«Tages-Anzeiger»
Jeden Tag noch schlechtere NachrichtenNach sechs Spielern und drei Staff-Mitgliedern wurde am Sonntag auch noch FCZ-Präsident Ancillo Canepa positiv auf das Coronavirus getestet. Und es könnte weitergehen.
Es scheint immer klarer: Eine Busfahrt ins VerderbenSchlechte News am Freitag. Schlechte News am Samstag. Und dann verschickte der FCZ auch am Sonntag noch ein Communiqué mit bedauerlichen Neuigkeiten: Präsident Ancillo Canepa hat sich ebenfalls mit dem Coronavirus angesteckt. Er war am Dienstag zusammen mit der Mannschaft im Bus zum Auswärtsspiel bei Xamax gereist. Es scheint immer klarer zu sein, dass diese Reise beim FCZ eine wahre Ansteckungswelle ausgelöst hat.
Am Freitag musste der Club darüber informieren, dass Verteidiger Mirlind Kryeziu positiv getestet worden war. Am Samstag kamen positive Tests von fünf weiteren Spielern und drei Staff-Mitgliedern dazu. Und nun also auch noch der 67-jährige Canepa. Er weise keine Symptome auf und fühle sich gut, liess er auf der Website des Clubs verbreiten. «Gemäss Schutzkonzept habe ich mich jetzt in Isolation begeben und werde die weitere Entwicklung abwarten.»
Damit steht der FCZ bei insgesamt zehn positiven Fällen. Bis auf Kryeziu und Canepa sind die Namen der Betroffenen nicht bekannt. Und was schon längst nicht mehr gut aussieht, könnte aufgrund der unterschiedlichen Inkubationszeiten gar noch schlimmer werden.
Bereits am Freitag und nach dem positiven Befund bei Kryeziu hatte die Zürcher Kantonsärztin Christiane Meier entschieden, sämtliche Spieler und Staff-Mitglieder des FCZ in Quarantäne zu schicken. Sie tat das vor allem auch unter dem Eindruck der Busfahrt. Zwei Stunden hin, zwei Stunden zurück. Im schlechtesten Fall wirkt das trotz aufgesetzter Schutzmasken wie eine Virenschleuder. Der FCZ erlebt das wohl gerade.
Die Grasshoppers hingegen hatten Glück. Auch bei ihnen wurde mit Amel Rustemoski ein Spieler positiv auf das Virus getestet. Sie hatten am Dienstag aber ein Heimspiel gegen Stade Lausanne-Ouchy. Die Spieler reisten privat in den Letzigrund. Deshalb wurde bei GC jetzt nur Rustemoski isoliert. Der Rest des Teams darf nach dem kurzfristig abgesagten Match vom Freitag gegen Wil wieder trainieren und spielen.
Hat der FCZ alles getan, um Ansteckungen zu verhindern? «Spieler und Trainerstaff haben das Schutzkonzept diszipliniert umgesetzt», sagt FCZ-Sportchef Thomas Bickel. Trainingsbeobachter berichten allerdings davon, dass sich einzelne Spieler auch während Übungseinheiten abgeklatscht hätten. Bickel schliesst das zwar nicht aus, erachtet das Ansteckungsrisiko in solchen Fällen aber als sehr gering und findet: «Der Mannschaft etwas vorzuwerfen, wäre fehl am Platz. Umso schmerzhafter ist es, dass wir jetzt trotzdem positive Fälle haben.»
Ähnlich klang es bei Ancillo Canepa am Samstag. Der Präsident liess sich in einem Communiqué zitieren. Die Spieler und die anderen Mitarbeiter hätten sich an die Weisungen und Vorsichtsmassnahmen gehalten und das Schutzkonzept der Liga befolgt. Doch «aufgrund der hohen Viralität des Coronavirus besteht dennoch immer ein gewisses Restrisiko einer Ansteckung».
