Los Tioz hat geschrieben:Solange sie die Transfers nicht mit den absolut innovativen Cresqo-Punkten abwickeln... ;)
Simon Le Bon hat geschrieben:Apropos / Q: Tages-Anzeiger Printausgabe von heute:
Sie sind erwachsen geworden – und im Fussball präsenter denn je
Die Degen-Zwillinge sind auch als Spielerberater rastlos. Doch die Branche mussten sie erst überzeugen, dass sie gereift sind.
Wenn sie vorbeigehen, drehen sich die Passanten noch immer nach ihnen um. Das mag daran liegen, dass sie kein bisschen an Jugendlichkeit eingebüsst haben. Vielleicht aber auch daran, weil diese Kombination aus markanten Stimmen und prägnantem Basler Dialekt nicht zu überhören ist. Sie, das sind Phillipp und David Degen, die bekanntesten Fussball-Zwillinge des Landes.
An einem kalten Dezembertag sitzen die 35-Jährigen in einer Zürcher Hotellounge und haben etwas mitgebracht, was in ihrem Leben mittlerweile rar ist: Zeit. «Früher hatten wir noch reichlich davon», sagt Philipp. Er meint die Jahre, in denen er und sein Bruder noch Fussballer waren und mit ihrem aufbrausenden Naturell so manchen Club belebten.
Ihre Telefone auf dem Tisch vibrieren ununterbrochen.
Das verschwitzte Trikot haben sie mittlerweile gegen faltenfreie Hemden eingetauscht. Die Degens sind keine Spieler mehr, aber in der Szene noch immer präsent. Wohl mehr denn je: Sie führen eine Management-Agentur für Fussballer.
Ihre Telefone auf dem Tisch vibrieren ununterbrochen. Irgendwann nervt es die Brüder. Ein letzter, prüfender Blick, dann drehen sie ihre Smartphones um, damit sie in Ruhe erzählen können, wie aus ihnen Geschäftsmänner wurden. Geschäftsmänner, die ständig unterwegs sind, um mit vielen Menschen zu sprechen: Spielern, die sie beraten, Spielern, die sie vielleicht bald beraten, aber auch Trainern, Sportchefs, Präsidenten und anderen Agenten. Damit begonnen haben die Brüder im Frühling 2016. Es war ein Einstieg ohne Ankündigung.
David wollte erst nicht
David war nach seinem Rücktritt 2014 irgendwie gesättigt vom Fussball. Er suchte den Fortschritt, begann ein Studium in Betriebswirtschaft. Schon während seiner Aktivzeit beschäftigte er sich lieber mit erfolgreichen Unternehmen als Ernährungsplänen des Trainers. Eine berufliche Zukunft im Fussball schien keine Option. Bis Bruder Philipp 2016 ebenfalls zurücktrat und die Idee hatte, eine gemeinsame Beraterfirma zu gründen.
David war zu Beginn wenig angetan. Aber Philipp liess nicht locker. Er erinnerte seinen Bruder an die Zweifel, die jeden Fussballer in seiner Karriere einmal plagen. Diese Tage und Wochen, in denen die Gedanken kreisen. Wegen missglückter Auftritte, kalter Abende auf der Ersatzbank oder ausbleibender Vertragsangebote.
Zu oft fühlten sich die Brüder als Spieler schlecht beraten.
«Mit wem konntest du in solchen Momenten sprechen? Wer konnte sich in dich hineinversetzen?», fragte Philipp. Zu oft fühlten sich die Brüder als Spieler schlecht beraten, nicht verstanden. Philipp schob nach: «Dave, wir können mit den Spielern auf Augenhöhe sprechen, weil wir all das selbst erlebt haben.» David nickte. Es war die Geburtsstunde ihrer Agentur.
Seit der Gründung im Frühling 2016 ist einiges passiert. Die Agentur beschäftigt mittlerweile rund 20 Mitarbeitende. Das Portfolio umfasst über 100 Spieler, darunter hoffnungsvolle Namen wie Gregor Kobel (Augsburg), Julian Vonmoos (Basel), Raphael Dwamena (Levante), Petar Pusic (GC) oder Kevin Rüegg und Toni Domgjoni (beide FCZ).
«Das ist keine Two-Man-Show» – achtmal sagen sie das an diesem Nachmittag. Foto: Fabienne Andreoli
Ihre Vision packten die Degens in drei Buchstaben: SBE. Sie stehen für Sports, Business und Entertainment. «Es soll nicht einfach gut klingen», erklärt David ungefragt. «Das alles hat einen Grund.» Die Zwillinge rücken praktisch synchron ein Stück mit ihrem Stuhl zurück, um danach gestenreich zu erklären, was sie anders machen wollen als die Konkurrenz, wie ihre Vision von einem weltweit agierenden Agenturnetzwerk aussieht.
Die Brüder sprechen von den vielen Bühnen, auf denen ein Fussballer mittlerweile überzeugen muss. Auf dem Rasen, in den sozialen Netzwerken, bei Sponsoren- und Presseterminen. Weil das Geschäft immer komplexer werde, hätten sie für jedes Themenfeld Experten ins Boot geholt, die sich auf «Champions-League-Niveau» bewegen. Tiefer geht bei den Degens nicht. So hat ihr Marketingexperte beispielsweise schon Kampagnen für Helene Fischer organisiert.
