Interview mit Hotz

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Philippescu
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Interview mit Hotz

Beitragvon Philippescu » 27.04.03 @ 12:31

«Im Fussball ist alles ohne Garantie» Sven Hotz über seine Freuden, Leiden und Absichten als FCZ-Präsident

Sven Hotz, auch in Ihrem 17. Jahr als Präsident setzt der FCZ keine Glanzlichter. Im Gegenteil: Sie entliessen Trainer Bregy. Da läuft etwas schief. Was machen Sie falsch?

Sven Hotz: Ich versuche den FC Zürich wie meine Generalunternehmung zu führen, geordnet und gesichert. Das ist im Fussball mit den täglichen Überraschungen leider nicht möglich. Zu oft eilt die Zeit. Ich habe schon jeden Schrecken erlebt. Und es wird auch viel gelogen.

Mussten Sie noch nie lügen?

Es gibt die Notlüge. Wenn jemand fragt, wie viel ich schon in den FCZ investiert habe, kann ich ja nicht die Wahrheit sagen. Sonst denkt er noch, ich sei verrückt. Manchmal kann man die Lüge auch umgehen, indem man nicht die ganze Wahrheit sagt.

Sie sind über 70-jährig. Brauchen Sie im Verein nicht einen verlängerten Arm?

Der frühere FCZ-Präsident Edi Nägeli sagte, ich solle die 300 000 Franken, die ein Sportchef kostet, lieber ins Team investieren. Ich will nicht einen haben, mit dem ich mich ständig streite. Das ertrage ich nicht.

In Ihrer langen Amtszeit holte der FCZ einmal den Schweizer Cup und erlebte 1998 einen schönen Europacup-Herbst. Dazu kamen noch ein paar einträgliche Transfers. Das ist zu wenig.

Ich war immer auf mich alleine gestellt, weil andere sehen, dass man im Fussball kein Geld verdienen kann. Man muss das Geld bringen. Der FCZ hätte mehr Mittel haben müssen, um das Team bedeutend zu verstärken.

Sie holten doch gute Spieler.

Aber die reichten nicht. Oder sie gingen. 1998 hatten wir im Europacup Erfolg. Und was geschah? Lima wollte weg, hatte ein freches Maul und verweigerte sich, Bartlett wollte weg, alle wollten weg. Ich wollte sie halten, aber ich hätte sofort alle verkaufen müssen. Kürzlich kam Akale, wollte zu Auxerre, begehrte auf und trat sogar Türen ein. Wenn einer weg will, kann man ihn nicht halten.

In dieser Saison schreibt der FCZ wieder gegen fünf Millionen Franken Defizit. Und Herr Hotz übernimmt alles, seit Jahren schon. Ohne Ende?

Kürzlich versuchte ich einen potenziellen Nachfolger zu gewinnen. Er sagte: «Man anerkennt Sie in der Wirtschaft, Herr Hotz, Sie haben eine weisse Weste, und man schätzt Ihre Ehrlichkeit. Sie sind zu stark, als dass ich an Ihren Platz rücken könnte. Vielleicht sind Sie das Übel», sagte er. Ich konnte ihm nicht einmal widersprechen. Aber ich kann mich nicht ändern.

Wie viel Geld hat Sie der FCZ gekostet?

Das gebe ich nicht preis. Im Kampf am Trennstrich kam es immer wieder zu teuren Transfers. Das ist vorbei. In der Zehner-Liga fahren wir das Budget von 11 auf 8 Millionen herunter. Das Ziel ist ein ausgeglichenes Budget. So finde ich vielleicht einen Nachfolger.

Gibt es in Ihrer Familie keine Nachkommen, die sich über ihre Ausgaben beschweren?

Wir haben in der Familie Top-Verhältnisse. Ich bin seit 1951 mit der gleichen Frau verheiratet. Das sagt enorm viel. Den Kindern geht es gut, mit ihnen diskutiere ich nicht viel über Fussball. Vielleicht sagt mal ein Sohn: Das wird schon langsam teuer, dieser Schweizer Fussball. Dann entgegne ich, dass er die Zahlen, die der liest, nicht glauben soll, weil sie nicht stimmen.

