Sitzung des Zürcher Gemeinderats
Die Stadtpolizei soll potenzielle Hooligans erfassen dürfen
Der Rat sagt im Grundsatz Ja zur Verordnung für eine kommunale Datenbank
Ribi T.
Die Zürcher Stadtpolizei soll Daten gewaltbereiter Sportfans erfassen dürfen, auch wenn sie keine Straftat begangen haben. Gegner erwägen ein Referendum gegen die Verordnung.
rib. Wer in Zürich an einer Sportveranstaltung als gewaltbereit oder «Gewalt suchend» auffällt, muss künftig damit rechnen, dass er von der Polizei erfasst und in einer Datenbank registriert wird, auch wenn er keine Straftat begangen hat. Der Gemeinderat hat am Mittwochabend die dafür nötigen gesetzlichen Grundlagen grundsätzlich befürwortet. Bereits bei der ersten Behandlung der Vorlage im Februar dieses Jahres wehrten sich Vertreter von SVP, AL, Grünen und Teile der SP in Sorge um die Freiheitsrechte gegen die Verordnung. Mehrere ihrer Einwände wurden in der Überarbeitung der Vorlage berücksichtigt. So werden Einträge nach zwei Jahren gelöscht, wenn keine weiteren folgen. Zudem gilt das «Gaffen» oder Stören der polizeilichen Tätigkeit nicht mehr als Grund für eine Registrierung. In der vorberatenden Kommission hatte die bereinigte Verordnung mit dem Namen «Gamma» eine knappe Mehrheit gefunden. Der Rat hat ihr nun in erster Lesung mit 74 zu 44 Stimmen zugestimmt.
«Ein Gummiparagraf»
Doch auch diesmal blieben warnende Worte nicht aus. Sie entzündeten sich vor allem an der Definition des Begriffs «Gewalt suchend». Von einem Gummiparagrafen sprach Niklaus Scherr (al.). Personen vor der Gewaltausübung zu erfassen, öffne der Willkür Tür und Tor. Die Bestimmung, Gewalt suche, wer «eine Bedrohungslage schaffe», sei vage. Man klassifiziere ja auch nicht Personen als potenzielle Raser, nur weil sie ein Auto fahren, das hohe Geschwindigkeiten erreiche. Das sei eine «Fichierung auf Vorrat», so der Grüne Balthasar Glättli, die der Gesetzgeber nicht zulassen dürfe. Dass sich die Polizei schon heute Notizen über potenzielle Gewalttäter mache, rechtfertige es nicht, dieses Vorgehen zu legalisieren. Denn damit, ergänzte Martin Bürlimann (svp.), werde die Unschuldsvermutung faktisch abgeschafft. Es reiche, wie bisher, straffällige Hooligans in der nationalen Datenbank zu erfassen. Demgegenüber betonte die CVP die Bedeutung der präventiven Polizeiarbeit. Dem Hooliganismus beizukommen, sei ein zentrales Problem, das die geplanten Massnahmen rechtfertige.
«Leitplanken setzen»
Auch die FDP betonte, bei einem so gravierenden Problem müssten Leitplanken gesetzt werden. Die geplante Verordnung genüge dem Datenschutz. Es gehe um ein drängendes Gewaltproblem, sagte Polizeivorsteherin Esther Maurer. Und dafür müsse der Staat tragfähige Lösungen vorschlagen. Die Vorlage geht nun in die Redaktionskommission und wird Anfang 2009 zu Ende beraten. Die AL erwägt ein Referendum, falls sie in der Schlussabstimmung angenommen wird.