Beitragvon schwizermeischterfcz » 07.04.18 @ 7:29
Aus der NZZ:
Der FCZ verfällt nicht dem Jugendwahn, sondern bleibt realistisch
Zuletzt setzte der neue FCZ-Trainer Ludovic Magnin sechs junge Fussballer ein und gewann einen Punkt in Sitten. Im Derby gegen GC dürfte sein Team wieder anders aussehen. Trotz Forcierung der Nachwuchsspieler bleibt die FCZ-Führung vorsichtig.
Michele Coviello
7.4.2018, 06:00 Uhr
Es klingt fast so, als wolle der Sportchef Thomas Bickel die Fans des FC Zürich vor dem Derby vom Samstag beruhigen. «Ich kann garantieren, dass nicht so viele Junge spielen werden», sagt er. Nicht so viele wie zuletzt.
In Sitten startete der FCZ mit fünf Jungspunden: Toni Domgjoni, Izer Aliu, Fabian Rohner, Mirlind Kryeziu und Kevin Rüegg. Später kam für Rohner auch Tobias Schättin ins Spiel. Zusammen mit Kryeziu war Schättin am vergangenen Samstag der zweite Super-League-Debütant der Zürcher. Sie schafften ein Remis, mit einem Traumtor des 19-jährigen Domgjoni.
Aber das Spiel war kein Ruhmesblatt für den FCZ. «Den Punkt hätten wir nicht kriegen dürfen», sagte selbst Magnin. Der Sportchef Thomas Bickel formuliert es so: «Es ist uns bewusst, dass das mehr als mutig war. Das ist nicht die Zukunft, sondern die Ausnahme.» Zu viele waren verletzt, der Abwehrchef Alain Nef war gesperrt, andere wurden im Hinblick auf die zwei aufeinanderfolgenden englischen Wochen geschont. Da stimmte die Aussage Magnins wohl nur bedingt, dass ausschliesslich die Trainingsleistungen für die Aufstellung entscheidend gewesen seien.
Nachwuchsförderung als Konzept
Grundsätzlich tut Magnin aber, was im FCZ Tradition hat: Talente wie Blerim Dzemaili, Admir Mehmedi oder Ricardo Rodriguez sind im Letzigrund noch in Kinderschuhen gross herausgekommen. Das soll wieder der Fall sein. «Es ist Teil unserer Ausrichtung, vermehrt junge Spieler zu fördern», sagt Bickel. Mit Magnin, dem einstigen Nachwuchstrainer, sei automatisch ein Schub gekommen. «Aber wir sind realistisch optimistisch», sagt der Sportchef, «wir können nicht erwarten, dass immer so viele auf dem Platz stehen.» Wenn einer oder zwei Nachwuchsspieler pro Saison fest eingebaut würden, sei das Ziel schon erreicht.
Auch Magnins Vorgänger Uli Forte hatte einige Nachwuchskräfte lanciert. Die ersten fünf Spiele Magnins zeigen bis jetzt aber noch mehr Einsatzzeit für sie. Gar zu viel? «Für das haben wir Ludo», sagt Bickel, «er steht für Dynamik, er fordert.»
Der Jungspund Izer Aliu erzielte am vergangenen Samstag gegen Sitten ein Traumtor. Vom neuen Trainer Ludovic Magnin hat Aliu bisher bereits doppelt so viel Spielzeit erhalten als unter dessen Vorgänger Uli Forte. (Bild: Laurent Gillieron / Keystone)
Der Jungspund Izer Aliu erzielte am vergangenen Samstag gegen Sitten ein Traumtor. Vom neuen Trainer Ludovic Magnin hat Aliu bisher bereits doppelt so viel Spielzeit erhalten als unter dessen Vorgänger Uli Forte. (Bild: Laurent Gillieron / Keystone)
Das Thema Nachwuchsspieler war ein Kritikpunkt in der Ära Forte und ein wiederkehrendes Thema in Gesprächen zwischen Führung und Trainer. Der Präsident Ancillo Canepa sagt: «Wir hatten das Gefühl, dass unser Konzept nicht so umgesetzt wurde, wie wir es uns vorstellten.» Canepa weiss, wie viel in seinen Nachwuchs investiert wird und dass in den vergangenen Jahren ein grösserer Ertrag möglich gewesen wäre. «Wir hatten einige negative Erfahrungen», sagt er. «Toptalente wie Anto Grgic, Djibril Sow, Vasilije Janjicic oder Dimitri Oberlin versauerten und verliessen den FCZ frustriert viel zu früh, weil die Cheftrainer der ersten Mannschaft – aus welchen Gründen auch immer – nicht bereit oder in der Lage waren, diese systematisch an die erste Mannschaft heranzuführen», sagt Canepa.
«Die richtige Balance finden»
«Systematisch», dieses Wort fällt im Gespräch mit dem Präsidenten oft. Es unterstreicht, dass Canepa nichts dem Zufall überlassen will. 3,5 Millionen Franken investiert der Klub jährlich in den Nachwuchs. «Ich bin überzeugt, dass wir überdurchschnittliche Spieler in der Academy haben», sagt Canepa. Und diese sollen mit System den Weg nach oben finden. Inzwischen beschäftigt der FCZ in Vollzeit einen Talentmanager, der die besten Spieler eng betreut.
Die Wahl Magnins als Trainer geht auch damit einher. «Er hat sechs Jahre lang den Nachwuchs von der U 16 bis zur U 21 trainiert und kennt die Ausbildungsphilosophie», sagt Canepa. Der Präsident fordert, dass dieses Gedankengut auch zuoberst weitergegeben wird. «Auch im 1. Team wollen wir ausbildungsorientiert arbeiten», sagt Canepa. Seit diesem Sommer plane der FCZ separate Einheiten für die Jüngeren und setze diese spezifischen Trainings um – «systematisch».
Auch wenn Canepa die Verjüngung begrüsst, sagt er: «In Sitten hatten wir Glück, nun müssen wir die richtige Balance finden.» Denn es ist nicht so, dass der FCZ keine Ambitionen mehr hätte. «Wir können nicht einfach experimentieren», sagt Canepa, «wir spielen noch um den Cup-Sieg und schauen nach oben bis zum 3. Rang.» Der Cup oder Rang 3 – beides würde den direkten Eintritt in die Gruppenphase der Europa League bedeuten, eine gute Plattform für junge Spieler.
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