Aufhebung der TransportpflichtDas Personenbeförderungsgesetz soll geändert werden
http://www.referendum-bwis.ch/aktuell10102012.shtmlKurz vor den Sommerferien 2012 hat der Bundesrat eine Änderung des Personenbeförderungsgesetzes zur Aufhebung der Transportpflicht in Vernehmlassung geschickt. Bahn- und Busunternehmungen sollen davon befreit werden, Besucher von Sportveranstaltungen mit fahrplanmässigen Kursen transportieren zu müssen, selbst bei Vorhandensein eines gültigen Fahrausweises. Für die Benutzung von Extrazügen sollen rigorose Regeln, z. B. ein Verbot des Mitführens alkoholischer Getränke oder die Pflicht zu Kombi-Tickets oder gar Fan-Cards, erlaubt sein.
Der Gesetzesentwurf beruht auf Gerüchten, wonach die SBB jährlich Sachschäden in Millionenhöhe erleiden würden, insbesondere durch Fussballfans. Diese Vorwürfe wurden aber im Januar 2012 von der WOZ widerlegt, die Sachschäden sind verglichen mit der Anzahl transportierter Passagiere marginal.
Diese Gesetzesänderung will auch nicht die Verhinderung von Sachschäden bezwecken. Vielmehr sollen damit durch die Vorgabe der Halteorte von Extrazügen in erster Linie Fan-Märsche von grossen Bahnhöfen zu Stadien und durch die Pflicht von Kombi-Tickets die Bewegungsfreiheit potentieller Besucher von Sportveranstaltungen unterbunden werden. Durch die Pflicht einer Fan-Card ist auch jeder Mitfahrer identifizierbar. Alkoholverbote, Kombi-Tickets und Fan-Card sind aber fragwürdige Errungenschaften der «Policy gegen Gewalt im Sport», welche die Polizeidirektorenkonferenz im November 2009 der Öffentlichkeit präsentiert hat. Das geplante Gesetz hat also nichts mit Personentransport zu tun, vielmehr läuft es auf eine sicherheitspolizeiliche Massnahme zur Fernhaltung unerwünschter Personen an Sportveranstaltungen hinaus. Im polizeilichen Bereich hat der Bund aber keine Kompetenzen, weshalb diese Neuregelung, vergleichbar mit dem Hooligan-Gesetz, verfassungswidrig sein dürfte. Es ist absehbar, dass diese neue Regelung bald auf andere Personengruppen ausgeweitet wird, wenn sie beschlossen wird.
Bis heute lief ein Vernehmlassungsverfahren, bei dem sich interessierte Kreise zur geplanten Gesetzesänderung äussern konnten.
Der Verein Referendum BWIS hat eine Vernehmlassungsantwort eingereicht und kritisiert, dass der Bund keine Kompetenz habe, Fanmärsche zu verbieten und Kombi-Tickets vorzuschreiben. Ebenfalls bemängelt wurde, dass die Massnahmen nicht umsetzbar sind und dass auch keine Kostenersparnisse erzielt werden können.
Vernehmlassungsantwort:
http://www.referendum-bwis.ch/Vernehmla ... zuege_.pdfDie meisten bisher bekannten Stellungnahmen stimmen der Gesetzesänderung zu, allerdings ohne grosse Begründung. Ein paar verlangen noch zusätzlichen Schnickschnack, z. B. eine Datenbank für Personen, welche vom Transport ausgeschlossen werden sollen oder bereits wurden.
In den Vernehmlassungsantworten von AG und BL schimmern Auswärtsfahrten nach ZH durch. Der Aargau schreibt:
Die Vergangenheit zeigte zudem, dass unattraktive Extrafahrzeuge von erlebnisorientierten Fans boykottiert werden. Als Folge davon ist zum Beispiel der Autokorso auf der Autobahn A3 und den Hauptstrassen in Zürich vom Sonntag, 6. Mai 2012, zu erwähnen. Die Fans des FC Basel reisten durchwegs mit Privatfahrzeugen an und befuhren die Nationalstrasse mehrspurig mit 70–80 km/h. Beteiligt waren ca. 120 Personenwagen. Der Rückstau wies eine Länge von ca. 2,5 km auf. Die Behinderung des Individualverkehrs dauerte rund drei Stunden. Das Alarmaufgebot auf der Seite der Kantonspolizei Aargau umfasste rund 55 Mitarbeitende, die Stadtpolizei Zürich war ebenfalls mit vielen Ordnungskräften im Einsatz.Baselland schreibt:
Die vorgeschlagenen Massnahmen vermögen allerdings nur auf den ersten Blick zu überzeugen. Bei genauerer Betrachtung werden sich die Sicherheitsprobleme für die Polizei durch diese Massnahmen verstärken und von den Austragungsorten der Sportveranstaltungen zusätzlich auf weitere Orte ausgedehnt. Die Aufhebung der Transportpflicht für die regulären Kurse und die Verpflichtung zur Fahrt in Extra- und Charterverkehrsmitteln bedingen, dass diese Massnahmen, wenn sie durch die Transportunternehmung angeordnet werden, auch durchgesetzt werden können. Nun zeigt sich aber schon heute, dass die Fans dazu tendieren, bei Erhöhung des Drucks und der Sicherheitsmassnahmen in den Extra- und Charterverkehrsmitteln auf den regulären Verkehr umzusteigen. Muss dann am Abfahrtsbahnhof und auch an weiteren Bahnhöfen repressiv dafür gesorgt werden, dass alle Fangruppierungen nicht in die Regelverkehrsmittel einsteigen, bindet dies nicht nur am Austragungsort, sondern neu auch in einem grösseren Gebiet um die Herkunft der Gastmannschaft herum jeweils zusätzliche grössere Polizeiaufgebote, die notfalls Fangruppierungen den Zugang zu Regelzügen verweigern können. Sollten auch noch Fangruppierungen aus fahrplanmässigen Zügen mit unmittelbarem Zwang herausgeholt werden müssen, werden diese polizeilichen Aufträge besonders personalintensiv und schwierig. Solche Einsätze hätten zwangsläufig negative Auswirkungen auf die regulären Passagiere. Natürlich handelt es sich bei diesen Einwänden um die extremen Szenarien. Stehen aber keine wirksamen verhältnismässigen polizeilichen Massnahmen zur Verfügung, um auch unter erschwerten Bedingungen für die Durchsetzung der vorgeschlagenen Regelung zu sorgen, erscheinen die zur Vernehmlassung unterbreiteten Vorschläge nach unserer Einschätzung zu wenig tauglich.Auch wenn in der Antwort von BL weder der Flash-Mob noch der Sommerausflug explizit angesprochen werden, haben diese zwei Events sicher nachhaltige Eindrücke hinterlassen.
(Flash-Mob und Sommerausflug siehe
http://grundrechte.ch/CMS/tl_files/2012 ... 012P18.GIF )
Es ist also amtlich: The bullinskies were not amused.,,
Es gibt auch wenige ablehnende Stellungnahmen, welche aber durchwegs gut begründet sind.