Aus der NZZ
Das Super-League-Mittelfeld ist eine einzige Gefahrenzone – und der FCZ ist mittendrin
Die Niederlage in Basel hätte für die inferioren Zürcher weit höher als 0:3 ausfallen können. Nun kommt es zum grossen Zusammenschluss im Mittelfeld der Super League.
Peter B. Birrer
5.5.2019, 21:09 Uhr
Dem Niederländer René van Eck liegt der Edamer näher als der Emmentaler, wenn es um Käse geht. Am Samstag erduldete der für den gesperrten Ludovic Magnin an der Seitenlinie stehende Assistenztrainer des FC Zürich ein 0:3 gegen den FC Basel. Das Resultat hätte noch deutlicher ausfallen können, weil die Basler reihum Topchancen ausliessen. Wäre ein treffsicherer Stürmer wie der YB-Topskorer Guillaume Hoarau zugegen gewesen, hätte es auch 0:6 heissen können. Also sprach van Eck von «Löchern» in den Reihen des FCZ, die ihn gedanklich zum Edamer brachten.
Der schlimmste Befund für den FCZ ist, dass niemand mehr etwas von ihm zu erwarten scheint, wenn er nach Basel fährt. Der FCZ setzt keine positiven Ausrufezeichen mehr, weder im Cup noch in der Meisterschaft, und er reiht sich damit ein in die Beliebigkeit der Super League. Beliebigkeit ist aber nicht mit Langeweile zu verwechseln – die Brisanz wird immer grösser. An diesem Wochenende kam es in der höchsten Schweizer Liga zum grossen Zusammenschluss. Ausser YB, Basel und am anderen Ende den hoffnungslos abgeschlagenen Grasshoppers liegen sieben Klubs dicht beisammen. Der immer mehr verblüffende Aufsteiger Xamax bäumt sich weiter auf, am Sonntag gewannen die Neuenburger in Thun 2:0. Vier Runden vor Schluss liegen zwischen dem dritten (Lugano) und dem neunten Rang (Xamax) nur noch fünf Punkte.
Natürlich steigt dadurch die Spannung im Kampf um den dritten Platz, der die direkte Europa-League-Qualifikation bringt, sollte Basel den Cup-Final gewinnen. Vor allem aber verbreitet die wieder eingeführte Barrage Schrecken, das Super-League-Mittelfeld ist eine einzige grosse Gefahrenzone. Diese Konstellation ist nicht auf gehobenes Niveau zurückzuführen, im Gegenteil. Ein Team, wie es der FCZ derzeit darstellt, dürfte nie und nimmer Aussichten auf den dritten Platz haben.
Wer sich in Basel in die Haut eines FCZ-Verantwortlichen versetzte und an die Zukunft dachte, kam ins Grübeln. Der FCZ auf Platz acht und in Not – wie kam es bloss so weit? Ende Oktober 2018 funktionierte der FCZ noch, mit dem 3:2 gegen Leverkusen gab er in der Europa League eine Referenz ab. Damals spielten im Vergleich zum Basel-Match hinten links Pa Modou, im Mittelfeld Hekuran Kryeziu und vorne rechts Adrian Winter. Kryeziu und Winter fehlen derzeit wegen Kreuzbandrissen. Gegen Leverkusen war Benjamin Kololli nicht wie in Basel Ersatz, sondern Stammspieler. Was ist mit seiner Entwicklung? Und was mit Salim Khelifi? Fragezeichen gibt es auch hinter dem Stürmer und Millionentransfer Assan Ceesay, vor allem, wenn er gegen einen Verteidiger wie Marek Suchy spielt. Auch der Mehrwert, den der von Marseille ausgeliehene Grégory Sertic bringen soll, ist nicht erkennbar. Und wenn der 37-jährige Alain Nef durch den 17-jährigen Becir Omeragic ersetzt wird, wirkt es nicht primär als Zeichen für die Zukunft. Man denkt eher: Schade, ist Nef nicht jünger.
Ob schwere Verletzungen oder rätselhafte Personalien: 2019 gilt für den FCZ nicht Stagnation, sondern Rückschritt. Er muss aufpassen, dass sich nicht gleich alles, was sich der Klubpräsident Ancillo Canepa nach dem Trainerwechsel von Uli Forte zu Ludovic Magnin im Februar 2018 erhofft hat, ins Gegenteil verkehrt.
Am nächsten Sonntag erwartet den FCZ der Charaktertest in der Maladière gegen Xamax, die Reserve ist auf ein einziges Pünktchen geschrumpft. Noch ist die Gefahr nicht gebannt, dass die Schadenfreude im Basler Anhang («Züri Nati B») nicht nur GC, sondern auch das Möchtegern-Spitzenteam FCZ betrifft. Es ist kaum zu glauben. Aus den vergangenen sieben Spielen gewann der FCZ vier Punkte, Xamax deren vierzehn. Die Neuenburger sprechen plötzlich von einem Szenario, dem sie zuvor wochenlang kaum Beachtung schenkten: von der Chance, womöglich sogar den achten Rang zu erreichen und der Barrage zu entgehen. Das Gute für den FCZ: Er ist nicht allein mit dieser Gefahr von hinten, Sitten, St. Gallen, Luzern, Thun und Lugano geht es nicht besser. Das Schlechte für den FCZ: Das Selbstvertrauen von Xamax ist derzeit grösser, die (Abwehr-)Löcher sind kleiner – in den letzten vier Meisterschaftsspielen kassierten die Neuenburger ein einziges Tor