Der FCZ-Captain hätte da noch eine Botschaft an seine Mitspieler
Harte Worte nach der Niederlage. Yanick Brecher wirft seinen Mitspielern fehlendes Bewusstsein für die Lage des FC Zürich vor.
Florian Raz
Publiziert: 06.11.2022, 18:29
Kann das wirklich sein? Kann eine Mannschaft nach London reisen, dort in einem wunderbaren Stadion vor 60’000 Fans gegen Arsenal alles auf den Platz werfen – und ein paar Tage später vor 3560 Menschen so einen miserablen Auftritt hinlegen, wie es der FC Zürich in Lugano tut?
Yanick Brecher muss sich während des Spiels dieselbe Frage stellen. Als er danach vor dem Mikrofon von Blue steht, versucht er gar nicht erst, seinen Frust zu verstecken. «Es kotzt mich an», sagt der FCZ-Captain über den Auftritt seines Teams: «Du machst einen Schritt nach vorne und drei zurück.» Und vor allem: «Es haben nicht alle begriffen, was es braucht, um ein Spiel der Super League zu gewinnen.»
Die letzte Feststellung ist eine vernichtende Kritik des Goalies an seinen Feldspielern. Was Brecher zu schaffen macht: Dass im FCZ noch immer nicht alle begriffen haben, wo ihr Fokus eigentlich liegen müsste.
Nicht im glänzenden Scheinwerferlicht des Emirates-Stadions gegen den Leader der Premier League. Sondern im grau-tristen Cornaredo gegen einen seit vier Spielen sieglosen FC Lugano.
Mühsam hat sich der FCZ in den letzten Wochen etwas erarbeitet, was wie eine Art Aufschwung gedeutet werden konnte. Mit dem Höhepunkt eines 1:0-Siegs beim FC Sion vor einer Woche. Es ist zumindest überraschend, wie freimütig die Zürcher all die guten Gefühle im Tessin einfach wieder wegwerfen.
Es ist nicht ganz klar, ob die kleinen Erfolgserlebnisse der letzten Wochen bereits reichen, damit die Zürcher mit etwas zu viel Selbstvertrauen ins Spiel gehen. Oder ob Luganos Trainer Mattia Croci-Torti beim Videostudium einfach die FCZ-Schwachstellen gefunden hat.
Auf jeden Fall werden die FCZ-Innenverteidiger Mal um Mal aus ihren Positionen gelockt. Vor allem Lindrit Kamberi scheint von einem unbändigen Willen gepackt, den Gegner schon in dessen Platzhälfte zu attackieren. Nur vergisst er, diese Duelle dann auch zu gewinnen.
Vor dem 1:0 umsaust ihn Hicham Mahou müheloser, als es Wendy Holdener jeweils mit Slalomstangen tut. Und weil mit Nikola Katic ein zweiter FCZ-Innenverteidiger eine Platzhälfte vor dem eigenen Tor umherirrt, darf Renato Steffen allein auf Brecher zuziehen.
Zur Pause ist der FCZ-Trainer bedient
Es könnte danach noch schlimmer kommen für den FCZ. Boris Babic schafft es, allein aus 11 Metern am Zürcher Tor vorbeizuschiessen. Jonathan Sabbatini tut es ihm mit dem Kopf gleich. Zur Pause könnte es 3:0 für Lugano stehen.
Was Bo Henriksen vom Auftritt seiner Zürcher hält, zeigt er mit drei Wechseln in der Pause. Die neuen Spieler bescheren ihrem Trainer nach der Pause zehn Minuten der Hoffnung mit einem gefährlichen Abschluss von Adrian Guerrero. Das erste Tor für Zürich fiel aber nicht.
Mehr ist da nicht. In der 71. Minute trifft Ignacio Aliseda zur Entscheidung. Dass es davor wieder Kamberi ist, der das Duell auf läppische Art verliert, ist kein Zufall. Dass der Ball dabei Luganos Allan Arigoni an den Arm geht, ist ebenso unerheblich wie der Fakt, dass die Zürcher nach Mahous gelb-roter Karte in der 78. Minute mit einem Mann mehr spielen dürfen.
Nach einem kurzen Hoch ist der Ausflug ins Tessin für den FCZ ein brutaler Realitäts-Check. Zürich ist mit sieben Punkten Rückstand Letzter der Super League. Die Wunderheilung durch Henriksen ist bislang ausgeblieben.
https://www.tagesanzeiger.ch/zurueck-im ... 6043528472Und da noch das angesprochene Interwiev:
https://www.bluewin.ch/de/videos/6315066305112.htmlIch frage mich je länger je mehr, ob Brecher mit seiner Einstellung etwas alleine steht in der Mannschaft...? Ist ja mitnichten sein erstes Interview, in welchem er solch klare Worte wählen muss...
„The fundamental cause of the trouble is that in the modern world the stupid are cocksure while the intelligent are full of doubt“
Bertrand Russell