WM 2022 Katar

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Forza1896
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Re: WM 2022 Katar

Beitragvon Forza1896 » 18.01.22 @ 16:52

likavi hat geschrieben:Alle Länder haben Interessenskonflikte und alle Länder wollen sich toll darstellen. Ohne Ausnahme...

Der Konkurrent zu Katar waren die USA. Dort werden auch Menschen schlecht behandelt und Rechte missbraucht. Und selbst ohne die gekauften Stimmen hätte Katar gleich viele Stimmen wie die USA gehabt (ohne Stichentscheid).

Zu demokratischen Entscheiden gehört unabdingbar, dass man auch verlieren kann.


Gebe ich dir recht, dennoch ist es Fakt, dass die WM 2022 in Katar stattfindet und eben nicht in den USA. Ich weiß auch, dass in anderen Ländern die Rechte der Menschen nicht viel Wert sind.
Dennoch muss ich es / müssen es die Leute nicht toll finden was da passiert und das auch noch zusätzlich unterstützen. Oder mit dem Argument kommen "in anderen Ländern ist auch schlecht, was regst dich über Katar auf?" Wäre die WM in Saudi-Arabien hätten wir die gleiche Situation.

Und mir ist klar, dass Länder wie Katar und Saudi-Arabien polarisieren und auch Unterstützung oder eben viel Gegenwind bekommen. Im Jemen ist die Situation auch beschissen, interessiert (im Gegensatz zu Katar) nur noch weniger (wenn man die Presse oder das Handeln der Nationen verfolgt), da im Jemen nicht viel zu holen ist (Infrastruktur, Rohstoffe etc.)



likavi hat geschrieben:Das kann man so generell nicht sagen. Die Reichen und Mächtigen sind auch nur Menschen mit häufig der genau gleichen Faszination für Fussball wie viele andere auch. Und viele sind, wenn es um Fussball geht, genauso emotional und unvernünftig wie ein Fan in der Kurve. Und geben viel zu viel Geld aus, um noch einen guten Stürmer zu kaufen. Weil diese Saison, ja, diese Saison wird es nun ganz bestimmt klappen mit einem Titel.... Superreiche haben halt den Vorteil, dass sie das was ein Normalo nur in einem Fussballmanager-Game simulieren kann, in der Realität hautnah miterleben können.


Ja man kann nicht alle in einen Sack stecken /es verallgemeinern. Gut beschrieben die Situation von dir, trotzdem für einen "normalo Fan" nicht immer verständlich und nachvollziehbar und irgendwo auch traurig zu sehen - aber das ist halt die Realität


likavi hat geschrieben:Willst Du wirklich "Staaten treffen"? Das ist eine sehr kriegerische Denkweise.

Du verstehst das hier zu politisch. Bleiben wir mal beim Fussball.
Die Hauptaussage / Frage ist "was kann ein kleiner Fan denn machen, damit die großen (Staaten/ Machthaber usw) mit ihrer Macht / Geld durchkommen und machen können was sie wollen?! Seien wir ehrlich, jeder kleine Fan ist doch erstmal machtlos und muss zuschauen wie der Fussball so ein bisschen den Bach runter geht. Was der kleine Fan sagt interessiert doch keinen oder nur am Rande.
Beispiel Bayern München JHV: Da bringt einer den Mut auf etwas diskutieren zu wollen, dann wird er Mundtot gemacht.
Was bleibt denn bei Fans hängen? Die großen Geldgeber haben uns im Sack, unser Wort ist egal...
Der normale Fan / Ultra / Kurvengänger fühlt sich machtlos...
Würde ein normaler Fan so handeln (im kleinen Stil), nämlich machen was er will mit Druckmitteln, wäre er schneller weg als er Amen sagen könnte.

Und die Meinung stammt nicht nur von mir, sondern basiert auf unzählige Unterhaltungen mit Fans im Rahmen einer Doktorarbeit die ich 3 Jahre begleiten durfte.

Und genau dieses Thema / diese Ansichten bekomme ich jetzt wieder zur WM2022 zugespielt - ein reicher Staat hat so viel Einfluss, tritt Menschenrechte mit Füßen und nutzt wieder einmal den Volkssport Nummer 1 um Sympathien zu erlangen (i know - das gleiche machen Klubs oder andere Staaten auch).Aber die WM ist nun einmal in Katar - also ist Katar auch das Thema. So viele Leute können sich doch aus unterschiedlichen Schichten nicht täuschen oder eine völlig falsche Einstellung haben - oder etwa doch?

