wer als Fussballtrainer die Türkei überlebt hat, ist durch nichts mehr zu erschüttern.»
Er denkt, er habe den Beweis dafür bei seinem letzten Klub, dem FC Tirol, erbracht. In Innsbruck führte er im Sommer letzten Jahres eine Mannschaft zum Meistertitel, die wie er sechs Monate kein Gehalt mehr erhalten hatte. Es habe deswegen immer wieder sehr schwierige Momente gegeben, erzählt Löw, doch Spieler und Trainer seien zusammengestanden und hätten allen Widerwärtigkeiten getrotzt. (Auch die sportlichen Erfolge konnten den finanziellen Kollaps des FC Tirol nicht vermeiden, der Verein ging Konkurs.)
FCZ und Favre: Morgen Treffen
Und was war gestern Dienstag von Klubseite zur Trainerwahl zu erfahren? Die wichtigsten Vertreter des FCZ-Verwaltungsrats trafen sich am frühen Abend zu einer weiteren Sitzung. Danach verlautete lapidar: «Die Entscheidungsfindung dauert an. Der FCZ geht davon aus, am Donnerstag den neuen Trainer präsentieren zu können.»
PS: Am späteren Abend ruft Favre zurück. Er sagt nur zwei Sätze: «Ich bin in engem Kontakt mit dem FCZ. Und ich komme am Donnerstag zu einer Unterredung nach Zürich.»