https://mobile2.tagesanzeiger.ch/articl ... 1975000001Die zweite ChanceYanick Brecher wurde eine grosse Zukunft vorausgesagt – jetzt soll er beim FCZ der Mann der Gegenwart sein.
Florian Raz
Irgendetwas ist offenbar immer. Da soll Yanick Brecher am Samstag als neue Nummer 1 des FC Zürich ins Rampenlicht treten. Einen Tag zuvor hat Trainer Ludovic Magnin seine beiden Goalies zu sich gerufen und ihnen erklärt, dass er den bisherigen Captain Andris Vanins künftig auf die Bank setzen und den 24-jährigen Brecher ins Tor stellen wird. Und dann fehlt der Rampe das Licht. Zappenduster ist es im Stadion des FC Basel, die Zürcher und ihr neuer Stammgoalie reisen unverrichteter Dinge wieder ab.
An ein Fussballspiel war in Basel nicht zu denken.
Aber Brecher ist es sich gewohnt, dass der Weg für ihn immer wieder eine merkwürdige Abzweigung bereithält. Das ist schon so, als er im April 2015 aus Wil zurückbeordert wird, um Knall auf Fall David Da Costa im Tor zu ersetzen. Der Liebling der Fans in der Südkurve hat es sich mit der Vereinsleitung verscherzt. Aber weil der FCZ dazu öffentlich nicht stehen will, schiebt er sportliche Gründe für den Goaliewechsel vor.
Die Bleiweste auf den Schultern
Opfer der debakulösen Kommunikation wird vor allem der damals 21-jährige Brecher. Im Bestreben, das eigene Vorgehen zu verteidigen, sagt FCZ-Präsident Ancillo Canepa: «Yanick Brecher ist nach dem Weggang von Roman Bürki und Yann Sommer das grösste Goalie-Talent in der Schweiz.» Ein Satz, den Brecher wie eine Bleiweste auf seinen Schultern trägt.
Sowieso könnte er gut ein Handbüchlein darüber schreiben, wie ein Club es am besten nicht anstellt, wenn er einen jungen Goalie fördern will. Es ist November 2015, als beim FCZ ein irrlichternder Sami Hyypiä den Trainer gibt. Irgendwann hat der Finne alle Mannschaftsteile umgestellt, ohne dass die Resultate besser geworden wären. Also wirft er Brecher aus dem Tor. Zwingend wirkt das nicht. Brecher hat dem Team zwar keine Spiele gewonnen. Er hat sie aber auch nicht verloren. Hyypiäs Sicht lautet: «Wir verlieren, also kann der Goalie nicht gut sein.»
«Das hat mich kaputt gemacht»
Zehn Spiele später setzt Hyypiä wieder auf Brecher, acht Partien darauf degradiert er ihn erneut. Beide Keeper halten kaum mehr einen Ball, der FCZ steigt ab, Hyypiä ist seither Trainer ohne Job. Rückblickend sagt Brecher über jene Zeit: «Das hat mich im Kopf kaputt gemacht.» Und weil es immer noch schlimmer geht, reisst ihm im Mai 2016 ein Kreuzband.
Manch eine Karriere endet mit so einem Unfall. Doch wenn ihn Canepas Vorschusslorbeeren belastet haben, so hilft ihm nun, dass der Präsident an ihn glaubt. Brecher darf nicht nur seine Verletzung auskurieren, er erhält im letzten Oktober auch einen neuen Kontrakt bis 2021, obwohl er vorerst bloss Ersatz ist.
«Wir haben schon mit der Vertragsverlängerung gezeigt, dass wir ihm vertrauen», sagt Sportchef Thomas Bickel am Samstag. Jetzt hat Brecher mit Magnin auch einen Trainer, der auf ihn setzt. Und das, obwohl er selbst zu seinen Auftritten gegen GC sagt: «Die waren sicher nicht ideal.» Aber nun, da der Entscheid für Brecher gefallen ist, will ihm der Club Zeit und Rückhalt geben. «Wir wechseln sicher nicht gleich wieder, bloss weil er mal einen Fehler macht», hält Bickel fest. «Ich erhalte eine zweite Chance», sagt Brecher.
Dem Mann, dem eine grosse Zukunft vorausgesagt worden ist, soll endlich die Gegenwart gehören.
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