In Sicht: «Chrampfer» und ein Geldgeber
Das 4:2 gegen YB bescherte dem FCZ den zweiten Sieg. Sven Hotz dagegen hat zwei Fragen zu beantworten: Wer wird Trainer? Will er Werner Hofstetter als Geldgeber?
Von Thomas Schifferle, Zürich
Am Ende des Abends war die Welt im Letzigrund wieder einmal in Ordnung. Der FC Zürich konnte auf die schönsten, glücklichsten und deshalb besten Minuten des Frühjahres zurückblicken. Dass es nur zwölf Minuten waren, in denen er trickste, spielte weiter keine Rolle. Sie genügten, mit drei Schüssen 3:0 in Führung zu gehen und die Basis zum Sieg zu legen. Dass der FCZ eine Menge Glück in Anspruch nahm, um seinen Vorsprung trotz eklatanter defensiver Mängel zu verteidigen, brauchte ihn nicht zu kümmern. Er hatte auf die blamable Vorstellung in Wil mit einem 4:2 gegen YB reagiert. Alhassane Keita arbeitete mit drei Treffern an seinem Selbstvertrauen.
Wenn der FCZ bloss in Wil gewonnen hätte, und wenn YB am letzten Sonntag nicht ausser Programm Basel besiegt hätte, dann wären der dritte Platz und der Uefa-Cup ein greifbares Ziel, und der Trainerwechsel wäre zum richtigen Zeitpunkt gekommen . . .
Es macht mehr Sinn, sich auf das zu besinnen, was zählt. Unter Walter Grüter spielt die Mannschaft nicht besser als zuvor unter Georges Bregy, der am 27. März nach zwei Punkten in vier Finalrundenspielen freigestellt worden war. Sie gewann jetzt zwar zum zweiten Mal seither, aber das Spiel, wie es vor allem gegen YB zum Erfolg führte, kann nicht geplant und eingeübt sein, nicht die Folge der Beförderung eines Assistenten zum Interimstrainer. Das ist Zufall. In dieser Beziehung bleibt der FCZ der FCZ.
Unterdessen bastelt Sven Hotz wieder einmal an der Zukunft. Wenigstens tut er das nicht in der Hoffnung, den Erfolg planbar(er) zu machen. Gerade er weiss längst, dass das unmöglich ist. Dafür ist er schon mit zu vielen Strategien gescheitert. Er tut es in der Hoffnung, seinem Klub ein Leitbild zu geben.
Hotz’ Anforderungsprofil
«Vision 2007» nennt Hotz das entsprechende Papier, an dem er mit einem insgesamt fünfköpfigen Gremium werkelt. Er will Antworten auf Fragen finden wie: «Was wollen wir verändern und verbessern? Was sind die Schwächen des FCZ? Wo kommt er gut an? Brauchen wir einen Manager, einen Sportchef? Wie können wir Gönner und Sponsoren pflegen?»
Weit wichtiger jedoch sind andere Fragen, die Hotz im Zusammenhang mit seiner Vision stellt: «Wie können wir das Budget ausgeglichen gestalten? Wie können wir den Klub unabhängiger von mir machen?» Und was die unmittelbare Zukunft angeht, ist eines noch interessanter: Wer wird neuer Trainer?
Hotz spielt auf Zeit, was die Wahl des wichtigsten Angestellten betrifft. Nächste Woche will er sich mit seinem Vorstand eingehender beraten, eine Liste mit «sechs, sieben Namen» von Trainern vorlegen, die für ihn denkbar sind, und dazu will er ein Blatt legen und mit dem blossen Vermerk versehen: «Diese zwölf haben sich auch noch beworben.»
Er ist überzeugt, dass der FCZ weiterhin «eine gute Adresse» ist. Das macht es nicht zwingend nötig, sich darüber aufzuhalten, wer da «auch noch alles hinten hervorgekommen» sei und sich gemeldet habe. Es genügt, wenn der Präsident sein Anforderungsprofil formuliert, damit er gar nicht erst Bewerbungsschreiben von Trainern aus der NLB oder 1. Liga zu öffnen braucht.
Also soll es künftig ein Trainer sein, der Erfahrung in der NLA hat, Schweizer ist, mit ausländischen Spielern «subtil» (Hotz) umgehen kann und sie nicht nur kritisiert, sondern auch fördert, ein Trainer, der ein «Chrampfertyp» ist und «von morgens bis abends für den FCZ da ist» und der «einen sauberen Leumund» hat. So stellt sich Hotz das vor.
Der Abzählreim und die Spekulation
Gerüchte sagen, er selbst habe sich festgelegt. Hotz dementiert und will bisher nicht einmal mit einem Kandidaten geredet haben, «nein», sagt er, «so wahr ich auf meinem Stuhl sitze». Jedenfalls lässt sich abschätzen, wer unter anderem und aus diversen Überlegungen nicht fürs Amt in Frage kommt: Walter Grüter (mit Assistenzvertrag bis 2004), Jürgen Seeberger (Schaffhausen), Walter Iselin (Junioren Aarau), Martin Rueda (Wohlen), Joachim Löw (Deutscher und damit Ausländer), Rolf Fringer (derzeit Dubai), Andy Egli (früher GC . . .). Der Luzerner Hans-Peter Zaugg, der Favorit der ersten Stunde nach Bregys Absetzung, hat inzwischen die Gunst von Hotz verloren. Leute wie der Krienser Urs Schönenberger brauchen sich keine Hoffnung zu machen, weil Hotz ausser Vaclav Jezek keinen Trainer zum FCZ zurückholen würde.
Die Gerüchte besagen auch, Hotz’ Favorit sei noch andernorts unter Vertrag. Das würde gegen den vereinslosen Lucien Favre sprechen, aber nicht unbedingt gegen Claude Ryf (Xamax), Alain Geiger (Aarau) oder Martin Andermatt (Wil), erst recht nicht gegen Hanspeter Latour (Thun) oder Marco Schällibaum (YB). Hotz wird wissen, was er tut. Sein bevorzugter Ratgeber ist ohnehin er selbst. Was darin liegt, dass er am Ende immer alles selbst zahlen und begleichen muss.
Langsam geht ihm die Lust verloren, jährlich Defizite in der Grössenordnung von vier Millionen Franken zu decken. Ein Sparpotenzial von geschätzt zwei Millionen würde sich ihm wohl anbieten, liess er im Sommer die Verträge von Di Jorio, Hellinga, Jeanneret, Quentin und Renato auslaufen. Aber er braucht Geld von aussen, um selbst entlastet zu werden. Darum trifft er sich diese Woche zum dritten Mal mit Werner Hofstetter.
Keine Berührungsängste mehr
«Wenn er auf meine Gedanken eingeht und wirtschaftlich mithelfen will», sagt Hotz, «dann soll er beim FCZ Fuss fassen können.» Das macht deutlich, dass er die anfänglichen Berührungsängste mit dem polternden Haudegen aus der Baubranche, der Anfang der Achtzigerjahre dem SC Zug vorstand, verloren hat. Und legt den Verdacht nahe, dass er wirklich eine gewisse Neuordnung will und nicht nur von ihr redet.
Von Hofstetter ist aus alten Zeiten das Zitat überliefert, dass er bei Fussballspielern «Blut unter den Fingernägeln sehen will». Er kann sich mit den Jahren ja geändert haben und sich an das halten, was Hotz verlangt: «Bei uns kann keiner etwas ‹rausposaunen›. Bei uns gibt es Demokratie.» Hotz muss sich von Hofstetter nur überraschen lassen.