Die vielen Lehrjahre in Basel dürfen nicht umsonst gewesen sein
Ein neu gegründetes Komitee will verhindern, dass das verschärfte Konkordat gegen «Gewalt an Sportanlässen» die kantonalen Parlamente passiert. 48 Gross- und Landräte aus beiden Basel möchten die Debatte versachlichen. Auch in Bundesbern formiert sich eine parlamentarische Gruppe.
Dass das sogenannte «Hooligan-Konkordat» in der Region Basel auf heftigen Widerstand stossen wird, hatte sich bereits kurz nach der Bekanntgabe der Revision abgezeichnet. Spätestens seit eine Gruppe um den Basler Grossrat Tobit Schäfer eine Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht hat, ist klar: die geplanten Massnahmen wie Intimkontrollen, restriktive Reisevorschriften für Auswärtsfahrten und flächendeckende ID-Kontrollen werden von breiten Kreisen nicht widerstandslos hingenommen.
Nach dem eher irritierenden Ja der Basler Regierung zum Konkordat haben sich die Gegner der Verschärfungen nun zu einem überparteilichen und überkantonalen Komitee zusammengeschlossen. Die Gruppe «Nein zur Konkordats-Verschärfung» will erreichen, dass die Verschärfung des Konkordats bereits in den beiden Parlamenten scheitert, sagt Balz Stückelberger, Co-Präsident des Komitees.
Die Delegation des bisher aus 48 Gross- und Landräten bestehenden Komitees aus allen grossen Parteien präsentierte am Dienstagmorgen in Liestal vor den Medien keine neuen Argumente. Die Kritik an den Massnahmen lässt sich auf die Formel reduzieren: nicht verhältnismässig, nicht zielführend und damit unnötig. Es ist auch nicht überraschend, dass zahlreiche Politiker beider Parlamente gegen die Verschärfung sind: In der Vernehmlassung zum Konkordat haben sich im Baselbiet ausser der CVP alle Parteien dagegen ausgesprochen; in Basel-Stadt war der Tenor der Parteien ähnlich.
Zeichen an den Rest der Schweiz
Wenn sich die Parlamentarier beider Basel nur schon absprechen, dürften sie in ihren Parlementen eine Mehrheit gegen die Verschärfung der Bestimmungen finden. Der Schulterschluss von Grünen bis SVP über die Kantonsgrenze hinweg soll aber nicht nur die Verschärfung im Parlament zu Fall bringen, es soll auch ein Zeichen für den Rest der Schweiz sein, wie Stückelberger an der Medienkonferenz sagte.
Die Gegner des Konkordats sehen vor allem den «Basler Weg» in Gefahr, den Dialog mit den Fans. «Die Verschärfung bringt das fein austarierte Modell aus dem Gleichgewicht. Die vielen Lehrjahre in Basel dürfen nicht umsonst gewesen sein», sagt der Basler CVP-Nationalrat Markus Lehmann. Repression gegenüber den Fans bringe nichts, dass habe gar der Fussballverband erkannt. «Wenn selbst der Verband sich gegen die Verschärfung ausspricht, müsste das allen klar sein.»
Dass ausgerechnet der Baselbieter Ableger seiner Partei sich in der Vernehmlassung für das Konkordat aussprach, nannte Lehmann «eine Panne». Er liess durchblicken, dass die Baselbieter CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider dem Komitee beitreten werde. Und nicht nur das: Lehmann arbeitet mit zwei Nationalräten in Bundesbern an einer parlamentarischen Gruppe. «Wir wollen die Debatte um Gewalt an Sportanlässen wieder versachlichen. Der Populismus muss ein Ende finden.» Wer die beiden anderen Nationalräte sind, wollte der CVP-Nationalrat noch nicht sagen. «Wenn es definitiv ist, werden wir informieren.» Im Auge wird Lehmann wohl den Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen haben, ein erklärter Sportfan und Konkordats-Gegner.
CVP könnte Zünglein an der Waage werden
Die Chancen des Komitees, die Konkordats-Verschärfung in den beiden Parlamenten zu bodigen, seien schwierig einzuschätzen, sagt Stückelberger. Knapp dürfte es vor allem im Landrat werden, wo eine 4/5-Mehrheit nötig ist. Die CVP könnte dort das Zünglein an der Waage sein. Wenn eine Mehrheit nicht erreicht würde, müsste das Volk entscheiden – und dieses hat 2009 das erste Hooligan-Konkordat noch mit 92,7 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Stückelberger macht keinen Hehl daraus, dass es deshalb das Ziel sei, das Konkordat bereits im Parlament zu Fall zu bringen.
Sollte die Verschärfung nicht in den beiden Parlamenten scheitern, ist das Komitee auch als Abstimmungs-Vehikel zu verstehen, sagt Stückelberger. «Und Sie können davon ausgehen, dass wir einen Abstimmungskampf führen würden.» Er sei aber relativ zuversichtlich, dass es nicht soweit kommt. «Wir haben jetzt bereits 48 Parlamentarier auf unserer Seite, nachdem wir nur einen kleinen Aufruf gemacht hatten.»
Quelle: TagesWoche vom 24.04.2013