Beitragvon Kobayashi » 29.09.05 @ 8:47
NZZ vom Donnerstag, 29. September 2005
Nach Angsthasen-Fussball nun das andere Gesicht?
Als «Woche der Wahrheit» hatte der FCZ- Präsident Sven Hotz das Pensum mit der (inzwischen klar gewonnenen) Meisterschaftspartie gegen den FC St. Gallen, dem Uefa-Cup-Rückspiel gegen Bröndby IF sowie dem Stadtderby vom nächsten Sonntag gegen GC bezeichnet. Von einem Wechselbad der Gefühle sprach er, was die Darbietungen im September betraf, besonders in Anspielung auf den etwas gar zaghaften Auftritt vor zwei Wochen an der Peripherie von Kopenhagen - nicht was einige wenige Fans betraf, sondern das spielerische Konzept der Zürcher. Auch Hotz erhofft sich, am Donnerstagabend im Letzigrund jenes unbeschwerte, strahlende Gesicht seiner Mannschaft der letzten Heimspiele zu sehen: offensiv, selbstsicher, spektakulär, effizient, treffsicher, abgeklärt, aufsässig.
Lucien Favre scheint die präsidialen Worte verstanden zu haben und setzte im Training am Mittwoch gleich ein erstes Zeichen: Der FCZ übte das Elfmeterschiessen. Cesar durfte beginnen. Damit wollte der Romand vermitteln, dass auch nach dem 0:2-Rückstand mit einer konzentrierten und geduldigen Leistung durchaus noch Chancen auf die Qualifikation für die Gruppenspiele bestehen. Über welchen Weg auch immer. «In jeder Halbzeit ein Tor, ein drittes eventuell in der Verlängerung oder aber ein Hitchcock-Finale im Penaltyschiessen», erhofft sich Favre - nach wie vor überzeugt, seine Spieler hätten im Hinspiel nicht enttäuscht. Da darf man ebenso geteilter Meinung sein wie über die bis heute von dänischen Gerichten nicht schlüssig beurteilten peniblen Vorkommnisse rund um das Hinspiel.
Immerhin: Der Trainer glaubt auch durchaus noch an eine Chance gegen die hartnäckigen, in den Zweikämpfen mitunter sehr aggressiven Dänen. Auch wenn ihm das (zu) kleine Kader (Schneider weiterhin verletzt) nicht zum Vorteil für taktische Überraschungsmomente gereicht und schon ein Gegentreffer gleichbedeutend mit dem Ausscheiden wäre; mindestens vier Tore wären dann gefragt. Dass die spielerische Ordnung im FC Zürich in dieser Saison in gesteigertem Masse vorhanden ist, unterstreichen die 25 Meisterschaftstore und 13 Gegentreffer. Als wichtigen Erfolgsfaktor erhofft sich Favre, dass nicht nur drei bis vier Spieler wie in Bröndby pausenlos in Bewegung sind, mit schnellem Spiel in der gegnerischen Platzhälfte und kurzen Ballkontakten versucht wird, den physisch starken Gegner zu zermürben. Dazu soll Rafael vorerst für Margairaz spielen; ob Nef oder Stahel auf der rechten Abwehrseite verteidigen, liess der Romand am Mittwochmittag noch offen.
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Tages-Anzeiger vom Donnerstag, 29. September 2005
Die Hoffnung lebt beim FCZ
« Wir schiessen ein frühes Tor, und Bröndby wird nervös » , sagt Captain Franco Di Jorio. « Wir brauchen Geduld » , erklärt Mihai Tararache, « die beiden Tore können wir auch in der 85. und 93. Minute erzielen. » « Wir müssen selbstbewusster auftreten als in Kopenhagen, aber nicht auf Teufel komm raus stürmen und gegnerische Konter vermeiden » , bemerkt Blerim Dzemaili.