Und nochmal ich bin natürlich auch für ein friedliches Zeichen das gesetzt werden muss.
Ich würde es feiern, wenn die Spieler großer Nationen einfach nicht antreten würden. Klar rettet das keine Leben mehr, aber einfach mal ein Zeichen setzen und zeigen "mit uns nicht"! Wir unterstützen diese Vorgänge / diese "tolle Scheinwelt" nicht. Tolle t-shirts tragen mit human right oder Regenbogenfarben zeigen bringt auch nichts. Genauso wenig wie einfach alles so hinnehmen und dort Fussball genießen wo alles noch absurder ist als in anderen Ländern.

Aber wie gesagt, ich bin offen für andere Vorschläge oder lasse mich belehren wieso meine Denkweise / die Meinungen die ich sammeln durfte "falsch" sind.
Es gibt immer zwei Seiten / Dinge die die eine Seite mehr weiß.

likavi hat geschrieben:Wenn dir die Zukunft des Fussballs am Herzen liegt, dann geht es darum, konstruktiv Ideen zu entwickeln und diese in bereits bestehende Strukturen wie die FIFA einzubringen. Sich noch lange über eine bestimmte WM-Vergabe aufzuregen und darum generell alles Mist zu finden, bringt niemandem etwas. .


Nochmal ich finde die Sicht von dir mega und auch wie du es erklärst. Und ich lerne gerne dazu in meinen Ansichten.
Und da sind wir beim richtigen Punkt - die konstruktiven Ideen. Mir geht es nicht darum, dass ich diese habe oder sage "hier hätte ich eine Lösung". Ich frage mich vielmehr, was die Lösung sein könnte und gibt es überhaupt eine? Also primär (um beim sportlichen zu bleiben) den Fussball zu retten. Ich habe bisher noch keine Idee gelesen aber dafür schon x-mal die Frage gesehen "was könnte man machen". Du scheinst hier wesentlich besser informiert zu sein und vllt. hast du da eine Idee.
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Re: WM 2022 Katar

Beitragvon din Vater » 18.01.22 @ 18:54

likavi hat geschrieben:[…]
Alle Länder haben Interessenskonflikte und alle Länder wollen sich toll darstellen. Ohne Ausnahme...

Der Konkurrent zu Katar waren die USA. Dort werden auch Menschen schlecht behandelt und Rechte missbraucht. […]


Willst du damit die Rechtssituation in einer liberalen Demokratie auf die gleiche Stufe stellen, wie diejenige in einer absoluten Monarchie?
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Re: WM 2022 Katar

Beitragvon likavi » 19.01.22 @ 8:46

Forza1896 hat geschrieben:Nochmal ich finde die Sicht von dir mega und auch wie du es erklärst. Und ich lerne gerne dazu in meinen Ansichten.
Und da sind wir beim richtigen Punkt - die konstruktiven Ideen. Mir geht es nicht darum, dass ich diese habe oder sage "hier hätte ich eine Lösung". Ich frage mich vielmehr, was die Lösung sein könnte und gibt es überhaupt eine? Also primär (um beim sportlichen zu bleiben) den Fussball zu retten. Ich habe bisher noch keine Idee gelesen aber dafür schon x-mal die Frage gesehen "was könnte man machen". Du scheinst hier wesentlich besser informiert zu sein und vllt. hast du da eine Idee.


Ich habe hier schon mehrmals die Idee einer Europaliga oder noch besser einer Weltliga unter der Ägide der FIFA vorgebracht. Konkret: eine Fortsetzung der Ligapyramide nach oben! Die besten Klubs der Welt spielen in einer Weltliga, dann gibt es auf zweithöchster Stufe so etwas wie Kontinentalligen und dann noch eine dritte Stufe mit Klubs aus der gleichen Region eines Kontinents. Auf dieser dritten Stufe könnte sich die oberste rein nationale Liga eines grossen Landes wie Deutschland befinden, während die besten zwei, drei Schweizer Teams mit Klubs aus einigen benachbarten Ländern spielen. Auf vierter Stufe wäre dann beispielsweise auch die höchste rein nationale Schweizer Liga (Super League), die von der SFL / SFV organisiert wird. Ganz wichtig: zwischen den Stufen gäbe es wie üblich im Fussball Auf-/Abstieg. Bei solch internationalen Ligen sollte die Durchlässigkeit leicht höher sein, als national üblich, also beispielsweise bei einer 20er-Liga vier bis fünf Auf-/Absteiger.

