Züri Live hat geschrieben:spitzkicker hat geschrieben:
"Für Ballbesitzfussball sind die Spieler im Kader hingegen fast durchs Band nicht geschaffen."
Das ist richtig, aber wohl ungewollt. Wenn Popovic und H. Kryeziu das gebracht hätten, was man erhofft hat, Mahi nicht verletzt und Schönbi konstanter gewesen wäre, was man ja alles erwarten konnte, dann hätte man rund um Marchesano und Kololli technisch gut Spieler gehabt, die durchaus einen gepflegten Ballbesitz-Kombifussball hätten spielen können. Aber wenn gleich vier Spieler aus verschiedenen Gründen nicht bringen, was sie eigentlich drauf hätten (oder man geglaubt hat, dass sie es drauf haben), dann sind alle Planspiele nichts wert, und daraus resultierte der Konterfussball. Wenn sich aber Heki steigert, Sohm sich weiter so gut entwickelt und Schönbi zu alter Form findet, könnten vielleicht doch bald wieder gepflegter Kombifussball zu sehen sein. Sofern der Trainer weiss, wie man das vermittelt... Aber das ist ein anderes Thema.
Popovic, Mahi, Schönbi, Marchesano und Kololli sind alles typische Konterfussballer. Mit Ausnahme von Marchesano sind das alles Spieler, die im Ballbesitzspiel den Ball viel zu lange halten. Das ist zwar auffällig und sie kommen optisch wie die grossen "Techniker" rüber, aber das ist Fussball des 20. Jahrhunderts. Ein heutiger guter Techniker ist ein Spieler, der den Ball in jeder Situation mit einer Ballberührung mit der richtigen Schärfe überallhin spielen kann, wo er will. Das ist unauffälliger und gleichzeitig schwieriger.
Wenn Mahi und Kololli im Aufbauspiel über den Flügel kommen, haben sie zu viel Platz und Zeit zum Überlegen, halten den Ball zu lange, können oder wollen sich nicht entscheiden, was sie tun sollen, warten darauf, dass der Gegenspieler die Nerven verliert, und aus seiner Position locken lässt, was auf Super League-Niveau selten passiert. Und dann immer wieder diese elegante Lässigkeit, mit der im Eins-gegen-Eins entscheidende Zehntelssekunden / Zentimeter verschenkt werden, so dass der Gegner die versuchte Flanke blocken kann.
Wie Ballbesitzspiel im 21. Jahrhundert geht, zeigen YB oder Thun: schnörkellos, mit einem Minimum an Ballberührungen, schnelle Seitenwechsel, schon entschieden haben was man tun wird bevor man den Ball überhaupt bekommt, Top-Flanken und -Kopfballspieler. Nur so kann man die Gegner immer wieder aushebeln.
Zum Thema Kopfballspiel: der FCZ hat ja in den letzten Jahren zwar häufig grossgewachsene, aber immer notorisch schwache Kopfballspieler in der Sturmspitze gehabt. Von Kramer über Ceesay, Dwamena, Koné zu Cavusevic. Frey war nicht ganz schlecht, aber immer noch mässig. Der Kleinste, Stephen Odey, war in der Luft noch der Beste von allen, aber auch nicht viel mehr als durchschnittlich. Die Körpergrösse dieser Stürmer war in erster Linie hilfreich bezüglich Speed - nicht im Antritt auf den ersten Metern, aber auf 20-30 Meter. Assan Ceesay ist da das klassische Beispiel, aber auch Kramer. Was wiederum heisst: geeignet für Konterspiel und nicht für Ballbesitzspiel, wo die Kopfballstärke bei Flanken ein ganz entscheidendes Mittel ist (ausser man ist Barcelona zu besten Zeiten, dann geht es auch ohne).
Mahi hat sechs seiner sieben Skorerpunkte im Umschaltspiel gemacht. In diesen Situationen gibt es erstens eine Dringlichkeit und zweitens in der Regel nur eine sinnvolle Anspielstation. Es gibt EINEN richtigen Pass und EINEN richtigen Moment dafür. In solchen Situationen funktionieren Mahi und Kololli gut. Sie haben das Gespür für Pässe und Laufwege. Man muss ihnen einfach die hunderte von Varianten wegnehmen, zwischen denen sie sich sonst jeweils nicht entscheiden können. Campo vom FCB ist ein ähnlicher Spielertyp (wenn auch insgesamt mit höherer Qualität). Wie Mahi und Kololli ist er nicht der Schnellste seines Teams, hat aber das Gespür für Räume und das richtige Timing beim Konterspiel (was der FCZ schon häufig schmerzlich erfahren hat). Ähnlich ist es bezüglich Position - wenn Kololli (und bis zu einem gewissen Grad auch Mahi) vorne im Zentrum spielt, muss er schneller entscheiden und es gibt in der Regel nur eine richtige Variante. Da funktioniert er deutlich besser.
Bei Popovic ist es ähnlich - wirklich guter Techniker, aber im Aufbauspiel zu langsam und unentschlossen. In einer Kontersituation kann er hingegen seine Läufer von hinten raus gut "auf die Reise schicken", genauso wie Marchesano. Wobei Marchesano derjenige Spieler ist, der von allen am ehesten auch Ballbesitzspiel kann - beim Kontern seine Stärken aber ebenfalls besser einbringen kann. Auch Schönbächler ist im Konterspiel besser. Hekis Stärken lagen schon immer mehr in der defensiven Phase.
Etwas vom Besten, was ich n den letzten Monaten hier gelesen habe.
Ich habe bereits letzte Saison darauf hingewiesen, dass wir mit diesem Spielermaterial nur 1 System spielen können: KONTERFUSSBALL.
