Der FCZ und sein Stillstand
In der Nachspielzeit wendeten die Zürcher dank Guerrero eine Niederlage gegen Thun ab. Das 1:1 macht ihre Leistung jedoch auch nicht besser, als sie war.
Von Thomas Schifferle, Zürich
In der Pause riefen die Zuschauer «Buh!» und «Pfui!» und pfiffen. Am Ende pfiffen sie nur noch. Zuerst galt ihre Kritik der eigenen Mannschaft, danach dem Schiedsrichter, der dem Gast in der 79. Minute zu einem zweifelhaften Elfmeter verholfen hatte. Die Geräuschkulisse passte jedenfalls zu dem, was sich an diesem sonnigen Sonntag auf dem Letzigrund zugetragen hatte. Es war, völlig unabhängig von den Eindrücken einen Tag zuvor im Basler St.-Jakob-Park, ein Anlass von minimalem Unterhaltungswert.
Das war nicht die Schuld der Thuner Gäste. Die schlugen sich tapfer, verhielten sich diszipliniert und wiesen nach, dass Hanspeter Latour, dieser Trainer von wohltuend unverfälschter und ungekünstelter Art, ihrem Spiel durchaus seine Handschrift verliehen hat. Das Fehlen von Klasse, Routine und Abgeklärtheit konnten sie hingegen nicht kaschieren. Zusammengerechnet hätten seine Spieler ja keine 100 Einsätze in der Nationalliga A, rechnete Latour vor. Wäre es anders, hätten die Thuner ihre Konterchancen nach dem 0:1 in ein zweites Tor umgesetzt.
Keita ohne jegliches Selbstvertrauen
Dass nicht viel los war im Letzigrund, hatten die Zürcher zu verantworten. Dass sie «unbedingt siegen wollten», wie Trainer Georges Bregy anmerkte, war ihnen zu glauben. Nach zwei Spielen mit nur einem Punkt und angesichts der Zielvorgabe von Präsident Sven Hotz war das für sie auch nur die Pflicht und das Minimum. Ihr Pech war nur, dass sie nicht umsetzen konnten, was sie sich vorgenommen hatten. Ihrem Spiel fehlte die Linie, die Klarheit, die Entschlossenheit, die Leidenschaft, der Witz.
Dass Pech dazukam, passte ins Bild und drückte sich in der Szene aus, die zum Elfmeter führte. Jeanneret hatte den Ball zweifellos mit der Hand gespielt, aber wohl nur, weil er von Rama einen leichten Stoss in den Rücken erhalten hatte. Bregy liess es sich hinterher in seinem Ärger nicht nehmen, Schiedsrichter Etter für die Leistung «merci» zu sagen.
Im Mittelfeld blieb mit Sergio Bastida auch der grundsätzlich beste Fussballer der Mannschaft alles schuldig. Im Angriff konnten der 1,69 m kleine Alhassane Keita und der 1,72 m kleine Francisco Guerrero mit den vielen hohen Bällen, die von hinten nach vorne geschlagen wurden, nichts anfangen. Keita war einmal mehr weit von seiner Frühform des Herbsts entfernt. Wo er damals durchgestartet und dynamisch den Abschluss gesucht hatte, bremste er gestern ab, drehte sich und schlug einen Pass ins Niemandsland. Der junge Mann wartet seit dem 6. Oktober auf sein elftes Tor. Ihm fehlt es offensichtlich an Selbstvertrauen.
Kollege Guerrero rannte viel, aber meist wirr und wirkungslos. Seine Bilanz schönte er in der 91. Minute, als ihm ein von Thuns Goalie Kobel ungenügend abwehrter Freistossball vor die Füsse fiel und er den Ausgleich erzielte. Das war sein erstes Tor diese Saison, das dritte insgesamt, seit er im Spätsommer 2001 zu einem massiv überhöhten Preis nach Zürich gekommen war.
Nur ein Sieg in zehn Spielen
Mit Guerreros Treffer wiederholte sich die Geschichte vom ersten Finalrundenspiel gegen Xamax, als es Yasar war, dem im letzten Moment das 1:1 gelang. Das ändert nichts daran, dass dieser FCZ unverändert an Ort tritt. Auch in seinem Fall gilt die Formel: Stillstand ist Rückschritt. Er ist nach den beiden ersten Heimspielen der Finalrunde bereits mit vier Punkten im Minus. Er gewann nur eines seiner letzten insgesamt zehn Meisterschaftsspiele und holte in dieser Periode nur acht Punkte.
Bregy hofft nun, ein Spiel in der Fremde tue seiner Mannschaft gut, weil da der (Erwartungs-)Druck weniger gross sei als im heimischen Letzigrund. Servette ist am Mittwoch der Gegner im neuen Stade de Genève. Allerdings beklagt Bregy bereits, dass ihm mit dem Slowaken König, dem Marokkaner Chihab und dem Guineer Keita drei Spieler fehlen, die für ihre Nationalteams aufgeboten worden sind. Und die Statistik spricht auch nicht für den FCZ. Er ist seit siebeneinhalb Monaten und neun Spielen ohne Auswärtssieg.