Vorteile:
- Die Langeweile in den nationalen Ligen durch die grossen sportlichen und finanziellen Diskrepanzen wird gebrochen: jede Mannschaft spielt auf dem Level, wo sie auch hingehört, keine befindet sich "auf einem anderen Planeten" wie beispielsweise seit Jahrzehnten die Bayern in Deutschland
- Dasselbe gilt für den internationalen Level - die Teams welche den Aufstieg in die Welt- / Kontinentalliga sportlich schaffen, würden alle am gleichen internationalen TV-Pool partizipieren - es gäbe nicht mehr diese enormen Diskrepanzen mehr zwischen Klubs aus grossen und kleineren TV-Märkten in internationalen Spielen - Ajax, Benfica oder Celtic hätten eine faire Chance, sich mit guter Arbeit auch mittel- bis langfristig auf Augenhöhe mit Chelsea, Dortmund, Juve etc. zu bewegen
- Die besten Teams der Welt würden Woche für Woche am Wochenende gegeneinander spielen, statt nur zusätzlich unter der Woche - das würde Fussballfans weltweit noch stärker verbinden und vereinen - ausserdem wären auch Klubs von ausserhalb Europas dabei
- Wenn sich das System etabliert, dann hätte die FIFA endlich wieder die Mittel. um notwendige und zukunftsweisende Regeln durchzusetzen, alle Mitgliedsländer sind an der Erarbeitung dieser Regeln beteiligt - sollte zum Beispiel Financial Fairplay zu diesen Regeln gehören, dann wäre das nicht nur Papier, sondern könnte wirklich konsequent durchgesetzt werden, denn alle Klubs wollen ja dabei sein
- Die ständigen Grabenkämpfe über Spielerabstellungen und Termine zwischen Klubs, Nationalteams, Ligen, Internationalen Verbänden und Spielern würden verschwinden
- Dementsprechend könnten die FIFA und Kontinentalverbände die wichtigen Internationalen Turniere und Spiele der Nationalteams wieder stärken
- Vereinfachung des Wettbewerbswirrwars und der Überbelastung der Spieler - im Prinzip noch drei Wettbewerbe: Liga (an der Spitze international), Pokal (national), WM/EM für Nationalteams
- Eine Spaltung des Fussballs wird verhindert
- Es würde sichergestellt, dass die FIFA auch weiterhin beispielsweise das System der Ausbildungsentschädigungen bei Transfers durchsetzen kann
- Parallel könnte natürlich ein vom Aufbau her identischer Frauenwettbewerb aufgezogen und separat global vermarktet werden, nicht gekoppelt an die Männerligen (es könnten also auch reine Frauenklubs teilnehmen, immer basierend auf rein sportlichen Kriterien, ebenfalls mit Auf-/Abstieg)

Nachteile:
- In einigen Ländern spielen die besten Klubs nicht mehr in der obersten nationalen Liga. -> Als Kompensation sollten die nationalen Pokalwettbewerbe gestärkt werden. Diese würden so eine deutlich erhöhte Bedeutung bekommen als einzige reine nationale Klub-Wettbewerbe
- Kein separater Europacup mehr: dieser ist im Ligafussball integriert

Offene Fragen:
- Besitzverhältnisse / Finanzierung: ich würde hier weltweit eine liberale Haltung einnehmen, wenn Milliardäre ihr Geld in den Fussball stecken wollen, sollen sie das tun. Dieses zusätzliche Geld kommt schlussendlich allen im Fussball zugute. Die einzelnen Länder sollen aber weiterhin ihre eigenen verschärften Regeln haben dürfen, zum Beispiel Deutschland mit seinem 50+1. Wichtig ist einfach, dass die international zentral generierten TV- und Marketing-Gelder auf sinnvolle Weise möglichst gleichmässig verteilt (basierend auf der Ligastufe) werden.

