Kollegah hat geschrieben:https://www.nzz.ch/sport/fussball/super-league-die-canepas-sind-im-fc-zuerich-dem-sportchef-verfallen-ld.1839951
Wär öpper so lieb?
Das Präsidentenpaar Canepa verfällt seinem Sportchef und preist den neu erfundenen FC Zürich
Die kommende Saison verantwortet erstmals Milos Malenovic. Muss sich der FCZ-Sportchef bewähren? Die Canepas lachen die Frage weg. Weil sie sich längst für Bedingungslosigkeit entschieden haben.
Peter B. Birrer
17.07.2024, 16.00 Uhr 5 min
Alles neu, alles gut? So jedenfalls lassen es der FCZ-Präsident Ancillo Canepa (links) und der Sportchef Milos Malenovic an der Medienkonferenz vor dem Saisonstart erscheinen.
Alles neu, alles gut? So jedenfalls lassen es der FCZ-Präsident Ancillo Canepa (links) und der Sportchef Milos Malenovic an der Medienkonferenz vor dem Saisonstart erscheinen.
Ennio Leanza / Keystone
Beide Spieler waren mindestens hundert Mal im Einsatz für den FC Zürich, beide galten als Trouvaillen, beide waren 2022 gefeierte und wenig später danach gefallene Meister auf den Flügeln – jetzt sind Adrián Guerrero und Nikola Boranijasevic nicht mehr erwünscht. Der Sportchef Milos Malenovic begründet dies mit dem «frischen Wind im neuen FCZ».
Malenovic sagt das emotionslos. Auf ihn setzt das Präsidentenpaar Canepa, als gäbe es keine Alternative, als wäre es ihm verfallen. Malenovic gestaltet die Zukunft. Er tut dies mit harter Hand, kompromisslos. Vorher sei der FCZ eine Wohlfühloase gewesen, jetzt sei er zum Leistungszentrum geworden, lässt Malenovic durchblicken.
Am Dienstag läutet der FC Zürich die am Samstag in Yverdon beginnende Saison ein, an der Freischützgasse, wo demnächst der neue Fanshop eröffnet wird. Vorne sitzen der Präsident Ancillo Canepa, Malenovic und der Trainer Ricardo Moniz. Die gute Laune ist Vorsaison-Programm.
Die Familie Hotz bleibt FCZ-Sponsor
Während die Zukunft rosarot gemalt wird, schweifen die Gedanken zurück in die Vergangenheit. Lange habe der Klub für den Fanshop eine neue Lokalität suchen müssen, sagt Canepa. Bis eines Tages eine Immobilienfirma angerufen habe, deren Name ihn hellhörig gemacht habe. Sie trägt den Namen des früheren FCZ-Präsidenten Sven Hotz, des Canepa-Vorgängers, der Präsident, Patron und Mäzen war.
Also schlug Canepa zu. Der FCZ will sich zwar neu erfinden, aber auf Hotz nicht verzichten. So kam der Fanshop in ein Hotz-Gebäude zwischen Bahnhof und Kasernenwiese. Nebenan lud Hotz vor vielen Jahren jeweils zu Audienzen, inmitten von Papierstapeln. Es war bewundernswert, wie er im Chaos den Überblick behielt und nicht selten innert Kürze das richtige Dossier präsentierte.
Daran erinnern sich Angestellte des FC Zürich dieser Tage. Zumindest diejenigen, die noch eine Verbindung in die Vergangenheit haben und von der Malenovic-Fontäne nicht weggespült worden sind.
Hotz bleibt in seinen späten Lebensjahren via seine Nachkommen ein grosszügiger FCZ-Sponsor. Auch sonst hat der Klub Gutes zu berichten. Er setzt 9000 Saisonkarten ab und erreicht eine Rekordmarke. Er kann in die Conference League und kann dort allenfalls ein paar Uefa-Millionen verdienen. Es werden Transfer-Raten für den früheren Spieler Aiyegun Tosin erwartet, der 2023 für 4 Millionen Euro verkauft wurde und mit Lorient aus der Ligue 1 abgestiegen ist. Und für den früheren Trainer Bo Henriksen, der Mainz in der Bundesliga hielt, was für den FCZ einen kleinen Bonus zur Folge hat.
Zudem bleibt der 2022 für über 4 Millionen an Leeds United verkaufte Wilfried Gnonto ein goldenes Sparschwein, das noch nicht zersprungen ist. Leeds verpasste den Aufstieg in die Premier League, im Raum steht nun abermals ein Weiter-Transfer, der dem FCZ laut Canepa eine beträchtliche, aber nicht näher bezifferte Beteiligung einbringen würde. Je nachdem, ob Gnonto überhaupt weiterzieht. Und für wie viel. Den Sprung ins italienische EM-Kader hat er jedenfalls verpasst.