Gemäss FCZ weisen die infizierten Spieler derzeit nur geringfügige oder gar keine Symptome auf. Unklar ist trotzdem, wie schnell sie wieder gesund werden. Und wie leistungsfähig sie zurückkehren.
Darum geht die Quarantäne schon am Samstag zu EndeZur zehntägigen Quarantäne angerechnet werden bereits der Mittwoch, Donnerstag und Freitag nach der Partie bei Xamax. An diesen Tagen haben die FCZ-Spieler entweder gar nicht oder nur individuell trainiert und sind nicht mehr länger miteinander in Kontakt gekommen. So kann das Team frühestens am nächsten Samstag wieder spielen. Auf dem Plan stünde dann der Match gegen YB – trainieren könnte die Mannschaft vorher nur in den Stunden vor der Partie.
Die Swiss Football League (SFL) wurde vom Entscheid der Zürcher Kantonsärztin überrascht. Ursprünglich hatte sie mit dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) ausgemacht, dass bei einem positiven Fall nur der betroffene Spieler isoliert werden muss. Mittlerweile bestimmen aber die Kantone das weitere Vorgehen. «Wir haben immer gesagt: Wenn eine ganze Mannschaft in Quarantäne muss, dann wird es mit der Meisterschaft schwierig», erklärt Liga-CEO Claudius Schäfer. Er sagt auch, dass das BAG den Fall wohl anders beurteilt hätte als der Kanton Zürich.
Einen Tag länger spielen, ist das schon die Lösung?Bislang ist das Meisterschaftsende für den 2. August vorgesehen. Nun will die SFL alles unternehmen, um die Meisterschaft wenigstens bis zum 3. August abzuschliessen. Bis zu diesem Tag muss sie der Uefa ihre Europacup-Teilnehmer melden.
Die grosse Frage darum: Ist es möglich, dass der FCZ das am Samstag abgesagte Spiel gegen Sion und das ursprünglich für Dienstag angesetzte Spiel gegen Basel bis Anfang August nachholen kann?
Die Spielplan-Spezialisten der Liga arbeiten an einer Lösung. Die SFL wird am Montag bekannt geben, ob auch der Match gegen den FCB verschoben wird. Das ist wahrscheinlich. Liga-Präsident und Berufsoptimist Heinrich Schifferle hofft in der «SonntagsZeitung» zwar darauf, dass der Kanton Zürich auf seinen Quarantäneentscheid zurückkommt. Das allerdings ist unrealistisch, wie Marcel Odermatt erklärt, Sprecher der Gesundheitsdirektion.
Die U-21 des FCZ in Basel antreten zu lassen, ist zwar theoretisch denkbar, es wäre aber nicht nur eine gröbere Wettbewerbsverzerrung, sondern auch aus gesundheitlichen Gründen fragwürdig. Die jungen Spieler sind wegen der Corona-Pause nicht im Wettkampfmodus.
Die Saison abzubrechen, kommt nicht infrageSchäfer ist «überzeugt, dass wir Lösungen finden», um die Saison korrekt zu beenden. Notfalls könnte die Super League auch über den 3. August hinaus spielen und für den Europacup eine Lösung festlegen. Ein Abbruch der Meisterschaft drohe aus Schäfers Sicht nur dann, wenn ein zweiter Fall wie beim FC Zürich auftreten würde. Auch für die meisten Clubs ist klar, dass die Meisterschaft wenn möglich beendet werden soll. FCZ-Sportchef Bickel findet: «Wir haben uns für die Geisterspiele entschieden. Mit Zwischenfällen mussten wir rechnen. Nun müssen wir alle Optionen prüfen, um die Meisterschaft sportlich so fair wie möglich zu einem Ende zu bringen.»
Bickel übrigens darf zwar über Ende Juli hinaus nicht Sportchef bleiben, er wird durch Marinko Jurendic ersetzt. Er hat sich aber entschieden, trotz Degradierung im Club zu bleiben. Seine neuen Aufgaben sind noch genau festzulegen.
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