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Re: WM 2022 Katar

Beitragvon likavi » 19.01.22 @ 9:13

din Vater hat geschrieben:
likavi hat geschrieben:[…]
Alle Länder haben Interessenskonflikte und alle Länder wollen sich toll darstellen. Ohne Ausnahme...

Der Konkurrent zu Katar waren die USA. Dort werden auch Menschen schlecht behandelt und Rechte missbraucht. […]


Willst du damit die Rechtssituation in einer liberalen Demokratie auf die gleiche Stufe stellen, wie diejenige in einer absoluten Monarchie?


Wenn man es aus dieser Perspektive anschaut natürlich nicht. Diesbezüglich ist Katar aus europäischer Perspektive Jahrhunderte im Rückstand in seiner Entwicklung. Wenn du allerdings aus politischen Gründen auf einer Target Liste des Pentagon oder der CIA bist, dann hilft dir die liberale Demokratie auch nicht mehr viel. Es gibt weiterhn die Todesstrafe etc.

Die Realität ist fast nie so schwarz/weiss, wie man es aus dem täglichen Medienkonsum her denken könnte. Jedes Land und jede Regierung will PR für sich machen. Das ist völlig normal. Und man kann umgekehrt auch absolut jedes Land mit einer gezielten PR-Kampagne international in ein ganz schiefes Licht stellen, wenn man will. Es herrscht eine ständige starke Disbalance zwischen den echten grössten Problemen / Skandalen dieser Welt und den öffentlich wahrgenommenen. Denn letztere stind stark durch (geo-)politische, ideologische oder ökonomische Interessen gefärbt.

Manches im ARD-Bericht von oben, was in Bezug auf die Kommunikationspolitik von Katar und FIFA als "skandalträchtig" dargestellt wird, ist banal, oder entlastet die Akteure sogar eher.

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Re: WM 2022 Katar

Beitragvon chuk » 19.01.22 @ 15:44

likavi hat geschrieben:
Forza1896 hat geschrieben:Danke auch hier für die Ausführung zur FIFA. Ich verstehe, dass man die FIFA stärken sollte, damit nicht alles aus dem Ruder läuft (Super League usw.). Aber wie willst du sinnvoll eine FIFA - die demokratisch handelt / handeln sollte - stärken, wo Demokratie auch nur ein "Leitwort" ist. Auch hier wird zwar demokratisch abgestimmt, aber die Stimmvergabe auch oft durch Geld beeinflusst. Also Demokratie auf dem Papier und nicht gelebt.


Das kann man so generell nicht sagen. Es gibt ja sehr viele Entscheidungen jedes Jahr durch den Kongress und das Exekutivkomittee/Rat und bei der Mehrheit dieser Entscheidungen geht sicherlich alles mit rechten Dingen zu.

Aber Repräsentative Demokratien haben natürlich generell IMMER den Schwachpunkt von Käuflichkeit, Lobbying und Korruption. In einem Parlament mit 200 Abgeordneten kommt es häufig auf 5-10 Abgeordnete an, die noch unentschlossen sind. Da ist die Versuchung von allen Seiten gross, die entscheidenden Stimmen mit unredlichen oder halbredlichen Methoden zu sichern: Politische Deals, Bestechungsgelder, attraktives Jobangebot für Sohn/Tochter/Ehefrau, Einschüchterung/Drohungen/Blackmail,....

Es sollen ja auch bei der WM-Vergabe für 2022 ALLE Kandidaturen versucht haben, Stimmen zu kaufen. Nicht nur Katar.

Das ist einer von vielen Gründen, warum Direkte Demokratie so viel besser ist. Denn Millionen von Stimmbürgern zu bestechen ist so gut wie unmöglich. Übertragen auf die FIFA müsste also die WM-Vergabe von einem grösseren Gremium bestimmt werden. Und das ist ja auch so geändert worden. Für 2026 hat der ganze Kongress aller Mitgliedsländer die Entscheidung gefällt. Idealerweise würden alle Lizenzierten Fussballspieler der Welt über eine WM-Vergabe abstimmen. Dann müssten die aber auch alle die detaillierten Reports zu den Austragungsländern lesen und beurteilen können. Ausserdem gäbe es das Problem von unterschiedlichen Lizenzierungskriterien in den einzelnen Mitgliedsländern.