Doch im Sommer 2024 bleibt ein Transfer-Ertrag bis jetzt aus. Neben Canepa halten auch langjährige Spieler dem Sportchef zugute, dass die neuen Spieler erstmals seit langem die ganze Saisonvorbereitung mitmachten. In Bezug auf die Planung scheint der Klub weiter zu sein als auch schon.
Er bediente sich in Bulgarien, in der zweiten Bundesliga, in Serbien, Griechenland, Belgien und bei Atlético Madrid B. Er verpflichtete nicht weniger als vier Offensivspieler, dazu drei Verteidiger. Viele sind auf Leihbasis in Zürich, klingende Namen haben sie (noch) nicht. Transfers sind immer auch Spekulation. Das Spielerkontingent ist auf über 30 angewachsen.
Der Sommer 2024 ist im FC Zürich der erste Malenovic-Sommer. Oder doch nicht? Wer an der Medienkonferenz die Frage stellt, ob die Saison 2024/25 als Bewährungsprobe für Milos Malenovic gelte, erntet Gelächter. Am lautesten ist die ebenfalls im Raum sitzende Heliane Canepa zu hören, die Frau des Präsidenten. Ancillo Canepa sagt derweil: «Er muss sich nicht mehr bewähren, er hat sich schon lange bewährt.»
Die Canepas sprechen von Milos Malenovic wie von einem Über-Sportchef. Seine Zielstrebigkeit, seine Präsenz, sein Ausweis als Spieleragent, sein europäisches Netzwerk – alles top. Null Fragezeichen. Man isst ihm geradewegs aus der Hand. Heliane Canepa erklärt ihr spontanes Gelächter auf Nachfrage damit, dass «Malenovic schon lange für uns arbeitet». Er begann offiziell im Oktober 2023, aber er hatte schon früher die Geschicke im Klub bestimmt, «als Berater», wie Heliane Canepa in Erinnerung ruft.
Nachdem der Einfluss Malenovics 2023 zunächst kleingeredet worden ist, wird er jetzt umso stärker betont. Alles Malenovic, «schon lange» – auf Gedeih und Verderb.
Der Vergleich mit der Migros
Die geräusch- und schmerzvollen Umwälzungen in der Organisation spielen die Canepas und Malenovic herunter. Alles neu, alles normal, «schauen Sie, was mit der Migros gerade passiert», sagt Heliane Canepa. Man müsse sich in Liebe und mit Anstand trennen, sagt sie, auf ein Telefonat hinweisend, das sie von Murat Ural erhalten habe. Ural war letzte Saison zusammen mit Umberto Romano kurzerhand berufener und alsbald abgesetzter Cheftrainer; nun ist er Assistent von Peter Zeidler im Bundesligaklub Bochum.
Fast alle haben den FCZ in Minne verlassen. Behaupten die Canepas und Malenovic. Auch der langjährige Spieler und Nachwuchstrainer Daniel Gygax, der jetzt für den Schweizerischen Fussballverband (SFV) arbeitet. «Er wollte einen Change», sagt Canepa. Es gibt viele FCZ-Beispiele, bei deren Schilderung man sich in Parallelwelten wähnt. Je nachdem, wer sie erzählt. Gygax soll laut Vertrauten von «Misstrauen» und von «unerträglichen Zuständen» gesprochen haben. Auch andere ausgebootete FCZ-Angestellte tönen solches an.
Und wenn einer bleibt wie der langjährige Spieler Alain Nef, ist von dessen «Überlebens-Humor» die Rede.
Im Zentrum, immer wieder: Milos Malenovic. Und ein Klima der Angst, von dem berichtet wird. Von dem an der Saisoneröffnung im Hotz-Haus allerdings nichts zu spüren ist. Die Canepas bleiben Arbeitgeber, schaffen Abhängigkeiten. Schweigen ist Gold.
Der Leitspruch «Nie usenand gah» ist im Fanshop vielerorts zu sehen und erinnert an den Meister-Film. Niemand geht auseinander. Zumindest hier. Malenovic rühmt die Vorbereitung und – ohne darauf angesprochen worden zu sein – das «Team», die «Zusammenarbeit». Hier sei «keine One-Man-Show» – «so kann es weitergehen». Der Weg des FC Zürich führt durch Parallelwelten und ist bedingungslos, dornenreich und voller Gefahren. Zumindest das.