Der FCZ präsentiert mit Stolz: der andere Benjamin KololliBeim 4:0 gegen Lausanne ist es für einen Verteidiger Zeit für Wiedergutmachung. Im Zentrum überzeugt ein Staubsauger. Und vorne überzeugt ein Mann mit Doppelleben.
Florian Raz, Christian Zürcher
Benjamin Kololli – plötzlich VorbildDie schönste Beschreibung kommt vom Trainer des Gegners. «Ein Benjamin Kololli ohne Selbstvertrauen und einer mit – das sind zwei verschiedene Spieler», sagt Giorgio Contini. Und erklärt damit gleich auch, was sich beim FC Zürich zwischen dem 0:4 in Lausanne und dem 4:0 gegen denselben Gegner im Letzigrund verändert hat.
Es ist der «Kololli mit», der an diesem verregneten Nachmittag auftritt. Der 28-Jährige stoppt Bälle, die aus 60 Meter in seine Richtung gedroschen werden, als wären es Wattebäuschchen. Er läuft sich frei, er kämpft, er legt die Bälle für die aufrückenden Mitspieler auf.
Vor allem aber fällt er nicht einfach auf der Suche nach dem billigen Elfmeter um, als er im Strafraum der Waadtländer von Elton Monteiro angegangen wird. Stattdessen setzt er sich durch, sein Schuss landet schliesslich bei Aiyegun Tosin, der das bereits entscheidende 2:0 für den FCZ erzielt.
Bislang wäre kaum jemand auf die Idee gekommen, Kololli als Kronzeugen für uneigennütziges Mannschaftsspiel aufzurufen. Trotzdem erzählt Kololli nach dem Spiel, er habe sich mit Assan Ceesay wegen einer Szene in der Partie gegen Sitten ausgetauscht. Der Teamkollege schoss damals, anstatt den besser postierten Kololli zu bedienen: «Ich habe ihm erklärt, dass wir als Team gewinnen und verlieren.» Und was tut Ceesay in der 90. Minute gegen Lausanne? Er legt quer – Kololli kommt dadurch zu seinem Tor zum 3:0 und ist überzeugt, dass er künftig dasselbe für seine Mitspieler machen wird.
Ein Benjamin Kololli mit Selbstvertrauen und der Lust auf mannschaftsdienliche Arbeit? Das müsste dann der beste Kololli sein, der je im FCZ-Trikot aufgelaufen ist.
Ousmane Doumbia – Stau, Staubsauger oder Manguste?
Für ihn gibt es viele Metaphern. Im klassischen Fussballjargon kann man Ousmane Doumbia als Staubsauger bezeichnen, der wegputzt, was vor den eigenen Strafraum kommt. Den Lausannern muss er an diesem Sonntag auch ein wenig wie ein mühsamer Stau auf dem Heimweg von der Arbeit vorkommen. Egal, auf welchem Schleichweg sie sich auch versuchen, Doumbia ist immer schon da und steht im Weg. Mit dem Kopf, den Füssen, dem Körper.
Wenn man dem Ivorer im Zweikampf zuschaut, erinnert er plötzlich an eine Manguste. Das sind diese scheinbar so putzigen, kleinen Pelzgeschöpfe, die sich mit blitzschnellem Zubeissen auf Duelle mit Schlangen spezialisiert haben. Auch Doumbia sticht sofort in den Zweikampf, sobald er beim Gegenspieler nur die kleinste Schwäche bemerkt: eine schlechte Annahme hier, ein etwas zu weit vorgelegter Ball da oder ein leichter Verlust der Balance – Doumbia ist da.
Doumbia macht damit alles, was den Zürchern beim 0:4 vor acht Jahren nicht gelungen ist: Er geht in die Zweikämpfe, er gewinnt sie, er nimmt den Gegenspielern den Raum. Immer wieder überraschend, dass ihm erst mit 28 Jahren ein Club den Schritt in die Super League ermöglicht hat.