Forza1896 hat geschrieben:Das Staaten wie Saudi-Arabien oder Katar Sportveranstaltungen austragen dürfen ist dennoch eine Frechheit (auch wenn es angeblich so laut den Stimmen beschlossen wurde). Da wird ein Interessenskonflikt / Krieg ausgetragen und der Fussball (den wir alle lieben) benutzt um eine schöne tolle Welt darzustellen. Nicht nur dort werden Menschen schlecht behandelt und Rechte missbraucht. Aber gerade dies muss nicht noch gefördert werden.


Alle Länder haben Interessenskonflikte und alle Länder wollen sich toll darstellen. Ohne Ausnahme...

Der Konkurrent zu Katar waren die USA. Dort werden auch Menschen schlecht behandelt und Rechte missbraucht. Und selbst ohne die gekauften Stimmen hätte Katar gleich viele Stimmen wie die USA gehabt (ohne Stichentscheid).

Zu demokratischen Entscheiden gehört unabdingbar, dass man auch verlieren kann.

Forza1896 hat geschrieben:Es geht doch schon lange nicht mehr um den Sport / Fussball - wohl gemerkt den wir alle lieben und der für alle zugänglich sein sollte.


Das kann man so generell nicht sagen. Die Reichen und Mächtigen sind auch nur Menschen mit häufig der genau gleichen Faszination für Fussball wie viele andere auch. Und viele sind, wenn es um Fussball geht, genauso emotional und unvernünftig wie ein Fan in der Kurve. Und geben viel zu viel Geld aus, um noch einen guten Stürmer zu kaufen. Weil diese Saison, ja, diese Saison wird es nun ganz bestimmt klappen mit einem Titel.... Superreiche haben halt den Vorteil, dass sie das was ein Normalo nur in einem Fussballmanager-Game simulieren kann, in der Realität hautnah miterleben können.

Forza1896 hat geschrieben:Frage dich mich in dieser Diskussion am meisten beschäftigt zielt auch auf die Aussage "Fussball retten".
Was könnt man machen um wirklich was zu bewegen? wo könnte man diese großen Leute / Staaten wirklich treffen um dagegen zu halten?


Willst Du wirklich "Staaten treffen"? Das ist eine sehr kriegerische Denkweise. Hinter den Staaten stehen letztendlich alle Einwohner eines Landes. Willst Du die wirklich "treffen"? Die USA hat immer noch viele Machtmittel, um andere Länder "zu bestrafen", wenn sie sich nicht so verhalten, wie die USA es will. Aber da wir in westlichen Ländern schon lange nur noch ein sehr kleines Wirtschaftswachstum haben, haben wir in der Welt nicht mehr so viel Einfluss wie auch schon. Darum können wir anderen Ländern auch im kulturellen / moralischen Bereich immer weniger "Vorschriften" machen, was sie tun und was sie lassen sollen.

Der Fussball kann nicht nur aus übermässiger Kommerzialisierung, sondern auch aus übermässiger Politisierung auseinanderfallen. Dann verliert er seine verbindende Kraft über politische, ökonomische und kulturelle Grenzen hinweg.

Wenn dir die Menschenrechtssituation in Katar ein Dorn im Auge ist: es gibt Non-Profit Organisationen, die sich seit Jahrzehnten damit befassen und sich in diesem Bereich engagieren. Das Beste ist es, da direkt zu helfen und zwar nicht nur wenn Fussball-WM ist, sondern auch danach.

Wenn dir die Zukunft des Fussballs am Herzen liegt, dann geht es darum, konstruktiv Ideen zu entwickeln und diese in bereits bestehende Strukturen wie die FIFA einzubringen. Sich noch lange über eine bestimmte WM-Vergabe aufzuregen und darum generell alles Mist zu finden, bringt niemandem etwas. Weder den Fussballern, noch den Arbeitern aus Bangladesch. Wenn sich Katar nicht um die Fussball-WM beworben hätte, dann hätte es wahrscheinlich irgendwelche andere Prestige-Projekte gebaut. Mit den gleichen Arbeitsbedingungen - aber weniger Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit.

