Beitragvon chuk » 19.09.22 @ 17:57
Nur eine Trennung kann die Lösung sein
Der Trainer ist nicht allein Schuld an der Krise – aber die Entwicklung unter ihm und gerade die sechs Niederlagen hintereinander zeigen, dass es mit ihm kein Weiterkommen gibt.
Thomas Schifferle
Vielleicht glaubt Franco Foda in diesem Moment wirklich, was er sagt. Vielleicht stimmt es ja auch, dass er weiter hoch motiviert ist. Nur sein Gesichtsausdruck passt so gar nicht dazu. Er schaut drein wie sieben Tage Regenwetter.
Spiel für Spiel steht der Trainer des FC Zürich hin und muss Niederlagen erklären, Spiel für Spiel das gleiche Wehklagen über individuelle Fehler, immer dieses Rätseln wie jetzt am Sonntag in Lausanne auch wieder, was denn im einen oder anderen Spieler vorgehe.
Lausanne ist der Tatort der nächsten schweren Niederlage für seinen FCZ. Lausanne müsste auch der Schicksalsort sein für Foda als Trainer bei einem Verein, der es einem mit jeder Woche schwerer macht, ihn noch als Meister zu bezeichnen. Denn dieses 2:3 im Cup legt einen Schluss nahe: Nur eine Trennung vom 56-jährigen Deutschen kann die Lösung für die Probleme der Zürcher sein.
Darum gehe es nicht, sagt Foda auf die Frage, ob er Angst um seinen Job habe. Dabei dreht sich alles genau darum. Foda hat bei seinem Einstieg im Sommer gewusst, dass es schwierig wird in Zürich: nach einer Saison, die in der Erinnerung wie eine einzige Feier daherkommt, und nach einem André Breitenreiter, der von den Fans als «Fussballgott» verklärt worden ist.
Keine Anerkennung gefunden
Jetzt ist es gar noch schwieriger für ihn geworden. Die Bilanz ist schlecht, da ändert auch der Einzug in die Europa League nicht wirklich etwas: 18 Spiele, nur 5 Siege, keinen davon in der Meisterschaft, viel an Respekt verspielt oder anders gesagt, keine spezielle Anerkennung gefunden. Und wenn schon zum Thema wird, wen er wie beim Morgenessen grüsst, sagt das viel darüber aus, wie Kleinigkeiten zu etwas Grossem gemacht werden können und wie sehr es im Fussball um Wärme geht, vor allem dann, wenn sie fehlt. Das kann aber auch nur dann so sein, wenn Grundsätzliches im Argen liegt.
Allein Fodas Schuld ist das nicht, «es ist die Schuld von allen», versucht sich Antonio Marchesano für den Trainer zu wehren, «bis ganz oben». Und von ihm selbst auch, weil er im ersten Spiel der Saison nach einer Stunde einen Elfmeter gegen YB verschoss. Wenn er ihn verwandelt hätte, hätte der FCZ vielleicht 1:0 gewonnen und nicht 0:4 verloren. Und dann wäre vielleicht alles anders gekommen. Und die Leute «ganz oben» könnten sich auf die Schultern klopfen, dass sie Foda als Trainer verpflichtet haben.
Zu Fodas Rolle gehört jedoch, dass er Verantwortung trägt für das, was im Sportlichen schief läuft. Das ist eben viel, zu viel. Seine Schuld daran trägt er, weil er sich zu schnell daran machte, die Mannschaft weiterentwickeln zu wollen. Er habe eine funktionierende Maschine mit seinen Systemwechseln ohne Not auseinandergeschraubt, hat diese Zeitung geschrieben. Seit er die Maschine wieder zusammengesetzt hat, dreht sie nicht mehr. So ist das eben.
«Kritik ist leicht bei solchen Resultaten», sagt Marchesano auch, er sagt es in Lausanne, als er auf die sechste Niederlage in Folge aufgewühlt reagiert. Er erinnert an die letzte Saison: «Da gewannen wir Spiele, von denen wir nicht wussten, wie wir das machten.»
Das stimmt, hilft im Moment aber kein wenig weiter. Der FCZ verliert, weil er keine Siegermentalität mehr hat, weil die letzte Widerstandskraft fehlt, der letzte Wille, ein Tor zu schiessen oder zu verhindern. Er verliert, weil er offensichtlich nicht an sich glaubt, nicht an den Trainer und nicht an das, was er vorgibt.
Foda bleibt verwundert zurück, weil er nicht weiss, was im einen oder anderen Spieler vorgeht. Das ist auch schwer zu verstehen, wer zum Beispiel in Lausanne das Abwehrverhalten bei den drei Gegentoren sieht; und wer speziell den dilettantisch getretenen Freistoss sieht, mit dem Ole Selnaes den Konter zur Niederlage einleitet.
In all diesen Momenten steht Foda nicht auf dem Platz, sondern hilflos an der Seitenlinie. Und doch ist er mittendrin im Schlamassel, weil unter ihm die Klarheit im Spiel fehlt und das Selbstverständnis verloren gegangen ist. Die Entwicklung lässt sich auch in der Körpersprache von Blerim Dzemaili ablesen. Nicht zum ersten Mal fällt er damit auf, dass er mehr reklamiert als spielt.
Wer ist die Alternative?
Die Südkurve hält in diesen Tagen erstaunlich still. Nur einmal, nach der Niederlage gegen Lugano, meldet sie sich schüchtern mit «Foda raus!»-Rufen zu Wort. Ansonsten macht sie den Eindruck, als wolle sie sich selbst feiern und die Ausflüge zu den Spielen in Bern, Belfast oder Bodö geniessen.
Der Präsident und seine Frau, Ancillo und Heliane Canepa, diese beiden «ganz oben», tun auch alles dafür, Ruhe nach aussen zu tragen. «Was kann der Trainer dafür?», ist die bezeichnende Frage, die Canepa am Sonntag in den Raum stellt. Was er wirklich denkt, behält er für sich. Eine Trainerentlassung versteht er immer auch ein wenig als Gesichtsverlust, weil er seinen Club so emotional begleitet.
«Foda entspricht genau dem Profil, welches wir definiert haben», hat Canepa Mitte August gesagt. «Er ist sehr erfahren, extrem engagiert, weiss, wie man Erfolg hat, und überzeugt als Persönlichkeit.» Diesen Foda fortzuschicken, das könnte den internen Auswahlprozess infrage stellen. Aber das muss es nicht. Man kann einfach auch einmal zur Einsicht gelangen, dass etwas nicht zusammenpasst. Und wenn das so ist, kann man sich trennen, ohne das Gesicht zu verlieren.
Natürlich geht es dabei immer ums Geld, um die Abfindung, weil Foda gewiss nicht billig ist und zwei Assistenten mitgebracht hat. Und es geht um die Nachfolgelösung, vor allem darum. Sie ist in diesem Fall ein Knackpunkt. Wo nun diesen Trainer hernehmen, der nicht nur verfügbar und finanziell vertretbar ist, sondern der auch zum Nachweis fähig, dass die Mannschaft wirklich besser besetzt sein soll als letzte Saison?
Mag sein, dass einfach ein neues Gesicht, eine andere Ansprache, etwas mehr Wärme im Alltag schon reichen, um viel zu bewirken. So wie in den letzten Wochen kann es auf keinen Fall weitergehen.