Habe noch einen Artikel aus dem Tagi zu Hermi gefunden. Ich empfehle euch, die Bildergalerie anzuschauen, in welcher Hermi die besten/schlechtesten Trainer, die besten Freunde etc. erzählt.
http://mobile2.tagesanzeiger.ch/article ... 6cf2000001Freitag 2. Juni 2017 23:46
Mit Bauch und Pilotenbrille
Das Herz des FC Zürich schlägt in seiner Brust. Nach über 40 Jahren zieht sich der legendäre Masseur Hermann Burgermeister endgültig zurück.
Fünfmal wurde Burgermeister mit dem FC Zürich Schweizer Meister und viermal Cupsieger. Zum Abschluss der Saison 1999/2000 schaffte der FCZ den Klassenerhalt am letzten Spieltag – zuvor war er schon Cupsieger geworden.
Den ersten Höhepunkt in dieser Woche erlebte Hermann Burgermeister am Montag im Zürcher Volkshaus. An der Generalversammlung des FC Zürich wurde er zum Ehrenmitglied ernannt. «Und das ohne Gegenstimme», wie er betont. Die Auszeichnung freut ihn und ist ihm auch wichtig: «Eine schöne Geste und ein Zeichen der Anerkennung für meine Arbeit im Verein.»
Seit 42 Jahren dauert diese an. Hunderte von Spielern und 29 Trainer, da hat er genau gezählt, sind in dieser langen Zeit beim FCZ gekommen und gegangen, Burgermeister aber blieb immer. Der Junggeselle sagt: «Der FCZ ist meine Familie, er ist mein Leben, und der Letzigrund ist meine Heimat.» Er wohnt am Letzigraben, nur einen Steinwurf vom Stadion entfernt.
(Bildergalerie: Hermann Burgermeister über ... Der schönste Sieg?
Natürlich das 2:1 in der 93. Minute am 13. Mai 2006 in Basel – unvergesslich! Dann das Double 1976 mit der Mannschaft um Köbi Kuhn, René Botteron und Goalie Karl Grob sowie der Meistercup-Halbfinal in der folgenden Saison gegen Liverpool. Bild: Keystone (7 Bilder))
Aus dem thurgauischen Uttwil, einem 800-Seelen-Dorf am Bodensee, war Burgermeister Anfang der Siebzigerjahre nach Zürich gekommen. «Hermi», wie er seit jeher von seinen Freunden gerufen wird, war damals ein junger Mann mit Schnauz und grossen, runden Brillengläsern, hellem Ostschweizer Dialekt und einem schon damals unübersehbaren Bauchansatz. Er arbeitete als Chauffeur, nachdem er seinen Beruf als Heizungsmonteur wegen eines Augenleidens hatte aufgeben müssen.
In der Grossstadt fühlte sich Burgermeister bald heimisch. Er lernte die einschlägigen Lokale und bald auch Timo Konietzka kennen, den Meistertrainer des FCZ. Man traf sich in der «Chämihütte» oder in der «Playboy»-Bar, der Fussball und der damals höchst erfolgreiche FCZ waren in der sportinteressierten Zürcher Szene das dominierende Thema.
Köbi Kuhn als Fürsprecher
Burgermeister wurde rasch zum Fan des Clubs, jeden Donnerstagmorgen vergnügte er sich im Letzigrund mit Freunden aus dem FCZ-Umfeld bei einem Plauschmätschli. «Club 74» nannte sich die locker zusammengewürfelte Vereinigung nach ihrem Gründungsdatum, die Bobfahrer Erich und Peter Schärer, der Boxer Heini Glättli, der damalige FCZ-Mannschaftsarzt Ruedi Raschle, Burgermeister und Konietzka waren bei jedem Training dabei.
Es kam der Tag, da Hans Bamert, seit 20 Jahren Pfleger beim FCZ, seinen Job im Letzigrund quittierte. Der Stadtclub stand plötzlich ohne Masseur da. Konietzka wusste, dass Burgermeister nach Feierabend hin und wieder bei den Drittliga-Kickern des FC Romanshorn Hand anlegte. Er ernannte ihn kurzerhand zum Nachfolger. Aber wie sollte dieser Entscheid dem Präsidenten Edi Naegeli, der das Geld lieber in Transfers als ins medizinische Personal investierte, und den Meinungsmachern unter den Spielern wie Köbi Kuhn oder Karl Grob beigebracht werden? Burgermeister erklärt mit einem Schmunzeln: «Timo hat mir geraten, voll in die Fussballermuskeln reinzugreifen, sie richtig durchzukneten.»
Burgermeister machte sich mit Enthusiasmus an die Arbeit, die Spieler stöhnten unter seinen kräftigen Händen, doch sie begannen seine Dienste zu schätzen und fassten Vertrauen. Und so kam es, dass Kuhn den Präsidenten in dessen Geschäft, dem «Tabakfass» am Stauffacher, aufsuchte und ihm mitteilte, dass die Mannschaft Burgermeister als neuen Masseur wolle. Es war von vornherein klar, dass Naegeli seinem Lieblingsspieler den Wunsch nicht abschlagen würde.