Letztendlich ist dies auch die allererste Fussball-WM im arabischen Raum, der schon sehr lange Teil der internationalen Fussballfamilie ist. Dies komplett zu ignorieren, hat viel mit westlicher Arroganz zu tun.


Du machst in deinen Ausführungen ziemlich viele Fässer auf, wobei ich dir sagen muss, dein Narrativ vom imperialistischen, chauvinistischen Westen zieht im Kontext des Weltfussballs für mich überhaupt nicht:

1. Katar ist im fussballbegeisterten Maghreb und im nahen Osten aufgrund seiner Aussenpolitik unbeliebt bis verhasst. Der überwiegende Teil der arabischen Welt fühlt sich diesbezüglich also null vertreten. Aufgrund dieser Isolierung haben sie den Fussball als aussenpolitisches Instrument gewählt, was mich zum nächsten Punkt führt.

2. Dieser UEFA vs. FIFA Posse tangiert den Masterplan der Kataris nicht wirklich. Ist ja letztlich nur ein Verteilkampf von 2 Verbänden, wer das grössere Stück des Fussball-Kuchens erhält. In beiden Organisationen sind sie bestens vernetzt und können mit ihren Petro-Dollars Regeln umgehen und verletzten (PSG, WM-Vergabe etc.).

3. Die Hoffnung, dass eine reformierte FIFA den Fussball rettet, halte ich für reichlich naiv. Seit Infantino an der Macht sind viele Bemühungen zu mehr Compliance und Transparenz aktiv sabotiert worden. Ihr habt ja die 1-Landesverband-1-Stimme-Problematik schon erwähnt. Viele dieser Länder haben kaum eine Fussballinfrastruktur, werden aber laufend mit nicht zweckgebunden Millionen alimentiert, wobei viele Fälle dokumentiert sind, wo dieses Geld in dubiosen Kanälen verschwindet. Und jetzt erklär mir, wieso gerade die Typen, die sich in der Vergangenheit ungeniert selbst bereichern konnten, jemand Wählen sollen, der dieses korrumpierte System abschafft? Wer innerhalb der FIFA auf dieses Missstände aufmerksam macht, wird durch inkompetente Ja-Sager ersetzt, so geschehen mit Eckert und Borbely, die aus der Ethikkommission geschmissen wurden.

Da halte ich es noch für realistischer, dass eine "Koalition der kleinen Anständigen" Landesverbände die UEFA von innen heraus reformiert. Aber die sind ja auch auf die Brotkrümel angewiesen, die ihnen von den Katar-Milliarden noch übrig bleiben, darum muckt man lieber nicht zu fest auf.

4. Mann muss ja nicht das Gefühl haben, dass Katar wegen dieser WM sein Kafala-System abschafft. Bis zur WM werden noch bestmöglich Imagemakulaturen vorgenommen, danach wird wieder vieles beim Alten sein. Es ist wichtig und legitim, die WM-Vergabe immer wieder zu thematisieren und zu kritisieren. Nicht einmal um eine nachhaltige Verbesserung der Menschenrechte zu erreichen (unrealistisch!), sondern nur schon um all den Funktionären ein Signal zu senden, dass sie in ihren Ämtern keine Narrenfreiheit geniessen und durchaus mit Gegendruck und Reputationsverlust, vielleicht sogar mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen müssen.

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din Vater
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Re: WM 2022 Katar

Beitragvon din Vater » 19.01.22 @ 17:32

likavi hat geschrieben:
din Vater hat geschrieben:
likavi hat geschrieben:[…]
Alle Länder haben Interessenskonflikte und alle Länder wollen sich toll darstellen. Ohne Ausnahme...

Der Konkurrent zu Katar waren die USA. Dort werden auch Menschen schlecht behandelt und Rechte missbraucht. […]


Willst du damit die Rechtssituation in einer liberalen Demokratie auf die gleiche Stufe stellen, wie diejenige in einer absoluten Monarchie?