Obwohl die Entscheidungsgewalt am Ende bei ihnen liegt, sehen sich die Zwillinge nicht als Oberhäupter. «Das ist keine Two-Man-Show», unterstreicht Philipp. Achtmal erwähnen sie das an diesem Nachmittag. Die Brüder sehen sich als Vernetzer.
Wenn die Aufnahme eines neuen Spielers im Raum steht, sitzen sie jeweils mit ihrem Team zusammen und analysieren erst mal eingehend: Potenzial im Sport, aber auch als Werbeträger, als Social-Media-Figur, als Vorbild für den Nachwuchs. Daraus soll sich ein Konzept ergeben, das aufzeigt, wohin der Weg dieses Spielers führen kann und soll. «Wir entscheiden mittlerweile selbst, wen wir aufnehmen», sagt David. Heisst: Der Agentur geht es gut.
Geld verdient die Agentur nur bei Transfergeschäften, Vertragsverlängerungen oder Marketingverträgen. Nicht selten bringt ein Talent über drei, vier Jahre keinen Franken ein. «Jeder Spieler ist ein Investment», sagt David. Und Investments lässt man lieber nicht aus den Augen. Eines wollen sich die Zwillinge nie vorwerfen müssen: dass ein Spieler nicht das Maximum aus sich herausgeholt hat, weil sie etwas versäumt haben. Deshalb geben sie sich emsig. 365 Tage im Jahr.
Die ehemaligen Nationalspieler führen ein rastloses Leben. In dieser Woche Mitte Dezember hat Philipp Verabredungen in London, Zürich, Stuttgart, Frankfurt, Mainz und nochmals London. Auch David hat Auslandtermine in England und Deutschland. Zwischendurch reicht es für einen Zwischenhalt in der Agentur in Schindellegi. Konkreter werden die Zwillinge nicht – schliesslich steht die Winter-Transferperiode an.
Emsig, 365 Tage im Jahr
Sieben Tage haben sich die Brüder, die noch immer in einer gemeinsamen WG leben, in diesem Jahr eine Auszeit am Strand gegönnt. Wobei sie letztlich trotzdem wieder mehr Zeit am Handy als an der Sonne verbrachten. Die Brüder lachen verschmitzt. So läuft das eben bei ihnen. Emsig. 365 Tage im Jahr.
Die Zwillinge bewegen sich in einem Metier, das vor allem um eines kämpft: Glaubwürdigkeit. Philipp sagt: «In diesem Business sind viele Entscheidungen profitorientiert und oft nicht im Sinne des Spielers.» Natürlich wollen auch die Degens Geld verdienen. Nur sind sie, wie sie sagen, finanziell unabhängig. David meint: «Wir können anders beraten, müssen keinen Entscheid des Geldes wegen fällen.»
Doch unbeschwert war dann am Anfang doch nicht alles. Nach dem Einstieg mussten die Zwillinge die Menschen in der Branche erst einmal überzeugen, dass sie nun erwachsen sind. Viele sahen in ihnen noch die Fussballer von damals: emotional, extrovertiert, überdreht. Gewisse Leute in der Szene hegen auch heute noch Ressentiments gegen sie. Gleichgültig ist es ihnen nicht, aber sie haben gelernt, damit umzugehen. Philipp sagt: «Es gibt immer Leute, die schlecht über dich reden, das gehört zum Spiel.»
In den Augen von David hätten sie sich charakterlich nicht verändert. «Aber wir haben unser Verhalten angepasst.» Sie mussten lernen, Affekte einzudämmen, nicht immer aus der Emotion heraus zu reagieren. Auch mal nach Hause zu gehen und zu reflektieren. Für sie, die Tatendurstigen, eine besondere Herausforderung.
Manchmal haben die Brüder aber immer noch diese verspielten Momente. An diesem Nachmittag etwa, als sie für ein Bild nach draussen müssen, Philipp sogleich um die Ecke verschwindet und wenig später strahlend mit einem geliehenen E-Scooter zurückkehrt.
Irgendwann kommt die Frage auf, wohin der Weg der Fussballer Philipp und David Degen geführt hätte, wenn sie damals solche Berater gehabt hätten, wie sie es jetzt sind. Sie zögern keinen Augenblick und sagen: «Wir hätten mehr erreicht.» Philipp also mehr als Liverpool und David mehr als Gladbach.
Die ambitionierte Vision
Die Vergangenheit interessiert die Zwillinge aber nicht mehr. Sie konzentrieren sich auf die Gegenwart, das nächste Gespräch, die nächste Verhandlung. In den letzten Monaten haben sich klare Rollen herauskristallisiert. Wenn es darum geht, etwas durchzusetzen, kommt David. Er, der behauptet, nichts ausser Krankheiten zu fürchten. Philipp ist für die Harmonie zuständig.
Noch interessieren sie vor allem die Märkte in Deutschland, Österreich, Frankreich und der Schweiz. Da ist aber diese ambitionierte Vision, dass – wenn international von gutem Fussballmanagement die Rede ist – dereinst auch der Name SBE fällt. Wenn die Degens vorbeigehen, sollen sich eben nicht nur Passanten nach ihnen umdrehen. Sondern auch die Konkurrenten der Branche.
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