Beitragvon Tschik Cajkovski » 14.05.19 @ 7:52
mich erstaunt, dass rietiker unkenntnis vorgibt, bezüglich der neonazi anhängerschaft im gc. aus der nzz:
Die GC-Fankurve und ihr Neonazi-Problem
Am Tiefpunkt der Klubhistorie muss sich GC auch noch mit der Frage auseinandersetzen, wie rechtsextrem seine Fans sind.
In dem Moment, als der Abstieg Tatsache war, trat bei GC eine ungewöhnliche Figur auf den Plan: ein Mann mit Bart und tätowierter Glatze. Auf den TV-Bildern ist er unschwer als Rädelsführer jener Fans erkennbar, die in Luzern einen Spielabbruch erzwangen. Der «Blick» lieferte am Tag danach die Identifikation: Es handelt sich um Stefan N., für den die Zuschreibung «Neonazi» keine gewagte ist. Im schwierigsten Moment der Klubhistorie musste sich Klubpräsident Stephan Rietiker vor der Presse deshalb auch noch zu der Frage äussern, ob GC ein Rechtsextremismusproblem habe. «Das wäre schlecht, wenn dies so wäre. Das muss ich erst abklären.» Die Antwort führt zum schwer fassbaren Innenleben der GC-Fan-Kurve, zu einer seltsamen Verbrüderung mit einem ostdeutschen Verein und zu einem antisemitischen Kapitel in der Geschichte der Grasshoppers.
Unbestritten ist die problematische Gesinnung von Stefan N. Im Internet finden sich Bilder von ihm mit nacktem Oberkörper aus Tagen, da er jünger war. Auf seiner linken Brust prangt ein Hakenkreuz, darüber die Worte: «Ehre, Treue, Vaterland». Laut Antifa Bern ist er Mitglied von Blood & Honour, des Patriotischen Ostflügels sowie der Schweizer Hammerskins. Er habe mehrere Rechtsrockkonzerte organisiert und sich in der «Hardturmfront» engagiert, einer in den 1980er- und 1990er-Jahren aktiven rechten Hooligan-Organisation im GC-Umfeld. Auch der Nachfolgeorganisation «Zürichs kranke Horde» habe er angehört.
Laut Antifa musste sich der 39-jährige N. im März 2019 vor dem Regionalgericht Bern wegen eines Angriffes auf YB-Fans im Oktober 2016 verantworten. N. sei Thurgauer, derzeit in Winterthur wohnhaft und seit sieben Jahren arbeitslos.
Unbestritten sind weiter die Verbindungen von GC-Fans zu rechtsradikalen Gruppierungen im Umfeld des Chemnitzer FC. Während Jahren kam es zu gegenseitigen Besuchen, wie unter anderem die Facebook-Einträge der Chemnitzer Gruppierung N.S.-Boys zeigen. Zuletzt schien die Verbindung eingeschlafen zu sein. Dann jedoch wurde diesen Frühling während eines Meisterschaftsspiels in der GC-Fan-Kurve ein Transparent gehisst: «Ruhe in Frieden, Thomas». Man gedachte des kürzlich verstorbenen deutschen Neonazis Thomas Haller. In Chemnitz hatte sich ein ganzes Stadion an der Ehrung Hallers beteiligt, was landesweit als skandalös wahrgenommen wurde und auf Ebene des Klubs personelle Folgen hatte.
Juden nicht willkommen
In Zürich sah sich manch einer durch das Transparent in der GC-Kurve bestätigt. Vor allem in Fan-Kreisen des FC Zürich ist die Erinnerung an einen unschönen Teil der Geschichte der Grasshoppers präsent. Unter dem Regime von Zentralpräsident Walter Schoeller (1934 bis 1976) gab es klare Tendenzen, Juden vom Verein fernzuhalten.
Die FCZ-Fan-Zeitschrift «Daléo» erinnerte jüngst in einem Beitrag daran, dass die GC-Fans des umstrittenen Präsidenten 2015 mit Spruchbändern im Stadion gedachten. Die jüngsten Geschehnisse stehen zu dieser Vorgeschichte kaum in kausaler Verbindung, doch die Historie lässt die gegenwärtigen Ereignisse doppelt unschön aussehen.
Es wäre wahrscheinlich falsch, von einer Unterwanderung der Kurve durch Neonazis zu sprechen. Problematisch ist vielmehr, dass sich rechtsextreme Elemente derart in Szene setzen können. In dieser Richtung äussert sich ein langjähriger Besucher der GC-Fan-Kurve, der namentlich nicht genannt sein will. Er beschreibt die Szene als «extrem heterogen». Politik spiele keine Rolle. Es gebe dunkelhäutige und jüdische Mitglieder. Neonazis gebe es ebenfalls, aber ihr Anteil beschränke sich auf wenige Personen. Diese hielten sich für gewöhnlich mit politischer Rhetorik zurück.
«Aus der Kurve geprügelt»
Fussball-Fan-Kurven sind schwer fassbare Gebilde. Sie zerfallen meist in Untergruppen. Hierarchien gibt es zwar – letztlich beruhend auf dem Recht des Stärkeren. Aber sie sind nicht immer klar. Andererseits propagieren die Wortführer gegen aussen immer wieder die Fähigkeit zur Selbstregulierung. Die GC-Kurve habe dies durchaus praktiziert, sagt auch der Kurvengänger. Er spielt auf einen Vorfall vor vier Jahren an. Damals seien zwei Neonazis «aus der Kurve geboxt» worden, sprich: Sie wurden von GC-Fans spitalreif geprügelt. Der «Tages-Anzeiger» berichtete mit Verweis auf Polizeiakten ebenfalls über den Fall.
Dass sich Rechtsextreme jüngst wieder Gehör verschafften, sei in der Kurve «extrem umstritten», sagt der Kurvenbesucher. Manch einer störe sich am Gebaren insbesondere von Stefan N., der nach längerer Abwesenheit in die Kurve zurückgekehrt ist und sich zuletzt «in den Vordergrund» gedrängt habe. Dies tat er nun auch in den entscheidenden Momenten – bei den Spielabbrüchen in Sitten und nun auch in Luzern.
Dass es der Kurve nicht gelang, dies zu verhindern, ist dem Mann ein Rätsel. Angesichts dessen sei ein Zeichen der Distanz der GC-Fans angezeigt. Man müsse sich aber vor Augen halten, dass die einst über 2500 Leute umfassende Kurve stark geschrumpft sei und dass gerade hellere Köpfe das Weite gesucht hätten. Leute, die ihr Handeln reflektierten, seien heute rar. Die Fan-Kurve muss sich jedenfalls den Vorwurf gefallen lassen, zu wenig gegen die Vereinnahmung durch Neonazis unternommen zu haben, die sich auf die Aussenwahrnehmung katastrophal auswirkt.
"we do these things not because they are easy, but because they are hard" jfk