Die Zürcher Südkurve versteht die Haltung des FCZ gegenüber Knallpetarden. Wir sind jedoch schockiert über die Methoden, derer sich unser Verein in diesem Zusammenhang bedient.
Die Zürcher Südkurve hat sich schon des Öfteren gegen die Verwendung von Knallpetarden ausgesprochen und dies in der Vergangenheit auch so kommuniziert. Die strikte Haltung des FCZ zur „Knallerfrage“ erscheint uns vor diesem Hintergrund nachvollziehbar. Nichts desto trotz schockiert uns die Methode, mit welcher der FCZ nun gegen mutmasslich fehlbare Fans vorgeht zutiefst. Auch wenn sich der so genannte „Internet-Pranger“ zur Zeit in einem allgemeinen Popularitätshoch zu befinden scheint, lehnt die Zürcher Südkurve dieses Mittel aufs schärfste ab.
Bereits das Zurschaustellen überführter Täter wirkt befremdend und weckt Erinnerungen an den Geschichtsunterricht, Schwerpunkt Mittelalter. Mit der Internetfahndung werden nun Personen der Öffentlichkeit präsentiert, bevor deren Schuld gerichtlich nachgewiesen ist. Befürworter dieser Fahndungsmethode argumentieren, dass die Polizei und die Staatsanwaltschaft an strenge Voraussetzungen gebunden sind und das Verhältnismässigkeitsprinzip zu beachten haben. Die Behörden, so die Befürworter, müssen erst alle anderen Fahndungsmittel ausschöpfen und würden schon Augenmass walten lassen. Oder, wie der Journalist Benno Gasser im Tages-Anzeiger meinte: „Wer sich dagegen ausspricht muss den Beamten abgrundtief misstrauen.“
Nun, als Fussballfans haben wir gewisse Erfahrungen gemacht und wissen, dass Ausdrücke wie „strenge Voraussetzungen“ und „Verhältnismässigkeitsprinzip“ sehr dehnbare Begriffe sein können. Wie viele von der Stadtpolizei Zürich verfügte Rayonverbote mussten etwa schon vor einer gerichtlichen Instanz aufgehoben oder eingeschränkt werden, weil die Voraussetzungen oder das Verhältnismässigkeitsprinzip nicht erfüllt waren? Sind Hausdurchsuchungen durch 6 Polizeibeamte wegen dem Zünden einer Fackel verhältnismässig? Auf welche „strengen Voraussetzungen“ stützten sich die Polizisten, die am Istanbuler Flughafen die Pässe angereister Fans fotografierten? Oder die StaPo, als sie vor dem Lüttich-Spiel über 30 Leute präventiv verhaftete? Die Liste könnte noch lange weitergeführt werden, doch soll sie vor allem eines illustrieren: Es sind uns sehr viele Fälle bekannt, in denen Polizei und Staatsanwaltschaft das erwähnte Augenmass nicht walten liessen und an rechtsstaatlichen Grundsätzen zumindest ritzten. Und wer wie die Befürworter der Pranger-Methode davon ausgeht, dass die Behörden ständig korrekt und mit Fingerspitzengefühl operieren würden, ist nett ausgedrückt einfach naiv. Polizisten und Staatsanwälte sind auch nur Menschen und haben wie alle anderen auch eigene Weltbilder, persönliche Aversionen, Druck Ergebnisse vorzuweisen etc. Aus diesem Grund muss alles getan werden um Missbräuche zu verhindern. Rayonverbote können immerhin von gerichtlichen Instanzen überprüft und aufgehoben werden (was uns noch lange nicht zu Befürwortern solcher Massnahmen macht). Ein Bild im Internet aber geht seine eigenen Wege. Einmal da, kann kein Richter seine Verbreitung verhindern. Und das Image als „Hooligan“ oder „Chaot“ bleibt sehr lange an einer publizierten Person haften. Viele Arbeitgeber dürfte nicht interessieren, „dass die Unschuldsvermutung noch immer gilt und diese Personen ja noch nicht verurteilt sind“.
Die Öffentlichkeit weiss indes nicht, ob sich die abgebildeten Personen tatsächlich strafbar gemacht haben (oft sieht man ja einfach nur - vermummte oder unvermummte - Gesichter) und falls ja, welche Delikte von den Einzelpersonen überhaupt begangen wurden. Denn selbst wenn es zu gröberen Ausschreitungen durch mehrere Fans kam, kann der Beitrag einer Einzelperson daran unbedeutend oder gar nicht vorhanden sein. Vielleicht stand diese Person aber am falschen Ort und war besser erkennbar als jemand anders, der vielleicht gar eine schwerere Tat verübt hat. Was die „Schwere des Delikts“ betrifft so wurde die Schwelle, die eine Publikation erlaubt mit der neuen Strafprozessordnung herabgesetzt, was unabhängig von allfälligen Missbräuchen die Frage nach der Verhältnismässigkeit aufwirft. Ist z.B das Demolieren eines Eingangstors wirklich ein Delikt, das die Publikation des vermeintlichen Täters im Internet rechtfertigt? Die Öffentlichkeit kann zudem auch unmöglich nachprüfen, ob tatsächlich „sämtliche anderen Fahndungsmittel“ (auch das ein dehnbarer Begriff) ausgeschöpft wurden.
Es braucht nicht erwähnt zu werden, dass die Missbrauchsgefahr noch ungleich grösser ist, wenn Private zu solchen Methoden greifen. Das Vorgehen des FCZ scheint widerrechtlich, es ist nicht einmal klar ob von den mutmasslichen „Petardenwerfern“ eine Straftat verübt wurde. Ob im konkreten Fall jemand verletzt wurde und ob Knaller tatsächlich unter das Sprengstoffgesetzt fallen ist nicht klar und selbst dann dürfte nur der Staat zu solchen Methoden greifen. Vor allem aber ist das vom FCZ ausgesendete Signal fatal: Wo soll so etwas hinführen? Wird nun bald auch eine Firma wie die DELTA SECURITY AG zu solchen Methoden greifen? Oder der Präsident von Xamax Neuchatel?
Die Tatsache, dass der FCZ die Bilder nach kurzer Zeit wieder entfernte, lässt vermuten, dass er sich bei seinem Vorgehen nicht ganz wohl fühlte. Wir hoffen, dass so etwas nicht wieder vorkommt und würden es sehr begrüssen, wenn der FCZ von dieser Methode öffentlich Abstand nehmen würde.
Der FCZ und insbesondere Ancillo Canepa haben in der Vergangenheit viel Vernunft und Rückgrat bewiesen, wenn es um so genannte „Sicherheitsfragen“ ging. Weder die Propagandamaschine KKJPD noch der immer lauter werdenden Lärm in den Medien liess ihn vom Weg der Vernunft abkommen. Er sollte diese Linie beibehalten – auch wenn sie ihm Mut abfordert und eventuell auch Popularität kostet.
ZÜRCHER SÜDKURVE