Am Donnerstag und Freitag letzter Woche spielten sich in zahlreichen Stadtzürcher Schulen ähnliche Szenen ab.
Junge Männer, erkennbar als FCZ-Fans, begaben sich auf Schulhausareale, um mit Bällen für die Südkurve zu werben. Diese speziell bedruckten Bälle, auf denen das Faustlogo der Fankurve zu sehen ist, verteilten die Fans direkt an Schülerinnen und Schüler. Dabei ist es gemäss mehreren Schilderungen teils zu hektischen Szenen gekommen. Kinder stritten sich um die Gratis-Bälle.
An anderen Schulen übergaben die Südkurve-Anhänger die Bälle direkt an Lehrpersonen, Betreuungspersonal oder Schulleitungen. In Einzelfällen sind die Fans gemäss Angaben der Schulpräsidien auch einfach in Schulzimmer eingetreten.
Jede Schulklasse sollte einen Südkurven-Ball erhalten. Die Fangruppierung will offenbar bereits unter Kindern im Primarschulalter Sympathien für sich schaffen.
Die PR-Aktion, über die Inside Paradeplatz zuerst berichtete, war gross aufgezogen. Sie deckte wohl ungefähr die Hälfte der über 120 städtischen Schulen ab. Im Schulkreis Zürichberg kam es in 8 von 11 Schulen zu Verteilaktionen, in Schwamendingen in 9 von 12 Schulen, im Schulkreis Uto in 10 von 19 Schulen. Auch in anderen Schulkreisen wurden Ballabgaben gemeldet.
In vielen Schulhäusern liessen die Fans rund 20 Bälle zurück. Nach einer groben Schätzung wurden über 1000 Bälle verschenkt. An wenigen Schulen gaben die Südkurvler auch Stickers an die Kinder ab.
Aktion war illegal
Um auf Schulhaus-Arealen Werbung zu machen, braucht es eine Bewilligung. Entsprechende Anfragen gibt es laut dem Schul- und Sportdepartement nur selten. Sie würden eigentlich immer abgewiesen. Die Südkurven-Anhänger hatten weder um Erlaubnis gebeten, noch informierten sie die Schulen über ihre Pläne. Sie setzten auf Überrumpelung.
Bei den Schulen kommt das schlecht an. Die Zürcher Schulpräsidentinnen und Schulpräsidenten verurteilen die unbewilligte Werbeaktion. Der zuständige Stadtrat Filippo Leutenegger (FDP) sagt: «So etwas hat es noch nie gegeben und es darf nicht vorkommen.» Auf Strafanzeigen verzichtet die Stadt Zürich allerdings.
In den betroffenen Schulhäusern sorgte die Aktion für Aufregung und Diskussionen. Bei Gabriela Rothenfluh (SP), der Präsidentin des Schulkreises Waidberg, haben sich drei Schulleiterinnen wegen der Verteilaktionen gemeldet. Diese seien sehr hässig gewesen. Und zwar nicht nur wegen der unerlaubten Propaganda. Die Südkurve sei in letzter Zeit vor allem durch Gewalt in den Schlagzeilen gewesen, sagt Rothenfluh. Die Fangewalt schwappe immer wieder in die Schulen hinein. Dazu passten die Bälle, die mit Fäusten bedruckt sind. «Solche Zeichen der Gewalt wollen wir nicht an unseren Schulen.»
Für SVP-Gemeinderat und Seklehrer Stefan Urech bestätigt die Ball-Aktion den Eindruck, dass die Südkurve Narrenfreiheit geniesse in Zürich und kaum Sanktionen befürchten müsse. «Daher getrauen sie sich auf Schulhöfe und in Schulzimmer.» Solches Verhalten sei intolerabel, egal von welcher Gruppierung es komme, sagt Urech. Er fordert, dass sich der FCZ von der Aktion distanziert. Und dass die Stadt Zürich die Ball-Verteiler anzeigt. «Wenn nichts passiert, fühlt sich die Südkurve nur noch sicherer.»
FCZ-Sympathisanten, die in diesem Kontext anonym bleiben wollen, weisen darauf hin, dass alles friedlich verlaufen sei und dass die Kinder Freude hätten an den Bällen. Im Fankontext seien Fäuste ein geläufiges Symbol, das nicht als Gewaltaufruf verstanden werde. Eltern haben sich gemäss den Schulpräsidien und dem Schuldepartement wenige beschwert über die Aktion.
Der FCZ äusserst sich auf Anfrage nicht dazu. Ein detaillierter Fragenkatalog bei der Südkurve blieb bis Freitagnachmittag unbeantwortet.
Ob die PR-Aktion erfolgreich war, ist fraglich. Offenbar sind nicht allzu viele Bälle in Umlauf geraten. Gemäss den Schulpräsidien haben die meisten Lehrpersonen die Bälle eingezogen. Einige Lehrpersonen werden die Bälle ihren Klassen zur Verfügung stellen. Viele aber halten sie von den Kindern fern. «Die Schulleitungen wünschen sich, dass die Bälle wieder abgeholt werden», sagt Gabriela Rothenfluh.
In einem Fall ist dies dem Vernehmen nach bereits geschehen. Nach einem Mail an die Südkurve seien junge Männer im entsprechenden Schulhaus aufgetaucht und hätten höflich um die Bälle gebeten.