«Ich hätte Freude, wenn der FCZ Meister würde»<br>
<b>Stadtpräsident Elmar Ledergerber über GC, den FCZ und den Stellenwert des Fussballs.
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<i>Elmar Ledergerber, wer wird in der neuen Saison Meister: GC oder der FCZ?</i><br>
Nicht nur wegen der ausgleichenden Gerechtigkeit hätte ich grosse Freude, wenn der FCZ wieder einmal Meister würde. Er hat in den letzten Jahren seine Anhänger in einem ungesunden Ausmass strapaziert und frustriert.
<i>Wir schliessen daraus, dass Sie FCZ-Sympathisant sind.</i><br>
Ich bin von meiner Herkunft her ein Alpenei. Wenn während meiner Jugendzeit die Wiesen gemäht waren, haben wir wie die Verrückten «getschuttet», aber mit dem Klubfussball hatten wir nicht viel am Hut. Als ich nach Zürich kam, ging ich nie zum Fussball. Erst mit dem geplanten Stadionbau in Zürich habe ich begonnen, mich intensiver mit Fussball zu befassen. Ich bin nun schon einige Male bei den Spielen gewesen, bei GC und beim FCZ.
<i>Aber welcher Klub zieht Sie mehr an?</i><br>
Ich hatte früher das Vorurteil, dass GC der Klub der Millionarios ist. Dieses Image habe ich für mich korrigiert. GC hat mit seiner breiten Nachwuchsförderung grosses Verdienst für den Jugendsport in der Stadt. Und das ist für mich nicht elitär, sondern Breitensport. Meine Sympathien schwanken zwischen dem FCZ und GC hin und her. Wenn der FCZ einen wichtigen Match spielt, gehe ich in den Letzigrund. In letzter Zeit aber fanden die spannenden Spiele halt meistens im Hardturm statt.
<i>Als Sie vor Jahren nach Zürich kamen, war der FCZ erfolgreicher als GC.</i><br>
Da gab es noch den Naegeli mit seinem Tabakfass. Da war der FCZ von seinem Label her der Büezerklub. Das war mir sehr sympathisch. Heute ist es so, dass Sven Hotz heldenhaft mit immer wieder neuen Griffen in seine Schatulle diesen Verein am Leben erhält. Das ist sehr verdienstvoll, und ich möchte ihm dafür auch ganz formell danken. Aber der FCZ bräuchte eine Verbreiterung der Kapitalbasis, damit er auch eine Zukunft hat.
<i>Wie hoch stufen Sie generell den Stellenwert des Fussballs in der Stadt ein?</i><br>
GC und der FCZ mobilisieren, über den Daumen gepeilt, gegen 400 000 Zuschauer pro Saison. Fussballspiele sind die Kulturveranstaltung, die, abgesehen vom Kino, am meisten Besucher anzieht. Die Begeisterung für den Fussball ist in Basel, Bern und St. Gallen sicher grösser. Mit einem neuen Stadion werden wir in Zürich aber eine andere Situation vorfinden. DieZuschauerzahlen werden sich verdoppeln, es werden viel mehr Frauen zu den Spielen gehen, der Stellenwert wird sich massiv vergrössern.
<i>Ist es ein Nachteil, dass es in Zürich zwei Klubs gibt, die um das gleiche Publikum kämpfen?</i><br>
Diese Rivalität ist ein Vorteil, sie treibt beide Klubs an, besser zu sein als der andere. Und die Stadtrivalenderbys sind nach wie vor etwas Besonderes, von den Emotionen her fast ein wenig wie Fussball in der Champions League. Und mit dem neuen Stadion wird es auf Dauer Platz für beide Zürcher Klubs haben. Wenn Städte wie Aarau oder St. Gallen einen Klub in der höchsten Liga haben, dürfen es in Zürich schon zwei sein.
<i>Sie sehen ein Fussballspiel als Kulturveranstaltung. Warum werden GC und der FCZ nicht subventioniert wie die Pfauenbühne oder das Opernhaus?</i><br>
Wir geben für den Sport in der Stadt Zürich wohl mehr aus als für die Kultur . . .
<i>. . . ja, für den Breitensport . . .</i><br>
. . . nicht nur. Der Letzigrund beispielsweise ist eine städtische Anlage. Die Stadt bezahlt für den Unterhalt happige Beträge. Oder GC haben wir für vier Millionen die Fussballplätze in Niederhasli gekauft und stellen sie dem Klub gratis zur Verfügung.
<i>GC muss nach Niederhasli, weil es in der Stadt zu wenig Fussballplätze gibt.</i><br>
Für GC ist das kein Problem. Zu bedauern ist hingegen, dass wegen der fehlenden Plätze nicht alle Kinder Fussball spielen können. Dabei wäre das für die Ausländer eine Möglichkeit zur Integration par excellence. Wenn wir die Jugend von der Strasse wegbringen wollen, brauchen wir den Sport. Da kann sogar ich Ogi zitieren: «Der Sport ist die Schule für das Leben.» Aber wir müssen das Angebot liefern.
<i>Das neue Stadion ist für Zürich sehr wichtig. Mit welchen Gefühlen schauen Sie auf die Abstimmung vom 7. September?</i><br>
Mit sehr optimistischen. Ich bin überzeugt, es gibt ein überwältigendes Ja zum Stadion, eine Dreiviertelmehrheit.
<i>Woher kommt Ihr Optimismus?</i><br>
Es ist nur ein kleines Grüpplein der umliegenden Anlieger gegen das Stadion. Beim Hardturm muss endlich urbane Qualität entstehen. Das Stadion mit seiner Mantelnutzung wird diese Qualität bringen. Der Letzipark hat 1500 Parkplätze, beim neuen Stadion werden nur 1000 Parkplätze geschaffen. Dieses Argument der Gegner sticht nicht.
<i>Selbst bei einem Volks-Ja haben die Gegner die Möglichkeit zu Einsprachen . . .</i><br>
. . . ja, damit müssen wir rechnen, weil wir ein Rechtsmittelstaat sind in einem Ausmass, dass wir uns selbst ins Bein schiessen.
<i>Wie lange lässt sich ein Baubeginn mit Einsprachen verzögern?</i><br>
Die Credit Suisse als Hauptinvestor sagt klar: «Wir bauen dieses Stadion, egal wann.» Man kann den Bau zwar so lange verzögern, dass man den Zürchern allenfalls die EM 2008 vermiesen kann. Irgendwann muss aber auch dem Letzten klar werden, dass sein Widerstand keinen Sinn ergibt.
<i>Was wünschen Sie der Fussballstadt Zürich?</i><br>
Ich wünsche mir, dass die Zürcher im Jahr 2006 ins neue Stadion gehen können, das eine Wucht ist, ein Tempel der Postmoderne. Und dass immer einer der beiden Klubs um die Meisterschaft mitspielen kann. (Interview: pb./ths.)