«Im Fussball ist alles ohne Garantie» Sven Hotz über seine Freuden, Leiden und Absichten als FCZ-Präsident
Sven Hotz, auch in Ihrem 17. Jahr als Präsident setzt der FCZ keine Glanzlichter. Im Gegenteil: Sie entliessen Trainer Bregy. Da läuft etwas schief. Was machen Sie falsch?
Sven Hotz: Ich versuche den FC Zürich wie meine Generalunternehmung zu führen, geordnet und gesichert. Das ist im Fussball mit den täglichen Überraschungen leider nicht möglich. Zu oft eilt die Zeit. Ich habe schon jeden Schrecken erlebt. Und es wird auch viel gelogen.
Mussten Sie noch nie lügen?
Es gibt die Notlüge. Wenn jemand fragt, wie viel ich schon in den FCZ investiert habe, kann ich ja nicht die Wahrheit sagen. Sonst denkt er noch, ich sei verrückt. Manchmal kann man die Lüge auch umgehen, indem man nicht die ganze Wahrheit sagt.
Sie sind über 70-jährig. Brauchen Sie im Verein nicht einen verlängerten Arm?
Der frühere FCZ-Präsident Edi Nägeli sagte, ich solle die 300 000 Franken, die ein Sportchef kostet, lieber ins Team investieren. Ich will nicht einen haben, mit dem ich mich ständig streite. Das ertrage ich nicht.
In Ihrer langen Amtszeit holte der FCZ einmal den Schweizer Cup und erlebte 1998 einen schönen Europacup-Herbst. Dazu kamen noch ein paar einträgliche Transfers. Das ist zu wenig.
Ich war immer auf mich alleine gestellt, weil andere sehen, dass man im Fussball kein Geld verdienen kann. Man muss das Geld bringen. Der FCZ hätte mehr Mittel haben müssen, um das Team bedeutend zu verstärken.
Sie holten doch gute Spieler.
Aber die reichten nicht. Oder sie gingen. 1998 hatten wir im Europacup Erfolg. Und was geschah? Lima wollte weg, hatte ein freches Maul und verweigerte sich, Bartlett wollte weg, alle wollten weg. Ich wollte sie halten, aber ich hätte sofort alle verkaufen müssen. Kürzlich kam Akale, wollte zu Auxerre, begehrte auf und trat sogar Türen ein. Wenn einer weg will, kann man ihn nicht halten.
In dieser Saison schreibt der FCZ wieder gegen fünf Millionen Franken Defizit. Und Herr Hotz übernimmt alles, seit Jahren schon. Ohne Ende?
Kürzlich versuchte ich einen potenziellen Nachfolger zu gewinnen. Er sagte: «Man anerkennt Sie in der Wirtschaft, Herr Hotz, Sie haben eine weisse Weste, und man schätzt Ihre Ehrlichkeit. Sie sind zu stark, als dass ich an Ihren Platz rücken könnte. Vielleicht sind Sie das Übel», sagte er. Ich konnte ihm nicht einmal widersprechen. Aber ich kann mich nicht ändern.
Wie viel Geld hat Sie der FCZ gekostet?
Das gebe ich nicht preis. Im Kampf am Trennstrich kam es immer wieder zu teuren Transfers. Das ist vorbei. In der Zehner-Liga fahren wir das Budget von 11 auf 8 Millionen herunter. Das Ziel ist ein ausgeglichenes Budget. So finde ich vielleicht einen Nachfolger.
Gibt es in Ihrer Familie keine Nachkommen, die sich über ihre Ausgaben beschweren?
Wir haben in der Familie Top-Verhältnisse. Ich bin seit 1951 mit der gleichen Frau verheiratet. Das sagt enorm viel. Den Kindern geht es gut, mit ihnen diskutiere ich nicht viel über Fussball. Vielleicht sagt mal ein Sohn: Das wird schon langsam teuer, dieser Schweizer Fussball. Dann entgegne ich, dass er die Zahlen, die der liest, nicht glauben soll, weil sie nicht stimmen.
Waren Sie von den Krisen in der Immobilienbranche nie stark tangiert?
Nein. Ich machte nie längere Schritte, als es meine Beine zuliessen. Es ist ein Kampf, bis man die ersten 100 000 Franken anlegen kann. Dann hat man eine Million, aus der schnell zwei Millionen werden. Ich schulte mich auf dem Wohn- und Kapitalmarkt selber.
Andere fielen auf die Nase.
Ich nicht. In der Krise wächst die Stärke des Unternehmens. Ich legte die Gewinne immer vorsichtig an, führte sie in die jeweiligen Häuser zurück und spekulierte nie. Ich beteiligte mich nie an grösseren, spekulativen Bauvorhaben. Wenn ich eine Liegenschaft baue, muss sie rentieren. Wenn nicht, arbeite ich mit ihr zehn Jahre. Wenn ich Neues mache, mache ich das nur, wenn ich Altes nicht gefährde. Ich brauche hundertprozentige Sicherheiten. Ich bin ein Pedant.
Im Fussball sind Sie weniger erfolgreich.
Ich sitze in meinem Büro und befasse mich mit dem, was mir am meisten Freude macht: mit der Baubranche. Sobald ich rausgehe und mit einem Fuss den Rasen betrete, ist es anders. Ich schaffte es nie, den FCZ gleich zu führen. Da gibt's Überraschungen, Verletzungen, viel Unerwartetes. Im Fussball ist alles ohne Garantie. Der Beste verletzt sich, ein teurer Ersatz kommt, und der passt nicht ins Team. Bei einem Haus weiss ich, dass das Geld wieder zurückkommt. Im Fussball weiss ich das nie.
Träumen Sie vom Meistertitel?
Nein. Da bin ich zu sehr Realist. Da müssen im FCZ mehr Leute mithelfen. Es braucht mehr Mittel.
Aber der FC St. Gallen wurde im Jahr 2000 mit einem Budget von 8 Millionen Franken Schweizer Meister.
In einer solchen Region wäre ich auch Schweizer Meister geworden. Dort stehen viele Leute hinter dem Klub. Zürich ist ein anderer Platz mit viel mehr Konkurrenz. Wenn 4000 oder 5000 Leute kommen, reicht das, um die Platzorganisation zu bezahlen. Kein Franken geht auf eine Bank. Und Ende Monat haben Sie wieder Zahltag.
Interview: Peter B. Birrer
http://nzz.ch/2003/04/27/sp/page-article8TLKQ.html