« Wenn wir Skoubo und Elmander, die Riesen im Sturm von Bröndby, kontrollieren können, ist schon viel gewonnen » , weiss Steve von Bergen. « Ich mache meine Fehler von Kopenhagen gut, ich schiesse zwei Tore » , lächelt Alhassane Keita. Die Aussagen der FCZ- Spieler nach dem gestrigen Training im Letzigrund wirkten nicht wie Durchhalteparolen, sie waren durchaus ernst gemeint. Was rasch deutlich wurde: Der FC Zürich hat zwar vor 14 Tagen in Kopenhagen 0: 2, aber nicht die Hoffnung verloren. Die Spieler glauben an die Chance, den Rückstand wettzumachen. « Bröndby ist nicht stärker als wir » , ist Florian Stahel überzeugt, « wir haben im Hinspiel einfach vieles falsch gemacht. » Und dann zählt der Verteidiger auf: Die Mannschaft habe zu passiv gespielt, in den Zweikämpfen zu zögernd und zu zimperlich agiert, zwei ärgerliche Gegentore zu-, aber zwei eigene grosse Tormöglichkeiten ausgelassen. Seine Erkenntnis: Auf internationalem Niveau müsse mehr oder weniger jede Torchance ausgenützt werden, sonst werde man bestraft.
Das 0: 2 von Kopenhagen war in der Tat ein hartes Verdikt für den FCZ. Aber er hatte sich damals kein besseres Resultat verdient, weil er nicht gut gespielt hatte. « Wir müssen uns steigern – und wir werden uns steigern » , verspricht Lucien Favre. Die Ereignisse während der zwei Wochen seit dem Hinspiel haben den FCZ- Trainer wieder zuversichtlicher werden lassen, als er es unmittelbar nach der Partie im Bröndby- Stadion gewesen war.
Einerseits hat der dänische Meister seither nicht sonderlich überzeugt, aus drei Meisterschaftsspielen nur vier Punkte gewonnen ( 1: 3 in Viborg, 1: 1 gegen den FC Kopenhagen, 3: 1 in Odense). Im Derby und zuletzt am Samstag in Odense kam Bröndby dank seiner Schlüsselspieler Johan Elmander und Morten Skoubo zu Punkten. Sie erzielten je zwei Tore, und Skoubo ist mit sieben Treffern in der dänischen Liga der klar beste Torschütze von Bröndby. « Wir müssen die beiden stoppen, wenn wir zu null spielen wollen » , sagt auch Favre. Er weiss: Ein Gegentor im Letzigrund hätte vermutlich fatale Folgen, weil dann der FCZ vier Treffer zum Weiterkommen benötigt.
Die Heimstärke im Letzigrund
Andererseits wird Favres Optimismus durch die starke Heimserie des FCZ in dieser Saison genährt. In der Super League ist das Team im Letzigrund ungeschlagen, er hat vier von fünf Spielen gewonnen, dabei 17 Treffer erzielt. Und im Uefa- Cup setzte er sich im eigenen Stadion gegen Legia Warschau mit einem bemerkenswerten 4: 1 durch. Michael Laudrup, der Trainer von Bröndby, kennt diese Zahlen. Sie erschrecken ihn nicht. « Wir sind hier, um ein Auswärtstor zu erzielen und die Sache zu unseren Gunsten zu entscheiden » , sagte er gestern Abend vor dem Training seiner Mannschaft im Letzigrund.
Ein paar Stunden vorher hatte Favre an gleicher Stätte seine Spieler das Elfmeterschiessen üben lassen. « Man kann ja nie wissen » , lächelte er. « Ein Tor für uns in jeder Halbzeit, kein Treffer in der Verlängerung – et voilà . . . » .
Mögliche Aufstellungen. FCZ: Leoni; Stahel, Filipescu, Von Bergen, Stucki; Di Jorio, Dzemaili, Tararache, Cesar; Keita, Rafael. – Bröndby Kopenhagen: Ankergren; Johansen, Andersen, Nielsen, Sennels; Lantz, Retov; Elmander; Jörgensen, Skoubo, Thomas Rasmussen.
Suchtrupp Bruno Manser
Sektion Üetliberg Hell