Der 1. Mai 1975
Das alles trug sich im Frühling 1975 zu. Burgermeister bekam seinen ersten Arbeitsvertrag als Masseur des FCZ am 1. Mai, ein paar Wochen später sass er in einem Spiel der internationalen Sommermeisterschaft gegen Eintracht Braunschweig erstmals auf der Bank. Der FCZ stand in seiner Blüte, er wurde zwischen 1974 und 1976 dreimal Meister und drang 1977 in den Halbfinal des Meistercups vor. Naegeli war der volksnahe und zugleich dominante Präsident, Konietzka der fordernde und erfolgreiche Trainer, Kuhn, Rosario Martinelli und Peter Risi waren die wichtigsten Spieler. Aus Kuhn ist ein zufriedener Rentner geworden, die anderen sind alle gestorben.
Beharrlich arbeitete sich Burgermeister im Letzigrund voran, er bildete sich in Abendkursen auf dem Gebiet der Sportmassage weiter, und 1978 wurde er, nachdem er während seiner ersten drei Jahre für den FCZ nur Teilzeit gearbeitet hatte, vom Verein zu hundert Prozent angestellt. Mit seinem Arbeitseifer, seinem Einsatz, seiner Hilfsbereitschaft, mit seinem Fachwissen und auch wegen seiner Leidenschaft für den FCZ machte er sich im Letzigrund auf die Dauer unentbehrlich.
Der frühere Präsident Sven Hotz erwähnte einst in einem Gespräch: «Den FC Zürich ohne Herrn Burgermeister kann ich mir schlicht nicht vorstellen. Wenn es nach mir geht, soll er für immer für den Verein da sein.» Die Wertschätzung für seinen langjährigen Angestellten begründete er mit einem Beispiel: «Wer fuhr einst morgens um zwei Uhr zur Wohnung des erkrankten Shabani Nonda nach Oerlikon, um ihn mit ‹Vicks Vaporub› einzureiben und mit Grippemitteln zu versorgen? Burgermeister – und Nonda schoss am Tag darauf zwei Tore.»
Die Liebe zum FCZ-Trikot
Auch die früheren Trainer Gilbert Gress und Georges Bregy erinnern sich gerne an die Zusammenarbeit mit dem Masseur. Gress pflegte zu sagen, dass er bei Burgermeister immer die Liebe zum FCZ-Trikot gespürt habe, und Bregy bemerkt schmunzelnd: «Als Spieler von Sion, Lausanne und YB habe ich mich oft mit ihm gestritten, weil er immer einseitig Partei für den FCZ nahm. Als FCZ-Trainer schätzte ich seine Loyalität für den Club und seinen Respekt für die Spieler.»
Anstand, Respekt und Höflichkeit: Es sind Werte, die dem als Einzelkind aufgewachsenen Burgermeister von seinen Eltern vermittelt wurden. Der Vater war Bauarbeiter, die Mutter Hausfrau. Er sagt: «Wir sind einfache Leute vom Land, nichts Besonderes.» Doch wehe dem, der sich ihm gegenüber nicht korrekt zu benehmen weiss! Er kann es nicht leiden, wenn die Spieler nach dem Training oder den Spielen die Trikots und Schuhe achtlos in einer Ecke liegen lassen, anstatt sie in die bereitgestellten Bottiche für die Wäsche zu legen. Er gilt als pingelig, doch das mag er so nicht stehen lassen und entgegnet: «Ordnung muss sein!» In den letzten acht Jahren war er nicht mehr Masseur, sondern Materialchef. Dazu betreute er die Mannschaft an den Spieltagen.
Keine Angst vor der grossen Leere
Nun also tritt Hermann Burgermeister ab. Nicht, weil er muss, sondern weil er will. Am 4. Oktober wird er 70-jährig, mit dem Stadtclub wurde er fünfmal Meister und viermal Cupsieger. «Es ist der richtige Zeitpunkt» sagt er, «der FCZ ist wieder dort, wo er hingehört, in der Super League. Also kann ich guten Mutes gehen.» Er ist zwar noch immer wohlbeleibt, aber seine Gesundheit ist intakt. Das mit dem Gewicht sei so eine Sache, sagt er und lacht: «Es geht rauf und runter. Ich setze schon Fett an, wenn ich mir ein gutes Essen nur vorstelle.» Dem Leben nach dem FCZ schaut er gelassen entgegen, er fürchtet nicht, in ein Loch zu fallen oder in eine grosse Leere zu geraten. Er weiss: «Ich habe zwar keine Familie, aber viele gute Freunde.» Und dem FCZ wird die treue Seele für immer verbunden bleiben: «Ich gehe künftig als FCZ-Anhänger ins Stadion.»
Mit gemischten Gefühlen denkt er hingegen an den Samstagabend und das Spiel gegen Wohlen im Letzigrund. «Das gibt wohl eine emotionale Angelegenheit», sagt er, «ob ich die Tränen zurückhalten kann?» Abzusehen ist, dass der im Letzigrund längst zum Publikumsliebling und zur Kultfigur gewordene Burgermeister vor und nach dem Match von den Zuschauern auf den Tribünen, vorab aber von der Südkurve ein letztes Mal gefeiert werden wird. Der Abschied von den Fans: Er wird der zweite Höhepunkt in der letzten Woche von Hermann Burgermeister beim FCZ werden.
J
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