Wenn man es aus dieser Perspektive anschaut natürlich nicht. Diesbezüglich ist Katar aus europäischer Perspektive Jahrhunderte im Rückstand in seiner Entwicklung. Wenn du allerdings aus politischen Gründen auf einer Target Liste des Pentagon oder der CIA bist, dann hilft dir die liberale Demokratie auch nicht mehr viel. Es gibt weiterhn die Todesstrafe etc.
[…]


Ok, dann nimmt schon noch wunder aus welcher Perspektive das Regierungssytem in Katar nicht rückständig ist? In den USA herrscht immerhin Gewaltenteilung, auch wenn sie das in der Aussenpolitik nicht so genau nehmen. Wenn du auf der Target Liste des Emir stehst, dann bekommst du ganz sicher keinen fairen Prozess (was in den USA immer noch die Regel ist).

Ich finde, dass du hier in der Diskussion auch nicht so differenziert bist. Aus meiner Sicht ist vieles was du schreibst klassischer Whataboutism und einfach mal die Gegenposition einnehmen. Wenn alle die WM-Vergabe 2022 als korrupt bezeichnen (was sie nachweislich auch war), dann schreibst du einfach mal, dass das ein demokratischer Prozess war, weil ja schliesslich Wahlen stattgefunden haben (Irgendwo hast du auch geschrieben, dass alle Landesverbände wählen konnten, was nun mal nicht stimmt, weil damals das Exekutivkomitee gewählt hat. In einem anderen Post hast du das immerhin noch erwähnt). In Russland finden auch Wahlen statt, würdest du Russland deshalb als Demokratie bezeichnen? Wohl eher nicht.

Vieles was du schreibst, kann man so generell nicht sagen. Z.B. bin ich mit deinen Aussagen zur repräsentativen und direkten Demokratie gar nicht einverstanden, das ist mir auch zu schwarz/weiss. Aber das führt nun von der Diskussion rund um die FIFA weg, deshalb mache da ich auch kein Fass auf.
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Re: WM 2022 Katar

Beitragvon likavi » 21.01.22 @ 9:50

din Vater hat geschrieben: Ok, dann nimmt schon noch wunder aus welcher Perspektive das Regierungssytem in Katar nicht rückständig ist?


Aus katarischer Perspektive zum Beispiel? Natürlich dominiert immer noch die USA die Welt und damit auch die aktuelle amerikanische Definition von Fortschrittlichkeit und Rückständigkeit. Sollte die ökonomische US-Dominanz in nächster Zeit aber in Frage gestellt werden, dann werden auch die entsprechenden Wertvorstellungen nicht mehr dominieren. Gewisse Dinge, die heute als fortschrittlich gelten, werden dann von der Weltmehrheit als rückständig angesehen werden, und einiges (nicht alles) was im heutigen westlichen Wertekanon als fortschrittlich gilt, wird als rückständig /dekadent / unmoralisch betrachtet werden. Ich hoffe nicht, dass Demokratie da dazugehören wird, aber auszuschliessen ist es nicht.
din Vater hat geschrieben: In den USA herrscht immerhin Gewaltenteilung, auch wenn sie das in der Aussenpolitik nicht so genau nehmen. Wenn du auf der Target Liste des Emir stehst, dann bekommst du ganz sicher keinen fairen Prozess (was in den USA immer noch die Regel ist).


Klar.

din Vater hat geschrieben: Ich finde, dass du hier in der Diskussion auch nicht so differenziert bist. Aus meiner Sicht ist vieles was du schreibst klassischer Whataboutism und einfach mal die Gegenposition einnehmen.


Aus meiner Sicht ist es natürlich umgekehrt. Ich versuche, mehr Differenzierung in einen populistisch einseitigen Narrativ zu bringen. Und genauso wie beispielsweise Forza siehst du mich in einer Diskussion regelmässig jemandem mit einer anderen Meinung in gewissen Punkten Recht geben. Oder sowohl positive wie negative Eigenschaften einer umstrittenen Person, Organisation oder Vorlage aufzählen. Und ich lerne gerne in einer Diskussion etwas Neues hinzu. Ich würde das alles als ein Zeichen von Differenzierung sehen. Es gibt hier im Forum einige User, bei denen ich das noch überhaupt nie beobachtet habe.