Waren Sie von den Krisen in der Immobilienbranche nie stark tangiert?

Nein. Ich machte nie längere Schritte, als es meine Beine zuliessen. Es ist ein Kampf, bis man die ersten 100 000 Franken anlegen kann. Dann hat man eine Million, aus der schnell zwei Millionen werden. Ich schulte mich auf dem Wohn- und Kapitalmarkt selber.

Andere fielen auf die Nase.

Ich nicht. In der Krise wächst die Stärke des Unternehmens. Ich legte die Gewinne immer vorsichtig an, führte sie in die jeweiligen Häuser zurück und spekulierte nie. Ich beteiligte mich nie an grösseren, spekulativen Bauvorhaben. Wenn ich eine Liegenschaft baue, muss sie rentieren. Wenn nicht, arbeite ich mit ihr zehn Jahre. Wenn ich Neues mache, mache ich das nur, wenn ich Altes nicht gefährde. Ich brauche hundertprozentige Sicherheiten. Ich bin ein Pedant.

Im Fussball sind Sie weniger erfolgreich.

Ich sitze in meinem Büro und befasse mich mit dem, was mir am meisten Freude macht: mit der Baubranche. Sobald ich rausgehe und mit einem Fuss den Rasen betrete, ist es anders. Ich schaffte es nie, den FCZ gleich zu führen. Da gibt's Überraschungen, Verletzungen, viel Unerwartetes. Im Fussball ist alles ohne Garantie. Der Beste verletzt sich, ein teurer Ersatz kommt, und der passt nicht ins Team. Bei einem Haus weiss ich, dass das Geld wieder zurückkommt. Im Fussball weiss ich das nie.

Träumen Sie vom Meistertitel?

Nein. Da bin ich zu sehr Realist. Da müssen im FCZ mehr Leute mithelfen. Es braucht mehr Mittel.

Aber der FC St. Gallen wurde im Jahr 2000 mit einem Budget von 8 Millionen Franken Schweizer Meister.

In einer solchen Region wäre ich auch Schweizer Meister geworden. Dort stehen viele Leute hinter dem Klub. Zürich ist ein anderer Platz mit viel mehr Konkurrenz. Wenn 4000 oder 5000 Leute kommen, reicht das, um die Platzorganisation zu bezahlen. Kein Franken geht auf eine Bank. Und Ende Monat haben Sie wieder Zahltag.

Interview: Peter B. Birrer
http://nzz.ch/2003/04/27/sp/page-article8TLKQ.html


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Fige
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Re: Interview mit Hotz

Beitragvon Fige » 27.04.03 @ 13:15

phn hat geschrieben:«Im Fussball ist alles ohne Garantie» Sven Hotz über seine Freuden, Leiden und Absichten als FCZ-Präsident

Sie holten doch gute Spieler.

Aber die reichten nicht. Oder sie gingen. 1998 hatten wir im Europacup Erfolg. Und was geschah? Lima wollte weg, hatte ein freches Maul und verweigerte sich, Bartlett wollte weg, alle wollten weg. Ich wollte sie halten, aber ich hätte sofort alle verkaufen müssen. Kürzlich kam Akale, wollte zu Auxerre, begehrte auf und trat sogar Türen ein. Wenn einer weg will, kann man ihn nicht halten.


Immer die bösen Spieler..........

Fazit: Hotz macht keine Fehler, immer sind die anderen schuld...............
13.5.06 => 93. Minute

üsee
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Offenes E-Mail an Herrn Hotz (der es wohl kaum lesen wird)

Beitragvon üsee » 28.04.03 @ 9:16

Nicht nur die hundsmiserable Leistung gegen Wil hat mich frustriert, vielmehr noch das Interview mit Herrn Hotz. Ich habe die Antworten von Herrn Hotz so verstanden, dass er nicht mehr an die Zukunft glaubt und auch nicht mehr weiss, was er in der jetzt wohl wegweisenden Zeit für den FCZ tun soll.

