Beitragvon Goose » 22.05.13 @ 8:51
Aus der heutigen NZZ:
Steilpässe für das Konkordat
Peter B. Birrer · Im Berner Stade de Suisse war am Pfingstmontag Zürcher Feierstunde. Es setzte sich der Eindruck fest, wonach der Grasshopper-Club eine Fangemeinde haben muss, die ihresgleichen sucht. Man dachte nie daran, dass der GC-Alltag manchmal darin besteht, im gespenstisch leeren Letzigrund einlaufen zu müssen. Im Cup-Final hielt die Lautstärke der blauweissen Zürcher der rotblauen Basler Kurve jedenfalls stand. Der Final verlief im Rahmenprogramm gesittet - mit Ausnahme des gezündeten Pyro-Materials. Dazu gehörten 1.-August-Vulkane, die im Basler Sektor sprühten und weiter unten auf die Köpfe anderer «regneten». Zeuseln ist in Schweizer Fussballstadien weiterhin gang und gäbe. Auch im Final. Bitte wegsehen. Der Speaker wies zwar auf das Verbot hin, aber sie zündelten weiter. Wie immer. Unerträglich.
Im Stadion war zwar Feuer, aber immerhin keine Gewalt. Wer jedoch vor dem Match in der Stadt Bern unterwegs gewesen war, wurde Zeuge des wüsten Vorspiels. Die Stichworte: phasenweise gesperrter Berner Bahnhof mitten am Pfingstmontag, abgeänderter Besammlungsort der Anhänger, Marsch der Fangruppen auf unterschiedlichen Routen auf Hauptachsen quer durch die Stadt zum Stadion, Vermummte, Provokationen, Ausschreitungen, Polizeieinsatz, Sachbeschädigungen, Müll, Petarden - zehn verletzte Personen. Augenzeugen berichten von «beispielloser Gewaltbereitschaft». Unerträglich.
Die Fussballfans, oder besser: ein Teil der Fans, erweisen sich Bärendienste. Das politische Donnergrollen setzt unmittelbar ein und ist unüberhörbar, auch wenn nicht klar wird, wie und zu welchem Preis man die Ankündigungen um- und durchsetzen will. Der städtische Sicherheitsdirektor Reto Nause lässt in der Berner Lokalpresse verlauten, dass er «nie mehr» einen Fan-Marsch dulde. Zudem überlegt er sich, ob «uns der Cup-Final diese Risiken und Kosten noch wert ist». Der Berner Regierungsrat Hans-Jürg Käser prophezeit auf Radio SRF, dass in Zürich und Bern das Referendum gegen die Verschärfung des Hooligan-Konkordats (unter anderem Ausweitung der Leibesvisitationen und Rayonverbote, Bewilligungspflicht) nun endgültig «chancenlos» sei. Einige Politiker nehmen die perfekt getimten Steilpässe für das Konkordat dankbar an - und rennen ganz allein aufs Tor zu.
"Ich wechsle erst aus, wenn sich einer das Bein bricht." - Werner Lorant