«Whataboutism» hat sich zuletzt zum klassischen Kampfbegriff der populistischen Ideologen entwickelt. Bitte keine Vergleiche und Einordnungen! Lasst uns und unsere liebgewonnenen Feindbilder und Vorurteile in Ruhe! We love to hate!

din Vater hat geschrieben: Wenn alle die WM-Vergabe 2022 als korrupt bezeichnen (was sie nachweislich auch war), dann schreibst du einfach mal, dass das ein demokratischer Prozess war, weil ja schliesslich Wahlen stattgefunden haben (Irgendwo hast du auch geschrieben, dass alle Landesverbände wählen konnten, was nun mal nicht stimmt, weil damals das Exekutivkomitee gewählt hat. In einem anderen Post hast du das immerhin noch erwähnt).


Doch, bezüglich WM 2026 hat der Kongress die Entscheidung gefällt und damit direkt alle Landesvertreter. Das habe ich geschrieben. Und auch das Exekutivkomitee wurde von den Landesvertretern gewählt. Repräsentative Demokratie. Die du offenbar weniger kritisch siehst als ich. Das Exekutivkomitee war ein von allen Landesvertretern aus ihren eigenen Reihen gewähltes Gremium von Landesvertretern, die sich alle drei, vier Monate in ein Flugzeug gesetzt und zu einer Sitzung in Zürich oder anderswo getroffen haben. Viele haben ja durch die Medien das Bild von einer FIFA im Kopf, die in Zürich sitzt und von hier aus irgendwelche dubiosen Entscheide über WM-Vergaben fällt. Aber so war und ist es nicht. Es sind die Vertreter der Landesvertreter aus der ganzen Welt, welche diesen Entscheid gefällt haben. Und die in Zürich sitzende FIFA Administration hat dann diesen politischen Entscheid der Weltfussballgemeinschaft umzusetzen.

din Vater hat geschrieben: In Russland finden auch Wahlen statt, würdest du Russland deshalb als Demokratie bezeichnen? Wohl eher nicht.


Wenn in Russland das einzige Problem wäre, dass von 100 Millionen Wählern drei bestochen worden sind und genau diese drei den Ausschlag bei der Wahl gegeben haben, dann wäre Russland trotzdem eine Demokratie. Verwerfliche Gründe für politische Entscheidungen kann es in jedem politischen System geben. Der Vorteil von Volksentscheiden ist, dass drei von 100 Millionen im Normalfall nicht den Ausschlag geben. Aber so ist es in Russland ja nicht. Es werden Gegenkandidaten ins Gefängnis gesteckt oder aus anderen fadenscheinigen Gründen nicht zur Wahl zugelassen. Ein echter demokratischer Prozess wird so von vornherein zumindest untergraben.

din Vater hat geschrieben: Vieles was du schreibst, kann man so generell nicht sagen. Z.B. bin ich mit deinen Aussagen zur repräsentativen und direkten Demokratie gar nicht einverstanden, das ist mir auch zu schwarz/weiss. Aber das führt nun von der Diskussion rund um die FIFA weg, deshalb mache da ich auch kein Fass auf.


Also, willst du ernsthaft bestreiten, dass Repräsentative Demokratie viel anfälliger auf Bestechung, Blackmail und Korruption ist als Direkte Demokratie? Das ist schlicht nicht abstreitbar. Ein Dutzend Menschen kann man deutlich einfacher bestechen als mehrere Millionen. Eine Frage der Logik und der weltweiten Praxis. Darum hast du ja auch keine konkreten Argumente dagegen.

Die Geschichte mit der WM-Vergabe offenbart exemplarisch einen der Schwachpunkte von Repräsentativer Demokratie. Die Ländervertreter wählen das Exekutivkomitee und dieses bestimmt die WM-Vergabe. Es geht um viel. Eine beschränkte Anzahl von Leuten geben den Ausschlag. Da lässt sich gar nicht vermeiden, dass Interessenvertreter der betroffenen Parteien an die Grenzen des Erlaubten (und manchmal darüber hinaus) gehen, um diese Entscheidungsträger mit allen Mitteln auf ihre Seite zu ziehen.

Und was soll «kann man nicht sagen» bedeuten?
a. Es ist physikalisch unmöglich dies zu sagen
b. Es ist nicht erlaubt, dies zu sagen
c. Diese Ansicht habe ich zum ersten Mal gehört, ich fühl mich in meiner Bubble ganz wohl und habe keine Lust, meine zementierte Meinung zu hinterfragen
d. Ich habe keine Argumente
e. Ich habe keine Zeit zu antworten


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