Ein 0:1 wenigstens als Ehrenmeldung
Der FC Zürich verliert bei Arsenal und scheidet aus dem Europacup aus. Dank des engagierten Auftritts kann er sich Mut machen für den Abstiegskampf in der Super League.
Thomas Schifferle
Publiziert: 03.11.2022, 23:12
Ein wunderbares Stadion, ein wunderbarer Rasen, die eigenen Fans in einer Ecke des Londoner Emirates – «was könnten wir uns mehr wünschen?», sagt Bo Henriksen zu Beginn des Abends, «ich hoffe auf eine grossartige Nacht». Der dänische Chefoptimist des FC Zürich sagt auch noch, dass sie hoffentlich wie eine Mannschaft ausschauen würden, die gewinnen könne. Am Ende des Abends muss er bilanzieren, dass gute Wünsche gerade an einem solchen Ort nicht reichen. Der FCZ verliert bei Arsenal 0:1 und verabschiedet sich endgültig von der europäischen Saison.
Zu Ende geht damit ein langer Ausflug in den internationalen Wettbewerb. Dreieinhalb Monate hat er gedauert. Am 19. Juli hatte er in Baku begonnen, mit einem 2:3 in der Champions-League-Qualifikation gegen Karabach, er brachte Reisen nach Belfast und Edinburgh, dann in der Gruppenphase der Europa League nach Bodö, Eindhoven und schliesslich nach London. Mit dem Erreichen der Europa League war die erste präsidiale Vorgabe für diese Saison erreicht. Das freute Ancillo Canepa auch, weil damit dringend benötigte Einnahmen in Millionenhöhe gesichert waren, um das strukturelle Defizit von rund 5 Millionen Franken zumindest teilweise decken zu können. Das musste auch als Trost dienen, eine durchaus realistische Chance auf eine Teilnahme an der Champions League nicht genutzt zu haben.
Die sportliche Ausbeute in der Gruppenphase fällt allerdings sehr bescheiden aus. Es gibt nur einen Sieg, das glückhafte 2:1 vergangene Woche daheim gegen Bodö/Glimt, dafür fünf Niederlagen, darunter die deftigen Lektionen beim 1:5 und 0:5 gegen die PSV Eindhoven. Das 0:1 bei Arsenal dient als Ehrenmeldung.
Ein Fehler, ein Tor
In der ersten Viertelstunde halten sich die Zürcher ordentlich, ohne jedoch wirklich gefährlich zu werden. Als sie in der Abwehr einmal richtig schlecht stehen, zahlen sie bereits teuer dafür. Aliti und Guerrero lassen sich auf der Seite von einem simplen Pass überrumpeln. White kann zur Mitte passen, und im zweiten Anlauf ist es Kieran Tierney, der aus 20 Metern ins Zürcher Tor trifft. Brecher ist chancenlos gegen den wuchtigen Schuss. Von da an ist es der Leader der Premier League, der das Geschehen diktiert. Dabei tritt er wie immer in diesem Wettbewerb mit etlichen Spielern aus der zweiten Reihe an, sieben sind es diesmal. Und Granit Xhaka, der Captain des Nationalteams, fehlte wegen einer Spielsperre.
Arsenal erhöht das Tempo, der FCZ kann sich zunehmend weniger aus der eigenen Platzhälfte lösen. Brecher kann einen harten Distanzschuss von Nketiah mit Ach und Krach abwehren, der Captain glänzt bei einem Kopfball des gleichen Spielers, und als Fabio Vieira freistehend zum Abschluss kommt, verhindert Guerrero gerade noch grösseren Schaden. Gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit hat Jesus eine grosse Möglichkeit, aber aus drei Metern bleibt er an Brecher hängen. Inzwischen steht Marchesano anstelle des überforderten Rohner auf dem Feld, Marchesano ist der Spieler, der eine Woche zuvor das Siegtor gegen Bodö erzielte.
Auch diesmal hat er einen Moment, der für Aufregung sorgt. Nach 68 Minuten kommt er aus bester Position zum Abschluss, er müsste das Tor machen, aber Ramsdale kann seinen Schuss abwehren. Dass Guerrero mit dem Nachschuss ins Netz trifft, ist nicht von Belang. Er steht in diesem Moment im Abseits. Es ist das Zeichen zum Aufbruch für die Zürcher. Auf einmal beginnen sie wieder mutiger zu werden und den Gegner mit dem grossen Namen zurückzudrängen. Viunnyk, auch er eingewechselt, verzieht seinen Schuss aus grösserer Distanz nur knapp. Arsenal macht einen minimalistischen Eindruck und begnügt sich damit, die Führung über die Zeit zu bringen.
Dann ist das Spiel aus. Arsenal ist Gruppensieger vor Eindhoven. Und der FCZ? Kann und muss sich fortan ganz auf die Meisterschaft konzentrieren. Da ist er weiterhin Tabellenletzter.
https://www.tagesanzeiger.ch/ein-0-1-we ... 6742409864(Schifferles leicht abschätzigen Unterton lässt sich beim besten Willen nicht weglesen...)
„The fundamental cause of the trouble is that in the modern world the stupid are cocksure while the intelligent are full of doubt“
Bertrand Russell