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Für den Aussenseiter FCZ rückt der Titel immer näher
Der FC Zürich hat in der Meisterschaft einen grossen Vorsprung auf die Konkurrenz. Er müsste ein Drama aufführen, um die Meisterschaft noch zu verpassen. Und doch klammert sich der Klub an der Rolle des Aussenseiters fest.
Stephan Ramming
12.02.2022, 21.45 Uhr
«Nie usenandgah»: Gnonto, Aliti, Kryeziu und Ceesay (v. l. n. r.) feiern vor den FCZ-Fans. (Zürich, 5. 2. 2022)
«Nie usenandgah»: Gnonto, Aliti, Kryeziu und Ceesay (v. l. n. r.) feiern vor den FCZ-Fans. (Zürich, 5. 2. 2022)
Claudio Thoma / Freshfocus
Es ist zum Ritual geworden im FC Zürich, nicht vom Titel zu reden. «Druck? Den haben die anderen, YB und Basel, die wollen doch Meister werden», sagt der FCZ-Trainer André Breitenreiter, «wir schauen nur auf uns, wir wollen attraktiv spielen, möglichst viele Tore schiessen und unsere Fans mitnehmen.» Etwa gegen Lugano, am Sonntag der Gegner im Letzigrund, «eine ganz hervorragende Mannschaft». Sie liegt 13 Punkte hinter Zürich.
Breitenreiter ist auch zwei Tage vor dem Spiel ziemlich überzeugend darin, für sein Team die Rolle des Aussenseiters zu behaupten. Der FCZ habe schliesslich in den letzten drei Saisons nie etwas mit der Spitze zu tun gehabt. Als sich der FCZ vor Weihnachten an diese Spitze gearbeitet hatte, sagte er: «Vergessen wir nicht, wo wir herkommen.» Das Gleiche wiederholt er auch jetzt, als klarer Titel-Favorit.
Die Konkurrenz winkt schon ab
Das sieht auch die Konkurrenz so. «Der FCZ zieht das durch», sagte der GC-Trainer Giorgio Contini vor dem Derby im «Tages-Anzeiger». Es werde «sehr schwer, den Rückstand aufzuholen», fand Basels Coach Patrick Rahmen nach dem 3:3 gegen Sitten am letzten Sonntag. Nach dem 3:3 der Young Boys in St. Gallen antwortete der Trainer David Wagner auf die Frage, ob er noch auf den FCZ schaue: «Schon lange nicht mehr.» Als wäre der FCZ entschwunden und davongeschwebt in meisterliche Sphären.
Dorthin, wo der FCZ 2009 zum letzten Mal war. «Es sieht ganz so aus, dass ich bald nicht mehr der letzte FCZ-Meistertrainer bin», sagt Bernard Challandes. Er war 2009 FCZ-Coach, nun sagt er: «Für mich ist klar: Der FCZ ist der Favorit.» Der 70-Jährige ist noch immer viel unterwegs in den Schweizer Stadien und bestens darüber informiert, was im FCZ passiert.
Er lobt Breitenreiters Arbeit, die Kaderplanung, den Teamgeist. «Der Trainer hat alle Spieler ins Boot geholt, es gibt einen starken Zusammenhalt», sagt Challandes. Man sehe etwa bei den Einwechslungen, dass nicht nur die ersten elf Spieler, sondern jeder im Kader ganz genau wisse, was zu tun sei.
Challandes redet sich ins Feuer, die Euphorie der Fans sei ein wichtiger Faktor für das Team und festige das Bewusstsein, auch einen Rückstand aufzuholen. «Als Trainer hat man den Titel im Kopf, wie einen Traum, aber man spricht niemals davon», sagt Challandes, «der Trainer kümmert sich in einer Phase, wie sie der FCZ jetzt durchlebt, nur darum, wie er die Mannschaft in den Details verbessern kann – das ist für die Medien vielleicht langweilig, aber es ist die Wahrheit!»
Mit dieser Wahrheit hat Breitenreiter Erfahrung, nicht als Meister-, aber als Aufstiegstrainer. Mit Paderborn schaffte er als Aussenseiter die Promotion in die 1. Bundesliga, auch Hannover 96 führte er 2017 dorthin zurück. In den Wochen vor der Entscheidung lernte Breitenreiter, was es nach innen und nach aussen braucht, um auf Kurs zu bleiben: Ruhe, klare Leitlinien für die Spieler und die Führung, das Gespür, mit Nebengeräuschen umzugehen und auflodernde Brandherde rasch zu ersticken.
Blaz Kramer meldet sich als einziger Stürmer vor dem Derby ab? «Er hat sich beim Aussteigen aus dem Auto eine Zerrung geholt – so etwas soll ja vorkommen», sagt Breitenreiter und stellt Marchesano und Tosin in den Sturm. Wilfried Gnonto entgleist mit geschmacklosen Posts auf Instagram? Ein Gespräch beim Präsidenten, Geldbusse, Medienmitteilung und Schwamm drüber. Wenn Assan Ceesay versichert, er werde nach dem Derbysieg gut schlafen, sagt Breitenreiter, man wisse, dass Assan gut schlafen könne. Freundlicher kann man Pünktlichkeit nicht anmahnen.
Nichts soll sie trennen
Das kommt auch bei den Fans an – zum Beispiel auf Jamaica. Anruf in Kingston, am Telefon ist Elijah Salomon. Der FCZ-Fan ist Musiker und hat 2019 den Hit «Nie usenandgah» veröffentlicht. Seither wird das Lied regelmässig im Stadion gespielt und in der Kurve gesungen. Elijah arbeitet in Kingston gerade an neuer Musik, aber die FCZ-Spiele lässt er sich nicht entgehen. «Es fängt erst richtig an – die Mannschaft ist so gut wie nie mehr seit Lucien Favre», sagt er, «man spürt den Zusammenhalt und die Freude, die Spieler wollen den Titel, sie sind unterwegs von null auf hundert: Nichts kann uns trennen!»
Auch der Blick ins Geschichtsbuch zeigt, dass die Statistiken der letzten 13 Jahre für den FCZ sprechen: Nach 20 Runden hat der FCZ jetzt 46 Punkte geholt. Seit der letzten Meistersaison des FCZ im Jahr 2009 ist nur dreimal der Leader nach 20 Runden nicht Meister geworden – 2020 führte nach 20 Runden St. Gallen mit gleich vielen Punkten wie der spätere Meister YB, 2013 war GC Leader (Meister Basel) und 2000 YB (Meister Basel).
In den Jahren, in denen nicht schon nach 20 Runden die Vorentscheidung gefallen war, hatte der Zweitplatzierte immer mindestens 39 Punkte – jetzt hat Basel nur 37 und YB 36 Punkte. Dazu kommt: Nur viermal hatte in den Jahren der YB- und FCB-Dominanz nach 20 Runden der Leader mehr Punkte als die 46 des FCZ; zudem hat mit 9 Punkten der FCZ den viertgrössten Abstand zum Zweitplatzierten in den letzten 13 Meisterschaften.
Es spricht also viel für den FCZ. Er müsste ein Drama aufführen, um die Meisterschaft noch zu verpassen. Danach sieht es momentan nicht aus.
Simon Le Bon hat geschrieben:Eine schöne Geschichte und Vorstellung. Erzählt vom langjährigen Tagi-Sportchef Fredy Wettstein in seinem ohnehin lesenswerten Blog "Wieder im Auge".
https://wiederimauge.blogspot.com/2022/ ... alkon.html
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