Nun einige Bemerkungen zu den einzelnen Äusserungen:

"Ich versuche den FCZ wie meine Generalunternehmung zu führen, .... " positiv ist, dass Herr Hotz der Meinung ist, einen Profibetrieb in der obersten Liga sei wie ein Unternehmen zu führen. Negativ: dass er diese Unternehmung wie eine Generalunternehmung führen will! Selbstverständlich ist es ein viel kurzlebigeres Geschäft, der Fussball. Die Antwort zeigt meiner Meinung nach, was ich schon lange vermutet habe. Herr Hotz der sehr viel Gutes für den FCZ tat, versteht leider nicht sehr viel vom Fussballgeschäft.

"Der frühere FCZ-Präsident Edi Nägeli sagte, .... " Erstens war zu Nägelis Zeit die Fussballwelt noch eine andere, zweitens hätten sich die 300000 CHF allemal gelohnt, wenn damit nur einige wenige Fehler im Personalbereich hätten vermieden werden können. Zudem Herr Hotz, wenn ich mich mit denjenigen ständig streiten muss, mit denen ich zusammenarbeite, dann muss ich mich fragen: könnte der Grund für die ewigen Streitereien nicht auch bei mir liegen?

"Ich war immer auf mich alleine gestellt, .... " Zuerst sagen Sie Herr Hotz, dass Sie nicht konfliktfähig und nicht teamfähig sind und jetzt machen Sie den anderen den Vorwurf Sie immer alleine im Regen gelassen zu haben. Sie haben wie Sie selbst bestätigen sehr viel Geld in den FCZ gesteckt, mit diesem wäre (sinnvoller eingesetzt) sicherlich viel mehr möglich gewesen!

"Aber die reichten nicht. Oder sie gingen. ..." Hier bin ich mit Ihnen einverstanden: wenn einer gehen will soll er. Nur frage ich mich: wieso wollen immer alle wieder so rasch weg? Neben dem Geld ist wohl auch einer der Gründe, die fehlende Perspektive beim FCZ!

"Kürzlich versuchte ich einen ..... " Gerade dies zeigt doch, dass Sie sich im Sinne des FCZ zurücknehmen sollten. Nicht beim finanziellen Engagement, aber bei der Einflussnahme. Ich denke nicht, das Sie das Übel sind, Sie sind immer noch ein Glücksfall für den FCZ. Einen Segen für den FCZ wären Sie, wenn Sie die Entscheidungsfindung in andere Hänge legen würden!!!!!!!

" .... So finde ich vielleicht einen Nachfolger." Herr Hotz Sie finden nur einen Nachfolger, wenn Sie tatsächlich ins zweite Glied zurück treten und wenn der FCZ Erfolg hat oder zumindest gute Perspektiven auf Erfolg.

"Nein. Da bin ich zu sehr Realist...." Herr Hotz, wenn Sie nicht mehr vom Meistertitel träumen zeigt, dies Ihre Resignation. Als ehemaliger Fussballspieler wissen Sie, dass nur wer immer an den Sieg glaubt, auch einlaufen sollte. Zudem sprechen Sie vom Stadtclub der grössten Stadt und dem Wirtschaftszentrum der Schweiz.

" ... Wenn 4000 oder 5000 Leute kommen .... " Herr Hotz haben Sie sich vielleicht auch schon gefragt, wieso das nur soviele kommen? Bitte fangen Sie nicht auch noch mit der selben Aussage an, die die Spieler als Entschuldigung für ihre miserable Darbietungen bringen, daran seien die zuwenig erschienenen Zuschauer schuld. Eines ist sicher, spielt der FCZ über eine gewisse Zeit konstant gut (attraktiv) um die Meisterschaft mit, werden sich regelmässig a) mehr als die von Ihnen genannte Zahl im Letzi einfinden und b) werden es viel mehr sein als ennet der Gleise! Es liegt aber an Ihnen und der Mannschaft!!!!!!

Ich denke nun sind wir an einem entscheidenden Punkt für die Zukunft angelangt. Wenn jetzt der Neustart wieder nicht gelingt (Trainer, Spieler, Umfeld), dann sehe auch ich für den FCZ schwarz. Zudem haben die Verantwortlichen dann wohl eine der letzten Chancen zur Wende zum Guten verpasst. Noch ist der Goodwill da. Packen wir es an. Man kann sich auch in Ihrem hohen Alter noch ändern!
Der Stadtclub die Nummer Eins in der Schweiz


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