Nathan – Ehrenrettung für die Grätsche
Unter der Woche in Genf waren seine ungestümen Einlagen noch ein Grund für die 1:2-Niederlage der Zürcher. Aber Nathan hat sich offensichtlich die Ehrenrettung der kernigen Grätsche vorgenommen. Gegen Lausanne spielt der Innenverteidiger zwar lange diszipliniert, fast schon langweilig.
Aber da sind diese beiden Momente, in denen die wenigen Leute im Stadion gar nicht anders können, als sich mit dem Brasilianer zu freuen. Nathan ist in beiden Szenen auf dem Boden. Wie könnte das bei ihm anders sein, der vermutlich niemals ein wuchtiges Tackling gegen ein Fallrückziehertor eintauschen würde.
In der 48. Minute rutscht er also in einen Lausanner Steilpass und beendet damit einen der schönsten Vorstösse des Gegners. Kaum ist der Ball weg, springt Nathan auf, wirbelt beide Fäuste in bester Rocky-Balboa-Manier durch die Luft und brüllt seinen Jubel durchs Stadion. Nur zwei Minuten später noch einmal diese herausgebrüllte Freude über einen zunichte gemachten Angriff der Gegner, diesmal geht er im Zürcher Strafraum gerade noch rechtzeitig zu Boden.
Nathan beweist: Tore verhindern kann mindestens so viel Spass machen, wie Tore zu erzielen.
Becir Omeragic – Mann der eleganten Ausflüge
Irgendwann hat auch seine Geduld ein Ende. Als er es zum x-ten Mal mit mehreren Gegenspielern zu tun bekommt, ruft Becir Omeragic heftig aus. Dabei ist durchaus verständlich, wie sein Vordermann Marco Schönbächler auf die Idee kommen könnte, dass dieser Omeragic gar keine Hilfe nötig hat.
Der immer noch erst 18-Jährige strahlt eine derartige Ruhe aus, dass man ihm fast alles zutraut. Den Corona-konformen Abstand vor Walliser Skiliften kontrollieren zum Beispiel. Oder eben – die rechte Zürcher Abwehrseite ganz alleine sichern.
Derzeit ist sein Selbstvertrauen so gross, dass er immer mal wieder den Weg nach vorne sucht. Und dabei auch mal ganz alleine drei Gegenspieler schlecht aussehen lässt. Oder er spaziert in seiner eleganten Haltung von hinten rechts nach vorne ins Zentrum – und leitet so das 1:0 durch Toni Domgjoni ein.
Fidan Aliti – der Hypothekenberater hinten linksDer Mann könnte mit seiner Ausstrahlung auch gut als Hypothekenberater auf einer Bank arbeiten. Fidan Aliti wirkt stets kontrolliert, solide, total unaufgeregt. Ein vernünftiger Arbeitnehmer, der seinen Job hinten links beim FCZ mit aller Ernsthaftigkeit besorgt.
Extravaganzen, Risiken? Gibt es nicht. Alles gut berechnet und abgesichert. Ist der gegnerische Strafraum in der Nähe? Dann fliegt der Ball zur Mitte. Ist der Gegner etwas zu nah? Wird der Querpass gespielt. Geht der Ball verloren? Aliti steht bereits fix hinten links in der Zürcher Abwehrreihe.
Aber etwas ganz feines, das hat der Baselbieter doch. Er lässt es pro Spiel vielleicht ein, zweimal aufblitzen. Mit seinem linken Fussgelenk, da kann er dem Ball eine ganz spezielle Flugbahn verleihen. Die sieht dann aus wie das quergelegte Symbol des Zürcher Trikotausrüsters. Ein Bananenball aus dem Stand steil in den Lauf des Mitspielers geschnibbelt. Das überrascht dann oft die Gegner, die bloss einen weiteren Querpass erwarten.
Gegen Lausanne spielt er zwei dieser Bälle. Einer findet Kololli und führt zum 2:0.
https://www.tagesanzeiger.ch/der-fcz-pr ... 5916005005
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